Eine Chance für die Prävention
Alkoholkonsum: Markanter Rückgang bei 15-jährigen Jungen Folgende Zahlen verdeutlichen die positive Konsumentwicklung der letzten vier Jahre. 10% der 15-jährigen Jungen und 6% der gleichaltrigen Mädchen in der Schweiz trinken mindestens einmal pro Woche Alkohol. (Im 2010 waren es noch 27% bzw. 13%). Besonders deutlich ist hier der Rückgang um fast zwei Drittel bei den 15-jährigen Buben. Ein ähnlicher Verlauf zeigt sich bei der selbst wahrgenommenen Betrunkenheit, wenn auch weniger ausgeprägt. 16% der 15-jährigen Buben und 13% der Mädchen gaben an, schon mindestens zwei Mal im Leben richtig betrunken gewesen zu sein. (Im 2010 waren es noch 28% bzw. 21%). Die meistgenannte Kategorie von Motiven für den Alkoholkonsum betraf soziale Motive, d.h. um gesellig zu sein (feiern, lachen usw.), wobei Bier bei den 15-Jährigen das beliebteste alkoholische Getränk ist. Nur eine Minderheit gab an, zu trinken um Freunde zu gewinnen oder zu einer bestimmten Gruppe zu gehören. Mehr als 75% der 15-jährigen Jugendlichen, die mindestens einmal im Monat vor der Befragung Alkohol tranken, sagten, alkoholische Getränke von Bekannten erhalten zu haben. Immerhin gab gut ein Viertel der Konsumierenden an, Getränke selber gekauft zu haben. Zu bedenken ist, dass die Abgabe von alkoholischen Getränken an unter 16-Jährige verboten ist. Weniger 15-jährige Mädchen und Jungen rauchen Etwas mehr als ein Drittel der 15-Jährigen haben schon einmal eine Zigarette geraucht und 7% der 15-Jährigen rauchen täglich (im 2010 waren es noch 12%), wobei keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen. In der jüngsten Befragung gaben etwas mehr als die Hälfte der 15-jährigen täglich Rauchenden an, bis zu fünf Zigaretten pro Tag zu rauchen; ein Viertel raucht bis zu einem halben Paket (6-10 Zigaretten). Das mindestens wöchentliche Rauchen erreichte im 2014 einen Tiefststand: 12 % der 15-jährigen Jungen rauchen mindestens einmal pro Woche, bei den gleichaltrigen Mädchen sind es 9%. (Im 2010 waren es noch 19% bzw. 15%). Jugendliche haben oft verschiedene Bezugsquellen: Gut zwei Drittel jener, die mindestens einmal im Monat vor der Befragung rauchten, haben Zigaretten von Bekannten bekommen. Und fast zwei Drittel sagten, Zigaretten selber gekauft zu haben. Dieser hohe Anteil bestätigt die Resultate von Testkäufen, wonach Jugendliche selbst in Kantonen mit Verkaufsverbot an Minderjährige relativ leicht selber Zigaretten kaufen können. 30% der 15-jährigen Jungen und 19% der gleichaltrigen Mädchen gaben in der Befragung im 2014 an, schon einmal im Leben Cannabis konsumiert zu haben. (Im 2010 waren es noch 36% bzw. 25%). Der einzige hier besprochene Indikator, der im 2014 nicht zurückging, ist der Gebrauch in den 30 Tagen vor der Befragung. Die jüngsten Resultate zeigen, dass knapp 15% der 15-jährigen Jungen und 10% der Mädchen mindestens einmal im letzten Monat Cannabis konsumierten. Auffallend ist, dass die grosse Mehrheit der Cannabisgebrauchenden auch Alkohol und Zigaretten konsumiert. Bekannte werden deutlich am häufigsten als Zugangsquelle zu Cannabisprodukten genannt. Mögliche Erklärungsansätze "Der Rückgang beim Alkohol- und Tabakkonsum könnte eine Normänderung widerspiegeln und evtl. auch Ausdruck eines stärkeren Gesundheitsbewusstseins in der Gesellschaft sein", sagt Irene Abderhalden, Direktorin von Sucht Schweiz. Die Resultate legen nahe, dass Jugendliche von heute ein anderes Konsumverhalten zum Ausdruck bringen. Die Frage stellt sich, ob die Nutzung neuer Medien einen Einfluss hat. Die meisten 15-jährigen Jugendlichen gaben an, in