Feuerbrand ist nach wie vor ein brennendes Thema in der Schweiz, in Europa und auch in Amerika. Welche innovativen Strategien sehen Sie aktuell, dem Feuerbrand soweit Paroli zu bieten, so dass weiterhin Kernobst unter akzeptablen Rahmenbedinungen produziert werden kann? In den vergangenen Jahren hat man in der Schweiz beim Umgang mit Feuerbrand viel dazugelernt. Von einer eigentlichen Bekämpfungsstrategie, wo die Tilgung aller befallenen Pflanzen das Ziel war, ist man übergegangen zum Feuerbrandmanagement. Ziel des Feuerbrandmanagements ist es, den Feuerbranddruck so weit zu reduzieren, dass möglichst keine existenzbedrohenden Feuerbrandbefälle für Obstproduzenten auftreten und wertvolle Hochstammbestände weiterbestehen können. Dieses Ziel kann nicht mit einzelnen Massnahmen erreicht werden, sondern nur durch verschiedene, gut aufeinander abgestimmte Bausteine. Dazu gehört die Einhaltung der Hygienemassnahmen in den Obstanlagen, die ständige Überwachung der Bäume auf Befall, der korrekt durchgeführte Rückriss befallener Pflanzenteile an schwach befallenen Pflanzen oder die Rodung von stark befallenen und hochanfälligen Pflanzen. Bei akuter Feuerbrandgefahr können zusätzlich alternative Pflanzenschutzmittel oder Streptomycin eingesetzt werden. Beim Einsatz von alternativen Mitteln besteht trotz geringerer Wirkung im Vergleich zu Streptomycin sicher noch Potential. Im vergangenen Jahr wurde auf Empfehlung der kantonalen Beratung erstmals im Kanton Zürich sehr aktiv mit dem Hefepilz Aureobasidium pullulans gearbeitet. Die ersten Erfahrungen von den Obstproduzenten waren positiv. Langfristig ist sicher die Umstellung auf weniger anfällige Apfel und Birnensorten das Ziel. Hier darf man sich aber keine Illusionen machen. Bisher gibt es bis auf wenige Ausnahmen kaum marktfähige feuerbrandrobuste Sorten, die im Anbau eine Rolle spielen. Die Zeitspanne zwischen der gezielten Kreuzung bis zu einer marktfähigen Sorte beträgt mit klassischen Züchtungsmethoden noch rund 20 Jahre. Bis sich diese Sorten dann am Markt und beim Konsumenten durchgesetzt haben, vergehen nochmals zusätzliche Jahre. Mit der momentanen Feuerbrandstrategie des Bundes und der Kantone ist es aber bereits heute möglich, mit dem Feuerbrand zu leben. Der Austausch zwischen Experten aus verschiedenen Regionen der Welt ist immer wertvoll. Ich persönlich verspreche mir einen umfassenden Einblick in die aktuell laufenden Forschungsarbeiten im Bereich Feuerbrand. In der Funktion als Berater ist die Thematik der Epidemiologie und der Bekämpfungsstrategie von besonderem Interesse. Das Knüpfen von Kontakten mit Personen aus anderen Ländern ist zudem wertvoll für eine potentielle, künftige Zusammenarbeit. Dank früheren internationalen Veranstaltungen konnten bereits gemeinsame Versuche des FeuerbrandTeams am Strickhof in Zusammenarbeit mit ausländischen Instituten geplant und durchgeführt werden. Tritt der Feuerbrand in einer Region einmal in grösserem Stil auf, ist es nicht mehr möglich, ihn loszuwerden. Zudem zeigen die Erfahrungen, dass bisher keine Apfelsorten wirklich immun gegen Feuerbrand sind. Das bedeutet, dass auch robuste Apfelsorten von Feuerbrand befallen werden können. Über die besten Bekämpfungsstrategien gehen die Meinungen auseinander. Dies ist jedoch oft nicht dadurch bedingt, dass unterschiedliche Ansichten über den Krankheitserreger bestehen, sondern die regionalen Gegebenheiten nicht vergleichbar oder die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel unterschiedlich sind. Die Strategie zur Bekämpfung des Feuerbrands ist in Regionen mit sehr grossen Obstanlagen ohne Streuobstbau in unmittelbarer Umgebung wie beispielsweise in den USA sicher anders als in der Schweiz mit sehr klein strukturierten Betrieben und einer starken Verflechtung mit alten Hochstammbäumen. Der bereits heute eingeschlagene Weg sollte unbedingt weiterverfolgt werden. Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Beratung funktioniert im Inland, aber auch über die Landesgrenzen hinweg gut. Dies muss auch so sein, denn der Feuerbrand macht nicht an irgendwelchen Grenzen halt. Damit die Forschung weitergeführt werden kann, müssen zwingend die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Auch die personellen Ressourcen in der Feuerbrand-Forschung sollten zumindest beibehalten, besser aber ausgebaut werden. Diesbezüglich bereitet mir in der Schweiz der seit längerem anhaltende Spardruck einige Sorgen. In der Schweiz sollte die Feuerbrand-Forschung weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Dank Forschungserfolgen wie der Entschlüsselung des Feuerbrandgenoms durch ein Team der Forschungsanstalt Agroscope öffnen sich Türen für die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Instituten. Auch an der ETH Zürich laufen wichtige Arbeiten im Zusammenhang mit der Züchtungsbeschleunigung. Ohne starke Forschung in der Schweiz wäre die internationale Zusammenarbeit sicher schwieriger. Auch wir als Beratung sind auf Dienstleitungen der Forschung, wie zum Beispiel den Feuerbrandwarndienst "Maryblyt", angewiesen.
