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Molekularbiologie: Erbgut-Mandalas
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Molekularbiologie
Erbgut-Mandalas

Kreisförmige Darstellungen aus dem Buddhismus halten Einzug in die Molekularbiologie. Die Chromosomen-Mandalas zeigen, wo Retroviren ihr Erbgut in das unsrige einbauen. Dieses Wissen könnte helfen, die Risiken von Gentherapien zu minimieren.

Mandalas dienen als symbolische Darstellungen im Hinduismus und im Buddhismus schon seit mehreren tausend Jahren religiösen Zwecken. Die runden Gebilde - «Mandala» ist ein dem Sanskrit entlehntes Wort und bedeutet «Kreis» - dürften in unseren Breitengraden vor allem aus Kindermalbüchern bekannt sein. Nun halten sie Einzug in die Molekularbiologie.

Zur Veranschaulichung von Resultaten aus statistischen Untersuchungen des Erbguts hat ein Team um Jeremy Luban von der Universität Genf Chromosomen-Mandalas erstellt. Sie zeigen, an welchen Stellen so genannte Retroviren ihr Erbgut in dasjenige des Menschen einbauen - und dadurch Teil unseres eigenen Genoms werden. Dieses besteht zu 40 Prozent aus genetischem Material, das ursprünglich Retroviren entstammt und von diesen im Laufe der Evolution unserem Erbgut beigefügt wurde. Dass dazu auch eine ganze Reihe nützlicher Gene gehören, bedeute, dass Viren nicht nur gefürchtete Krankheitserreger sind, sondern eine weit umfassendere Rolle spielen, sagt Luban.

Gefährliches Werkzeug für Gentherapie

Mit seinem Team untersuchte er unter anderem, wo sich das Maus-Leukämie-Virus (MLV) in unser Genom integriert. Das MLV wird in der Gentherapie (in einer für diesen Zweck angepassten Form) verwendet, um die korrekte Version eines defekten Gens in das Erbgut eines kranken Patienten einzubringen. So half es beispielsweise in einem Aufsehen erregenden klinischen Versuch, der vor 10 Jahren am Hôpital Necker in Paris und später auch am University College in London durchgeführt wurde, eine schwere Immunstörung bei Kleinkindern zu beheben. Später erkrankten allerdings fünf der insgesamt zwanzig behandelten kleinen Patienten an Blutkrebs, weil das Virus ein Krebsgen aktiviert hatte, das in unmittelbarer Nähe zur Einbaustelle des Virus lag.

Dass sich Retroviren nicht zufällig übers ganze Erbgut verteilt einfügen, sondern gehäuft in bestimmten Bereichen, begann man bereits damals zu ahnen. Nun hat das Team um Luban Gewissheit geschaffen: Die Bioinformatiker in seinem Team verglichen alle bekannten Einbaustellen des MLV mit spezifischen Merkmalen, wie stark das menschliche Erbgut aufgewickelt und deshalb für eindringende Viren zugänglich ist. Dafür verwendeten sie statistische Methoden, die sie den Suchmaschinen-Algorithmen abgeschaut hatten. Denn diese müssen die relevanten Stellen aus einem Meer von Informationen (welche alle das Suchwort enthalten) aufspüren. Genau so galt es für Lubans Team, im drei Milliarden Basenpaare zählenden Genom des Menschen die echten Einbaustellen von den so genannten falsch positiven zu trennen. «Wir haben das menschliche Genom gegoogelt», sagt Luban.

Risiken vermeiden mit Supermarker

Ihr Resultat nennen die Forschenden einen Supermarker. Mit ihm können sie drei Viertel der Einbaustellen des MLV erklären, auch die fatale Stelle neben dem aktivierten Krebsgen. «Wir hätten das Risiko für Blutkrebserkrankungen in diesem Gentherapie-Versuch vorhersagen können», sagt Luban.

Unterschiedliche Retroviren bevorzugen verschiedene Einbaustellen. Diese variieren auch von Zelltyp zu Zelltyp, weil die räumliche Anordnung - die Aufwicklung - des Erbguts jeweils verschieden ist. Noch ist das Ziel, alle diese Unbekannten in Erfahrung zu bringen, in weiter Ferne. Doch der Supermarker und die Chromosomen-Mandalas, die ihn veranschaulichen, weisen in diese Richtung und werden hoffentlich dazu beitragen, Risiken inskünftiger Gentherapien zu vermeiden.

Quelle:Text Schweizerischer Nationalfonds SNF, März 2011, Abteilung für Mikrobiologie und molekulare Medizin, Universität Genf

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