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Drei von vier Touristen, die von Indien in die Schweiz zurückkehrten, waren bei einer Untersuchung mit multiresistenten Keimen infiziert. Mikrobiologen der Universität Bern konnten zudem einen Bakterienstamm isolieren, der ein Gen besitzt, das es diesen gefährlichen Erregern ermöglicht, auch gegen die momentan einzige noch wirksame Antibiotika-Therapie resistent zu werden.

Die Ausbreitung von multiresistenten Bakterien stellt Gesundheitssysteme weltweit vor Herausforderungen, da die Therapiemöglichkeiten durch Antibiotika schwinden. Diese «Super-Keime» können gravierende Infektionen hervorrufen und führen oft zu einem schweren und tödlichen Krankheitsverlauf. Bereits jetzt sterben nach Schätzungen pro Jahr weltweit 700'000 Menschen, weil Antibiotika bei ihnen wirkungslos geworden sind. Einzig mit dem Antibiotikum Colistin konnten solche Infektionen bislang noch behandelt werden.

Nun wurde aber im November 2015 in Stämmen der Bakterien Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae auch eine weitverbreitete Resistenz gegen Colistin entdeckt. Diese Bakterienstämme fanden sich in China im Darmtrakt von Menschen, Nutztieren sowie in Geflügelfleisch; mittlerweile sind sie auch in anderen Ländern aufgetaucht.

Die Colistin-Resistenz wird durch ein Gen verursacht, das mcr-1-Gen. Dieses Gen wird durch Plasmide weitergegeben - DNA-Moleküle in Bakterien - und kann sich deshalb ungehindert in verschiedenen Darmbakterien ausbreiten, auch in der natürlichen Darmflora von Mensch und Tier. Beim Menschen können E. coli Harnweginfektionen, Blutvergiftung und andere Infektionen auslösen, K. pneumoniae verursacht hauptsächlich Harn- und Atemweginfektionen.

Mikrobiologen am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern haben nun erstmals die Bakterienpopulation im Darm von Reisenden untersucht, die von Indien in die Schweiz zurückkehrten. Sie fanden heraus, dass 76% der rückkehrenden Touristen mit multiresistenten Bakterienstämmen besiedelt waren. «Noch schwerwiegender ist, dass 11% der Reisenden in ihren Stuhlproben Colistin-resistente Stämme hatten, darunter auch solche, die das neue Plasmid-vermittelte mcr-1-Gen enthielten», sagt Prof. Andrea Endimiani, Hauptautor der Studie. Die Ergebnisse wurden nun im Journal «Antimicrobial Agents and Chemotherapy» publiziert.

Weitverbreitete Colistin-Resistenz

Das mcr-1-Gen konnte bereits in mehreren Studien in Colistin-resistenten Darmbakterien von Menschen, Nutztieren, in der Nahrungskette und auch in der Umwelt isoliert werden. Die meisten dieser Studien hatten jedoch dafür vorgängig gesammelten Proben untersucht. «Wir wollten nun herausfinden, wie es mit der aktuellen Verbreitung dieses Gens in multiresistenten Darmbakterien aussieht», sagt Endimiani. «Vor allem, weil bereits bekannt ist, dass rückkehrende Reisende sehr häufig mit Super-Keimen befallen sind.»

Endimiani und sein Team untersuchten Stuhlproben von 38 Personen aus der Schweiz vor und nach einer Indien-Reise im Jahr 2015. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Indien betrug 18 Tage. Die Studienteilnehmer besuchten häufig andere Länder in den 12 Monaten vor ihrer Indien-Reise, litten dabei jedoch nie an Durchfall. Nach ihrer Rückkehr aus Indien hingegen litten 39% an Reise-Durchfall und zusätzlichen Symptomen. Antibiotika wurden keine eingenommen.

Für die Forschenden überraschend war die hohe Rate entdeckter multiresistenter Darmbakterien:

76% der Reisenden kehrten mit Super-Keimen zurück. 11% davon trugen Stämme in sich, die gegen die letzte Antibiotika-Option, Colistin, resistent waren. Einer dieser Stämme besass auch das mcr-1-Gen, welches die Colistin-Resistenz in anderen Darmbakterien in Mensch und Tier fördern und ausbreiten kann.

Molekulare Analysen ergaben, dass diese lebensgefährlichen Bakterien durch die Umwelt oder durch die Nahrungskette in Indien aufgenommen worden waren. Dabei besteht auch für gesunde Träger von Super-Keimen ein hohes Risiko, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt an Harnwegsinfektionen oder an einer Blutvergiftung erkranken, da diese Erreger dann schwer zu bekämpfen sind.

«Die Ansteckung mit Colistin-resistenten Bakterien auf Reisen ist ein Phänomen, das wir sorgfältig beobachten müssen, um die Ausbreitung von solch unbehandelbaren Super-Keimen in der Schweiz zu verhindern - einem Land, das von diesem Problem noch relativ unberührt ist», sagt Endimiani. Die Forschenden empfehlen daher, rasch spezifische und engmaschige Monitoringprogramme einzuführen, um unerwartete Krankheitsausbrüche wegen Darmbakterien mit dem mcr-1-Gen zu verhindern.

Schweizerisches Zentrum für Antibiotikaresistenzen

Die Universität Bern besitzt eine lange Tradition in der Antibiotikaresistenz-Forschung und ist mit dem Institut für Infektionskrankheiten führend bei der Untersuchung und Bekämpfung von Super-Keimen. Am Institut angesiedelt ist das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS). ANRESIS ist ein regionales und nationales Überwachungssystem und Forschungsinstrument für Antibiotikaresistenzen und Antibiotikakonsum im Humanmedizinischen Bereich. Das Projekt wird das durch das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG), die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdiretorinnen und -direktoren (GDK) und die Universität Bern finanziert.

Angaben zur Publikation:

Bernasconi OJ, Kuenzli E, Pires J, Tinguely R, Carattoli A, Hatz C, Perreten V, Endimiani A.: Travelers Can Import Colistin-Resistant Enterobacteriaceae Including Those Possessing the Plasmid-Mediated mcr-1 Gene. Antimicrob Agents Chemother, 13. Juni 2016 pii: AAC.00731-16. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 27297483.

Quellen: Text Universität Bern , Juli 2016
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