Derzeit nur noch 385 Kilometer von der Oberfläche entfernt, fliegt die Raumsonde Dawn über Ceres hinweg. Das Ergebnis: Fotos, die den Zwergplaneten in der bisher besten Auflösung von 35 Meter pro Bildpunkt zeigen und die Wissenschaftler auf eine Oberfläche voller Krater, Risse, Aufwölbungen und helle Flecken blicken lassen. "Ceres hat einen recht anständigen Eisanteil und ist daher ein sehr dynamischer Körper - das macht den Zwergplaneten auch so spannend", erläutert Prof. Ralf Jaumann, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Mitglied im Dawn-Team der Mission. Seit Dezember 2015 kreist Dawn in diesem niedrigen Orbit um Ceres. "Es gibt vollkommen unterschiedliche Krater, stellenweise ist die Oberfläche auch schon wieder ausgeglichen und es gibt rätselhaftes helles Material… Uns Planetenforschern stellen sich jede Menge Fragen." Krater mit glattem Inhalt Eine dieser Fragen stellt sich auch bei Krater Kupalo: Der Einschlagkrater mit einem Durchmesser von 26 Kilometern ist in seinem Inneren mit Material gefüllt, das flache Ebenen innerhalb der Kraterränder bildet. "Kupalo gehört zu den interessanten Gebieten, weil die Oberfläche des Kraterbodens noch einmal überprägt wurde", sagt DLR-Planetenforscher Ralf Jaumann. "Das Material in seinem Inneren ist jünger als der Krater selbst." Der Krater selbst dürfte mehr als zwei Kilometer tief sein, ist aber über die Hälfte mit feinem Material gefüllt. Sein Kraterrand erhebt sich wohl nur noch 1'000 Meter über das Kraterinnere. Allerdings: Woher dieses Material stammt, sorgt für Diskussionen unter den beteiligten Wissenschaftlern der Mission. "Es könnte Schmelzmaterial sein, das durch die Energie des Einschlags entstanden ist, aber auch aus dem Inneren von Ceres stammen." Auch bei den hellen Streifen am Kraterrand gibt es mehrere Möglichkeiten, was diese verursacht: "Es könnten Salzablagerungen sein, aber auch Eis", erläutert Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung. "Oder es sind glatte Flächen, die besonders stark spiegeln - und die Sonne spielt uns einen Streich." Damit ist Krater Kupalo auch gleich ein Beispiel für die nächste Frage, die die Wissenschaftler beschäftigt: Sind die ungewöhnlichen hellen Flecken Salzablagerungen oder blickt man auf Eis? Risse und helle Flecken Deutlich erkennbar sind diese hellen Flecken auch auf dem Kraterboden von Dantu. Der Krater mit einem Durchmesser von 126 Kilometern ist mit Einsturzsenken und Rissen übersät und hat auch weiße Flecken, die die Wissenschaftler bereits während des Anflugs auf Ceres überraschten. "Was auch immer dort ganz genau zu sehen ist - es ist auf jeden Fall recht jung, denn die Helligkeit zeigt, dass das Material noch wenig durch die kosmische Strahlung verändert wurde." Ob es sich um Salzablagerungen oder Eis handelt, werden erst die Farb- und Spektralaufnahmen zeigen, die Dawn im Laufe der Mission erstellen wird. Die Risse wiederum, die sich stellenweise radial von einer Stelle ausbreiten, könnten durch Aufwölbungen entstanden sein. Geschwungene Berge im Krater Ein Einschlagskrater älteren Datums ist Messor: Er wurde nach seiner Entstehung immer wieder von weiteren Einschlägen getroffen und hat zahlreiche kleinere und größere Krater sowohl im Inneren als auch in seiner Umgebung. "Die Berge in seinem Inneren wurden durch Hangrutschungen gebildet, deren Material sich übereinander geschoben hat." Die Rutschungen haben dabei wellenförmige Muster erzeugt. "Es haben sich fast schon geschwungene Berge gebildet", beschreibt DLR-Planetenforscher Ralf Jaumann die ungewöhnlichen Formen. Ein ähnliches Bild ist auch bei einem bisher unbenannten Krater zu sehen: "Dort trifft sich ziemlich vieles in der Mitte - das heißt, dass hier Material vom Rand in großen Blöcken ins Innere gerutscht ist." 3D-Modell in Arbeit Zurzeit wird mit Dawns Reise um den Zwergplaneten Ceres eine erste komplette Abdeckung aus 385 Kilometern Entfernung erreicht. Um die bisher am DLR erstellten dreidimensionalen Höhenmodelle von Ceres weiterhin mit den höher aufgelösten Daten zu verfeinern, benötigt das DLR-Team allerdings noch weitere Abdeckungen, bei denen die Kamera aus einem anderen Winkel auf die Oberfläche des Himmelskörpers blickt. Dies wird die Mission bis zum Sommer 2016 erreichen. Mit der geplanten Aufnahme von Farb- und Spektraldaten können dann beispielsweise auch die hellen Flecken und ihr Ursprung entschlüsselt werden. Mission der Gegensätze Ceres ist bereits der zweite Himmelskörper, der im Laufe der Dawn-Mission untersucht wird. Den Gesteinsasteroiden Vesta hatten die Planetenforscher von Juli 2011 bis September 2012 im Blick. Seit März 2015 erforscht die Mission den ehemaligen Asteroiden Ceres, der 2006 der neuen Klasse der Zwergplaneten zugeordnet wurde. "Beide sind auf ihre Art spannend: Vesta als trockener Asteroid aus Gestein, Ceres als nasser Asteroid mit einem hohen Eisanteil - es sind zwei völlig unterschiedliche Welten, die eine unterschiedliche Entwicklung durchlaufen haben. Voraussichtlich bis Ende Juni 2016 wird Dawn in 385 Kilometer Entfernung um Ceres kreisen. Nach dem Ende der Mission bleibt sie dort in einem stabilen Orbit. Bis dahin wird die Sonde allerdings noch zahlreiche wissenschaftliche Daten zur Erde senden. "Wir haben noch etliche Fragen, auf die wir Antworten finden wollen", sagt DLR-Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann. Die Mission Die Mission Dawn wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.
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