ihrer Freizeit mehr als drei Stunden pro Tag am Computer, vor dem Fernseher, dem Smartphone oder der Spielkonsole zu verbringen. Es ist denkbar, dass sie deswegen mehr Zeit zu Hause verbringen und so weniger in direkten Kontakt mit Suchtmitteln kommen. Gleichzeitig bietet aber das Internet viele Werbemöglichkeiten, die den Konsum begünstigen können. Bei intensiver Mediennutzung sind überdies Schlafprobleme eine mögliche Folge oder andere Aktivitäten und Freundschaften im "realen" Leben werden vernachlässigt. Was bleibt zu tun? Der Rückgang ist sehr erfreulich; dabei darf nicht vergessen werden, dass Jugendliche in diesem Alter nichts konsumieren sollten. Der im Wachstum befindliche Körper ist anfälliger für die Schäden des Substanzkonsums. Eine Alkoholvergiftung, Schwierigkeiten in der Ausbildung oder Gewalttätigkeiten sind mögliche Gefahren beim Alkoholkonsum. Schon nach ca. drei Wochen regelmässigen Rauchens können Jugendliche von Nikotin abhängig werden. Wer früh beginnt, raucht meist länger - mit dem Risiko, später lebensbedrohliche Krankheiten zu entwickeln. Und je jünger jemand anfängt, Cannabis regelmässig in grossen Mengen zu konsumieren, desto schwieriger wird es, davon loszukommen. Bei gewohnheitsmässigem Gebrauch kann u.a. die Lernfähigkeit beeinträchtigt werden. Junge Menschen brauchen daher besonderen Schutz. "Wir müssen verhindern, dass Jugendliche von morgen wieder mehr konsumieren. Der gesetzlich verankerte Jugendschutz bleibt daher ein zentrales Anliegen der Prävention", betont Irene Abderhalden. Wichtig sind die Einhaltung des gesetzlichen Abgabealters für Alkoholika, ein nationales Abgabeverbot an Minderjährige beim Tabak sowie vermehrte Testkäufe. Dass beim Cannabis der aktuelle Konsum stagniert, stellt weiterhin die Frage, wie die Gesellschaft mit dieser Substanz am besten umgehen soll. Jugendschutzmassnahmen reichen aber nicht aus, zumal sich Jugendliche an der Erwachsenenwelt orientieren. Damit junge Menschen von heute und jene von morgen auch künftig zurückhaltend mit psychoaktiven Substanzen umgehen, muss Sucht-prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Es scheint, dass Teenager von heute in einem gesellschaftlichen Umfeld aufwachsen, in dem namentlich das tägliche Rauchen oder Trinken weniger "normal" ist. Es lohnt sich, in präventive Massnahmen zu investieren, die in der Gesellschaft neue Normen beeinflussen können, dazu zählen z. B. die Einschränkung der Verfügbarkeit sowie die Verminderung der Attraktivität eines Suchtmittels. Die positiven Resultate der Schülerstudie dürfen nicht vergessen lassen, dass eine kleine Gruppe von Jugendlichen schon in diesem Alter regelmässig und mehrere psychoaktive Substanzen konsumiert. Wer früh gewohnheitsmässig konsumiert, trägt höhere Risiken. Für diese Jugendlichen müssen verstärkt spezifische Massnahmen ergriffen werden, wie z. B. Präventionsprojekte in der Familie. Gleichzeitig gilt es, früh anzusetzen und bekannte Risikogruppen - beispielsweise Kinder aus suchtbelasteten Familien - bei Bedarf zu unterstützen. Studie HBSC Die Schülerstudie HBSC (Health Behaviour in School-aged-Children) ist eine internationale Studie, welche in 44 Ländern unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation durchgeführt wird. Seit 28 Jahren untersucht Sucht Schweiz das Gesundheitsverhalten und den Substanzgebrauch der Jugendlichen in der Schweiz. Im Erhebungsjahr 2014 beteiligten sich 630 Klassen mit 9'894 Schülerinnen und Schülern im Alter von 11 bis 15 Jahren. Die Studie wird vom BAG und den Kantonen finanziert.
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