Der
Grosse Hadronen-Speicherring (Large Hadron Collider LHC)
Der
LHC ist der grösste und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger
der Welt. Dieser 27 km lange Beschleuniger erlaubt den Forschern, ein tieferes
Wissen und Verständnis über das Universum zu gewinnen.
Der
LHC ist eine Maschine, welche zwei gegenläufige Teilchenstrahlen auf
mehr als 99,9% der Lichtgeschwindigkeit ( = 299'973 km/s im Vakuum) zu
beschleunigt. Bei Zusammenstössen der beschleunigten Teilchenstrahlen
entstehen neue Teilchen, welche von den Physikern erforscht werden.
Am
LHC-Projekt sind rund 10'000 Wissenschaftler/innen und Ingenieur/innen
aus rund 500 Forschungsinstituten beteiligt.
Für
das Projekt wurde ein neues Computer-Netzwerk (das "GRID") entwickelt,
welches Zehntausende von Computern auf der ganzen Welt für das Projekt
zu einem gigantischen globalen Datenverarbeitungssystem zusammenschliesst.
Der
unterirdische Ring
Der
LHC wurde in einem kreisförmigen, 27 km langen Tunnel installiert.
Der Ring befindet sich 50 bis 150 m unter der Erdoberfläche. Der Tunnel,
welcher bereits in den 80er Jahren zwischen dem schweizerischen Nordufer
des Genfersees (Lac Léman oder Le Léman) und dem Südfuss
des französischen Jura-Gebirgszuges für den vormaligen Teilchenbeschleuniger,
den grossen Elektron-Positron-Speicherring LEP, gebaut.
Im
LHC umlaufen die Protonen den Kreisring 11'245 Mal in der Sekunde. Ein Teilchenstrahl kann 10 Stunden im LHC kreisen und dabei mehr als
10 Milliarden Kilometer zurücklegen. Diese Distanz ist vergleichbar
mit der Strecke von der Erde zum Planeten Neptun und wieder zurück.
Millionen
von Zusammenstössen (Kollisionen)
Im
LHC schiessen zwei gegenläufig gerichtete Strahlen von gleichen Teilchensorten
(entweder Protonen oder Blei-Ionen) frontal aufeinander.
CERN:
ATLAS-World's largest superconducting magnet
Die Strahlen
werden im Vorbeschleuniger der CERN in einer Kette von Vorbeschleunigungen
erzeugt und dann in den LHC eingespeist. Dort kreisen die Teilchen im Vakuum bei ähnlichen Bedingungen, wie sie im Weltraum vorherrschen.
Jeder
Strahl besteht aus beinahe 3'000 Teilchenpaketen, von denen jedes ungefähr
100 Milliarden Teilchen enthält. Die Teilchen sind so winzig klein,
dass es unwahrscheinlich ist, dass zwei davon aufeinandertreffen. Wenn
sich zwei gegenläufig bewegende Teilchenpakete durchdringen, so erfolgen
nur 20 Kollisionen unter den 200 Milliarden beteiligten Teilchen.
Da
sich die Teilchenpakete jedoch rund 30 Millionen Mal pro Sekunde kreuzen,
ereignen sich bis zu 600 Millionen Kollisionen pro Sekunde.
Der
LHC wird mit einer bisher weltweit unerreicht hohen Energiemenge betrieben.
Vier riesige Teilchen-Dedektoren - ALICE, ATLAS, CMS und LHCb -
zeichnen die Teilchenkollisionen auf.
Die Aufzeichnungen werden es den
Physikerinnen und Physikern erlauben, neue Phänomene der Materie,
der Energie, des Raumes und der Zeit zu erforschen.
Geballte
Energie
Der
LHC kann Energie auf sehr kleinem Raum konzentrieren. Die Teilchenenergien
werden beim LHC in Tera-Elektronenvolt (TeV) angegeben.
1 TeV entspricht
ungefähr der Bewegungsenergie einer Mücke, welche sich im Flug
fortbewegt. Allerdings ist ein Proton rund 1 Billion Mal kleiner als eine
Mücke.
Ein
im LHC kreisendes Elektron hat eine Energie von 7 TeV , sodass die Gesamtenergie
beim Zusammenstoss von zwei Protonen 14 TeV beträgt. Blei-Ionen enthalten
viele Protonen.
Beim Zusammenstoss von zwei Blei-Ionen-Strahlen beträgt
die Kollisionsenergie 1150 TeV.
Bei
voller Energie besitzt jeder Teilchenstrahl ungefähr soviel Energie,
wie ein sich mit 1'600 km/h bewegendes Auto haben würde. Die in
den supraleitenden Ablenkmagneten gespeicherte Energie wäre
gross genug, um 50 Tonnen Kupfer zu schmelzen.
Innovative
Technologien
Nachdem
die Teilchenstrahlen in den Vorbeschleunigungsketten eine Energie
von 0,45 TeV aufgenommen haben, werden sie in den LHC-Ring eingespeist.
Sie umrunden den Ring millionenfach. Bei jedem Umlauf erhalten die Strahlen
in Kavitäten einen zusätzlichen Energieschub, bis sie die endgültige
Energie von 7 TeV erreicht haben.
Die
Teilchenstrahlen werden von rund 1'800 supraleitenden Ablenkmagenten auf ihrer Kreisbahn gehalten. Diese Elektromagnete bestehen aus supraleitendem
Material, das den elektrischen Strom (als die Elektronen) bei sehr tiefen
Temperaturen (unter 271°C) ganz ohne Widerstand (also Reibungs- bzw.
Energieverluste) leiten.
Die LHC-Elektromagnete bestehen aus einer Niob-Titan-Legierung und können nur bei einer Temperatur von 1,9°K (Kelvin) bzw. -271,1°C
(absoluter Nullpunkt: -273,15°C) betrieben werden.
Die Stärke
der Magnetfelder wird in der Einheit "Tesla" angegeben. Im LHC werden
Magnetfelder von rund 8 Tesla herrschen. Normalleitende Elektromagnete
können nur Felder von maximal 2 Tesla erzeugen.
Würde der LHC
aus "warmen", normalleitenden Magneten und nicht aus supraleitenden Magneten
bestehen, so müsste der Ring 120 km statt wie heute 27 km lang sein.
Ausserdem müssten für dieselben Experimente rund 40 Mal mehr
elektrische Energie aufgewendet werden.
Aus
"Der Grosse Hadronen-Speicherring", Broschüre der CERN, 2008 (Bearbeitung:
RAOnline)