Feuerbrand ist nach wie vor ein brennendes Thema in der Schweiz, in Europa und auch in Amerika. Welche innovativen Strategien sehen Sie aktuell, dem Feuerbrand soweit Paroli zu bieten, so dass weiterhin Kernobst unter akzeptablen Rahmenbedinungen produziert werden kann? unter Kontrolle zu bringen? Auch in Europa müssen Produzenten schon längere Zeit mit den Feuerbrand leben. Der "Leidensdruck" ist aber offenbar noch zu wenig hoch, sonst würde viel mehr investiert in die Lösungssuche. Würde es sich beim Feuerbrand um eine "neue Vogelgrippe" handeln, dann würden die Mittel schon morgen verzehnfacht. Immerhin ist der Apfel weltweit die wichtigste Fruchtart mit einer enormen Wertschöpfung, und er ist die Basis für die Existenz von Millionen von Kernobst-Produzenten. Gemäss heutigem Stand kann die "Präventivmedizin" mittels Antibiotika als Strategie nur eine Übergangs bzw. Notlösung sein. Die Obstproduzenten sind deshalb gefordert, die Bekämpfung vom Feuerbrand mit rudimentären Methoden anzugehen. Sie müssen einen grossen Aufwand leisten beim Beobachten ihrer Kulturen und jeden Ast oder Baum, der einen Befall hat, sofort ausschneiden und vernichten. Dasselbe gilt auch für Feuerbrand-Wirtspflanzen im Umfeld, wie etwa Weissdorn. Es ist keine Dauerlösung, aber nur so können wir diese Krankheit in einem erträglichen Rahmen halten. Wenn der Druck steigt, müssen alternative Bekämpfungsmittel ohne Antibiotika eingesetzt werden. Diese sind derzeit allerdings leider noch nicht genügend effizient. Der traditionelle Feldobstbau ist vielleicht eine umweltfreundliche Kulturform, die sich zur Erhaltung der Artenvielfalt der Vögel und für das Landschaftsbild eignet. Doch ungepflegte Hochstammbäume sind "Nester" für den Feuerbranderreger und sie müssten deshalb deutlich besser oder sogar obligatorisch auf Befall kontrolliert werden. Eine wirksame räumliche Trennung von Feldobstanbau und intensivem Anbau ist ebenfalls wünschenswert. Dieser internationale Kongress ist eine sehr wichtige Plattform zum Austausch der neusten Erkenntnisse. Weil Feuerbrand keine Grenzen kennt, ist eine Stärkung des internationalen Netzwerkes unverzichtbar und sinnvoll. Es ist höchste Zeit für eine Bündelung der Anstrengungen von Forschung, PflanzenschutzIndustrie und auch der Wirtschaft auf allen Stufen - den Züchtern, den Baumschulen, den Produzenten bis zum Handel. Jede Stufe kann und muss einen Beitrag leisten; zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Aufbau eines Risikomanagements, für Frühwarnsysteme, KlimaIndikatoren, Sorteneigenschaften usw.. All das sind wichtige Themen. Es braucht möglichst bald eine antibiotikafreie Bekämpfungsstrategie - also Alternativen. Aber es braucht auch feuerbrandresistente (oder zumindest robuste) Apfel und Birnensorten. Die Forscher und die Züchter sind gefordert. Aber dies kann nur ein Teil der Lösung sein, denn die Produzenten können die Kulturen nicht so schnell ersetzen, denn jede neue Kultur ist für 15 bis 20 Jahre gepflanzt. Auch die Bedürfnisse des Marktes können nicht ignoriert werden. Die Konsumenten wollen auch in Zukunft eine Auswahl an qualitativ hochstehenden Sorten. Es darf - zumindest in der Forschung - keine Tabus geben: Auch (vorübergehende) Lösungen auf Basis GVO, transgene Züchtungen usw. sollen erforscht, geprüft und getestet werden können. Hier behindert die Politik (und die Konsumenten) die Forschung. Agroscope hat einen sehr guten Ruf im internationalen Raum. Die Schweiz kann federführend sein - muss es aber nicht. Die Schweizer Kernobstproduzenten könnten so in die Forschungsarbeit integriert werden und von den Fortschritten aus erster Hand und sehr direkt profitieren. Wichtig ist allerdings auch eine internationale Arbeitsteilung in allen relevanten Bereichen. (Grundlagenforschung, Züchtung, Praxis). Feuerbrand ist eine sehr komplexe Herausforderung; die Lösung zur Bekämpfung wird darum voraussichtlich auch nicht in einer einzigen Massnahme zu finden sein.
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