Ein kurzer historischer Rückblick drängt sich auf, um die ganze Problematik der institutionellen Zukunft des Berner Juras zu erhellen und um die eigentliche Frage, warum die Bevölkerung des Berner Juras im Kanton Bern lebt, zu beantworten.
Zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert schloss die Stadt Bern mit mehreren Städten im Süden des Bistums Bündnisse ab, die nach und nach in Burgrechtsverträge umgewandelt wurden. Diese garantierten den Vertragsparteien bei Konflikten eine gegenseitige militärische Unterstützung. Diese Bündnisse schwächten die weltliche Macht der Fürstbischöfe über mehrere Städte. Biel, das später seinen Einfluss über das Erguel ausübte, schloss 1353 mit Bern einen solchen Burgrechtsvertrag ab, Neuenstadt folgte 1388 und Münster 1486. Das Gebiet, das fast ganz genau den heutigen drei Amtsbezirken Moutier, Courtelary und Neuenstadt (La Neuveville) entspricht, bildete vor der Reformation den sogenannten Schweizerboden des Fürstbistums Basel. Die
in Bern 1528 angenommene Reformation breitete sich im südlichen Teil des Bistums
Basel ebenso rasch wie in der übrigen Schweiz aus. 1530 führte Guillaume Farel in Tavannes die Reformation ein. Das
reformierte Gebiet entsprach fast ganz genau dem Schweizerboden des Bistums.
Der Schweizerboden und Biel wurden 1797 dem Département du Mont-Terrible zugeschlagen. Dieses wurde zwischen 1800 und 1814 ins Département du Haut-Rhin eingegliedert. 1815 wurde das Gebiet des Bistums Basel durch einen Beschluss des Wiener Kongresses in den Kanton Bern eingegliedert. Man erinnert sich an Berns Worte, der Wiener Kongress habe ihm «mit der Waadt den Weinkeller und mit dem Aargau die Vorratskammer geraubt, um es mit einem blossen Estrich [dem ehemals bischöflichen Jura], zu entschädigen». Ab 1870 führt der Kulturkampf, der bekannte Konflikt zwischen dem ultramontanen Katholizismus und dem laizistischen Modernismus des 19. Jahrhunderts, zu tiefen Spaltungen und entfacht den Groll des katholischen Juras gegenüber dem protestantischen Bern, das von antiklerikalen Radikalen beherrscht wird. Die
Historiker führen die heutige Form der Jurafrage im Allgemeinen auf
die sogenannte Moeckli-Affäre zurück. Der bernische Grosse
Rat hatte sich am 20. September 1947
gegen den Willen des Regierungsrates geweigert, dem aus dem Jura stammenden
Regierungsrat Georges Moeckli die Bau- und Eisenbahndirektion anzuvertrauen,
dies unter dem Vorwand, er spreche zu schlecht Berndeutsch, was zu Kommunikationsproblemen
führen werde.
Am 1. März 1970 stimmte das Volk des Kantons Bern einem Zusatz zur bernischen Kantonsverfassung zu, in dem das vorgesehene Selbstbestimmungsverfahren in drei Abstimmungsetappen genau festgelegt wurde. Sowohl die Amtsbezirke im Norden als auch jene im Süden stimmten der Vorlage mit aufsehenerregenden Mehrheiten von fast 90 Prozent zu. Am 23. Juni 1974 sprachen sich die Nordbezirke klar für eine Lostrennung vom Kanton Bern aus, während dies von den Südbezirken ebenso deutlich abgelehnt wurde. Das Ergebnis im gesamten historischen Jura ergab eine hauchdünne separatistische Mehrheit. Am 16. März 1975 sprachen sich die Amtsbezirke Courtelary, Münster und Neuenstadt deutlich für einen Verbleib im Kanton Bern aus. Im September 1975 stimmten die betroffenen Grenzgemeinden über ihre künftige Kantonszugehörigkeit ab. Im September 1978 stimmte das Schweizer Stimmvolk mit 82,3 Prozent der Gründung des neuen Kantons Jura zu. Und schliesslich entschied sich das Laufental 1994 für einen Beitritt zum Kanton Basel-Landschaft. Zu Beginn der 1990er-Jahre veröffentlichte die von Sigmund Widmer präsidierte und mit der Lösung der Jurafrage beauftragte Konsultativkommission des Bundesrates und der Kantone Bern und Jura einen Bericht, in dem die Autoren betonten, dass die Trennung des historischen Juras ein Fehler gewesen sei. Am 25. März 1994 führte die vom Regierungsrat des Kantons Bern und vom Staatsrat des Kantons Jura unter der Federführung des Bundes unterzeichnete Vereinbarung zur Gründung der Interjurassischen Versammlung (IJV). Am 7. September 2005 erhielt die IJV vom Regierungsrat des Kantons Bern und vom Staatsrat des Kantons Jura unter der ägide des Bundesrates den gemeinsamen Auftrag, eine Studie über die institutionelle Zukunft der interjurassischen Region durchzuführen.
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