Die Aus- und Fortbildung der Schulleiterinnen und Schulleiter (AFS) ist durch eine externe Stelle evaluiert worden. Die umfassende Untersuchung zeigt, dass an geleiteten Schulen hohe Berufszufriedenheit, echte Partizipation und klare Führung vorherrschen. Die Rolle der Schulleitung wird von den meisten Lehrkräften als unterstützend, initiativ und vorausschauend beschrieben. Die Lehrerinnen und Lehrer können sich besser auf das Unterrichten und dessen Vor- und Nachbereitung konzentrieren. Auch die Schulleiterinnen und Schulleiter begrüssen ihre neu definierte Verantwortung, umso mehr, als sie ja eine Doppelrolle haben: Leitung und Lehrkraft. Klare
Führung ermöglicht echte Partizipation des Lehrkräfte-Teams
Gleichzeitig
akzeptieren sie, dass einmal entschieden werden muss Eine geleitete Schule
fördert die Berufszufriedenheit der Lehrpersonen
Mitspracherecht bei schulischen Entscheidungen
bzw. fast am zufriedensten: Kooperation im Kollegium. Auch die folgenden Aspekte, die von den Berner Lehrkräften überdurchschnittlich bewertet werden, stehen in engem Zusammenhang mit der Schulleitung: Führungsstil der Schulleitung
Der externe Evaluator Charles Landert deutet diese Ergebnisse so: In den Berner Schulen haben viele Schulleiterinnen und Schulleiter die AFS absolviert, und das hat tatsächlich die erwünschten Wirkungen hervorgebracht. In einem Punkt ist die Evaluation an eine klare Grenze gestossen: Unterrichtsqualität
und Lernergebnisse sind noch kaum ein Thema
Gespräch
mit Elisabeth Fröhlich und Hermann Kündig, Ausbildungsleitung
AFS, und Rolf Gschwend, Leiter Kaderbildung ZS LLFB, über die Evaluation
der Aus- und Fortbildung der Schulleiterinnen und Schulleiter.
Fröhlich:
Der Grundkurs von AFS ist nur ein Teil der ganzen Ausbildung, die gesamthaft
über 40 Tage dauert. Der Grundkurs gibt den Anstoss, ein Führungsverständnis
zu entwickeln. Vertieft werden darin Aspekte der Führung, Qualität,
Planung und Evaluation sowie der Personalentwicklung. Im Rahmen von AFS
führen wir ein ganzes Programm von Vertiefungskursen zu unterschiedlichen
Führungsthemen.
Ein Grundpfeiler von AFS ist das Schulleitungsverständnis. Demzufolge übernimmt die Schulleiterin oder der Schulleiter einen Führungsauftrag und die Lehrpersonen werden zu Untergebenen. Dies erinnert sehr an das Management einer Firma mit verschiedenen Mitarbeiterinnnen und Mitarbeitern. Kündig:
Im Unterschied zu einer Firma produziert die Schule geistige Inhalte. Dies
setzt voraus, dass die Mitarbeitenden die Grundlagen für den Unterricht
selbstständig legen und pädagogisch begründen können,
was sie im Unterricht machen. Und dies auch auf psychologischer Ebene,
indem sie den Unterricht selbst steuern und führen und ein hohes Arbeitsethos
haben. Daraus wird klar, dass die Steuerungsaufgaben anders gelagert sind
als in Produktionsbetrieben. Die Qualitätsentwicklung beispielsweise
erbringen die Lehrerinnen und Lehrer miteinander, indem die gemeinsamen
Vereinbarungen eingehalten und überprüft werden. Die Schulleitung
nimmt in dieser Zusammenarbeit eine Steuerungsaufgabe wahr.
