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Armut
in der Schweiz |
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Warum trotz Anspruch keine Sozialhilfe bezogen wird |
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Moderne Wohlfahrtsstaaten bieten Schutz vor Armut: Haushalte unter der Grenze des Existenzminimums werden durch Sozialhilfe unterstützt. Vielfach wird von diesem Recht jedoch nicht Gebrauch gemacht. Oliver Hümbelin, Soziologe n der Berner Fachhochschule BFH, hat untersucht, weshalb das so ist.
Jede vierte Person (26,3 %), die im Kanton Bern Anspruch auf Unterstützung durch die Sozialhilfe hätte,bezieht keine Leistungen.Zu diesemSchluss kommt Oliver Hümbelin, der im Rahmen seiner Dissertation das Phänomen der Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen untersucht hat. Dabei analysiert die Studie den Bezug von Sozialhilfe in der Schweiz erstmals auf Basis von Administrativdaten und vergleicht die Steuerdaten zu Einkommens-und Vermögenswerten mit der Sozialhilfestatistik.
KomplexeAnspruchsbedingungenIn vielen Fällen kann einNichtbezug von Leistungen mit fehlendem Wissen oder der Komplexität der Anspruchsbedingungen erklärt werden. Gerade für Working Poor, die ein Einkommen in der Nähe zur Schwelle des Existenzminimums erzielen, ist es schwierig zu beurteilen, ob sieLeistungen geltend machen können, denn die Schwelle variiert u.a. in Abhängigkeit von Wohnort, Grösse des Haushaltes, derVermögenssituationund dem ohne Sozialhilfe erzielten Einkommen.
Auffallend ist allerdings, dass die regionalen Unterschiede erheblich sind: Der Anteil der Nichtbezügerinnen und -bezüger ist in den Städten mit 12% deutlich tiefer als in Agglomerationen (28%) oder in ländlichen Gemeinden (50%). Landwirtschaftlich geprägte Regionen weisen damit deutlich höhere Nichtbezugsquoten auf. Dies kann damit erklärt wer-den, dass die Bauern-Haushalteüber die Möglichkeit verfügen, eine Notlage subsistenz-wirtschaftlich zu überbrücken. Eine Rolle spielt zudem die Anonymität der Städte, die den Gang zum Sozialamt erleichtern dürfte.
Höhere Nichtbezugsquote in rechts-konservativen Gemeinden
Die Studienresultatezeigen schliesslich auf, dass neben rein wirtschaftlichen Faktoren auch soziale Erwartungen und Einstellungen zum Sozialhilfebezug einen Einfluss haben: In Gemeinden mit starken linken Parteien, die sich für grosszügige Sozialhilfezahlungen ein-setzen, ist die Nichtbezugsquote tiefer. Währenddessen weisen Gemeinden mit rechts-konservativen Politikpräferenzen deutlich höhere Quoten auf. Dieser Effekt bleibt unabhängig von Wirtschaftsstruktur und Bevölkerungsdichte bestehen. Daraus lässt sich ableiten, dass diese Einstellungen das individuelle Verhalten beeinflussen: Wer einem Sozialleistungsbezug kritisch gegenüber steht oder wer Stigmatisierung durch Nachbarn oder Bekannten befürchtet, wird eher auf einen Leistungsbezug verzichten.
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Quelle:
Text Berner Fachhochschule BFH, August 2016 |
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