Drei Prozent der jungen Männer in der Schweiz greifen mindestens einmal im Jahr auf hirnstimulierende Medikamente zurück. Studenten möchten damit vor allem ihre Leistungen bei Prüfungen verbessern, ihre nichtakademischen Altersgenossen vor allem länger wach bleiben. Zu diesen Ergebnissen gelangt eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Studie. "Hirnstimulanzien", "Neuroenhancers" oder "smarte Pillen" - an Bezeichnungen fehlt es den chemischen Schlaumachern nicht. Sie sind eigentlich zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen, Alzheimer oder Parkinson vorgesehen, werden aber oft zu anderen Zwecken eingesetzt. In den USA greift jeder zwanzigste Student mindestens einmal im Jahr auf Heilmittel wie etwa Ritalin oder Prozac zurück, obwohl er weder an einem Aufmerksamkeitsdefizit noch an einer Depression leidet. Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Weniger als in den USA Forschende um Gerhard Gmel vom Universitätsspital Lausanne (CHUV) haben für ihre Studie junge Männer, die zur Aushebung an die Armee-Rekrutierungszentren in Lausanne, Windisch und Mels aufgeboten worden waren, zur Häufigkeit und zu den Gründen ihres allfälligen Konsums von Hirnstimulanzien befragt. In ihrer soeben veröffentlichten Auswertung (*) kommen die Wissenschaftler zum Schluss: In der Schweiz fällt der Konsum von chemischen Schlaumachern geringer aus als in den USA, nur 180 von 5967 Studienteilnehmern (drei Prozent) nahmen mindestens einmal im zurückliegenden Jahr hirnstimulierende Medikamente zu sich. Zwischen Studenten und Nichtakademikern gleichen Alters fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler grosse Unterschiede: Studenten konsumieren im Schnitt fünf Mal im Jahr verschiedene hirnstimulierende Substanzen. Dabei geht es ihnen meist darum, ihre Leistungen etwa bei Prüfungen zu verbessern. Ihre nichtakademischen Altersgenossen nehmen im Schnitt fast wöchentlich oder ungefähr 40 Mal im Jahr vorwiegend Ritalin und andere Heilmittel zu sich, die gegen Aufmerksamkeitsstörungen verschrieben werden. Ihre Hauptmotivation ist, länger wach zu bleiben - etwa an Parties. Neue Präventionsstrategien Für Gmel und sein Team zeigen die neuen Zahlen, dass bei Untersuchungen zum Konsum von Hirnstimulanzien fortan der Fokus erweitert werden müsse. Bisher war die Aufmerksamkeit vor allem auf (US-amerikanische) Studenten gerichtet, doch zumindest in der Schweiz werden die chemischen Schlaumacher in intensiverem Masse von Nichtakademikern verwendet, für die es neue Präventionsstrategien zu entwerfen gelte. Die Kohortenstudie C-Surf Die in der Schweiz lebenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen konsumieren im europäischen Vergleich überdurchschnittlich häufig Suchtmittel. Die Kohortenstudie C-Surf (Cohort Study on Substance Use Risk Factors) forscht nach den Gründen und Präventionsmöglichkeiten. Finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), untersucht C-Surf unter der Leitung des waadtländischen Universitätsspitals (CHUV) und des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich (ISPM) junge Männer während eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren. Originalveröffentlichung (*) Stéphane Deline, Stéphanie Baggio, Joseph Studer, Alexandra N’Goran, Marc Dupuis, Yves Henchoz, Meichun Mohler-Kuo, Jean-Bernard Daeppen and Gerhard Gmel (2014). Use of Neuroenhancement Drugs: Prevalence, Frequency and Use Expectations in Switzerland. International Journal of Environmental Research and Public Health 11: 3032-3045
|