Fröhlich: Dennoch: Lehrerinnen und Lehrer sind Mitarbeitende, die in ihrer Kerntätigkeit Unterrichten eine hohe Autonomie brauchen. Ihre Aufgabe gleicht auf der einen Seite dem des Designers in einem Architekturbüro, welcher etwas selbstständig mit einem hohen Freiheitsgrad entwickelt. Auf der andern Seite sind sie Mitarbeitende einer Organisation. Wenn es in einer Schule nur Professionals gibt und nichts, das sie zusammenhält, dann fällt diese auseinander. Eine wichtige Erkenntnis der Evaluation ist, dass Lehrpersonen an geleiteten Schulen eine höhere Berufszufriedenheit aufweisen. Nicht untersucht wurde, ob dieser Erfolg auch gegen aussen, d. h. gegenüber den Eltern sichtbar wird. Wie schätzen Sie diese Wirkung ein? Fröhlich: Schulleitungen sind gefordert, eine offene Informationspraxis gegenüber den Eltern zu pflegen. Bestehende Defizite in der Information sind vielerorts von den Schulleitungen erkannt und behoben worden. Dies zeigen Umfragen von Schulleitungen zum Thema. Wenn eine Schulleitung ihre Funktion voll ausfüllt, dann sind oft auch die Eltern zufrieden. Sie finden in der Schulleiterin oder im Schulleiter einen direkten Ansprechpartner, der Verantwortung für die Leistungen der Schule übernimmt. Der Kern der Schulleitungstätigkeit ist die Steuerung der Qualitätsentwicklung. Diese fragt danach, welche Bedürfnisse die wichtigen Ansprechgruppen haben und orientiert sich daran. Die Schule wird für die Kinder und deren Eltern gemacht - das ist die Grundphilosophie. Die Evaluation hat auch Schwächen ans Tageslicht gebracht. Wie interpretieren Sie den Nachholbedarf bei der Sicherung der Unterrichtsqualität und der Lernergebnisse? Kündig: Wir sehen dies nicht als eine Schwäche von AFS an. Die Schulentwicklung ist ein zentrales Ausbildungsthema, es kann jedoch in der Praxis Schwierigkeiten geben. Letztlich ist es hier, wo die Schule sich als Organismus zu verstehen beginnt. Hier öffnet sich die Schulzimmertüre wirklich zu einem fachlichen Diskurs unter Kolleginnen und Kollegen sowie zur Evaluation durch die Schulleitung. Fröhlich: In vielen Schulen bestand ein sehr grosser Nachholbedarf im organisatorischen Bereich: Es galt vorerst Abläufe einzurichten und zu definieren, was Führung ist. In einer ersten Stufe der Entwicklung hat dies Priorität. Für einige Schulen sind zudem wirklich Grenzen gesetzt, da sie auf Grund der geringen Schulleiter-Entlastung nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügen. Generell sind die Schulleitenden motiviert dazu, die Thematik Schulentwicklung aufzugreifen, doch die Gründe liegen in den Rahmenbedingungen. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Evaluationsergebnissen? Fröhlich: Die langfristige Planung der Schulentwicklung und der Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht müssen wir mehr gewichten. Zudem ist es augenscheinlich, dass Schulleiterinnen und Schulleiter wegen den angesprochenen Rahmenbedingungen in Schwierigkeiten geraten und sich als Folge davon zurückziehen. Wir möchten das Coaching für Schulleitungen forcieren. Kündig: Die Schulleitung ist auf ein gutes Zusammenspiel mit der Schulkommission angewiesen. Das Selbstverständnis der Schulleitung (operativer Bereich) und der Schulkommission (strategischer Bereich) wollen wir nun in übereinstimmung bringen. Deshalb haben wir ein Angebot für beide Führungsebenen konzipiert. Was wird sich konkret am AFS ändern, wenn die Zentralstelle für Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung zu einem Institut der Pädagogischen Hochschule wird? Gschwend: Die neue Pädagogische Hochschule kümmert sich unter anderem um die Grundausbildung, die Berufseinführung und um die Lehrerinnen- und Lehrerweiterbildung. Die Zentralstelle für Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung hat vom Erziehungsdirektor einen Projektauftrag erhalten; sie wird ein Konzept zur Errichtung eines Instituts für Weiterbildung und Beratung (Arbeitstitel des Projektes) ausarbeiten. Das Institut wird in die neue Pädagogische Hochschule integriert. Die Aus- und Fortbildung der Schulleiterinnen und Schulleiter wird am neuen Institut als Nachdiplomkurs angeboten. Dabei ist es unser Ziel, aus der vorliegenden Evaluation, aus den Erfahrungen der Aus- und Fortbildung für Schulleiterinnen und Schulleiter und aufgrund einer stärkeren Vernetzung mit anderen Weiterbildungsangeboten Folgerungen für die Gestaltung des Nachdiplomkurses zu ziehen. Die strategischen und operativen Führungsaufgaben, das Qualitätsmanagement, die Personal- und Unterrichtsentwicklung sollen besonders berücksichtigt werden. Quelle: Erziehungsdirektion des Kantons Bern - Newsletter
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