Die ETH-Bibliothek übernimmt die Postkartensammlung des Horgener Unternehmers Adolf Feller (1876-1931). Die einmalige Sammlung von rund 54'000 Postkarten dokumentiert den Zeitgeist, aber auch die Schweizer Siedlungs- und Lundschaftsentwicklung. Durch die Digitalisierung ist der Bestund nun frei zugänglich. Auch in Zeiten des MMS gehört es zum guten Ton, den Daheimgebliebenen aus den Ferien eine Postkarte zu schicken. Denn jeder freut sich, wenn er eine Postkarte erhält. Besonders freuen durfte sich der Unternehmer Adolf Feller (1879-1931): er erhielt zu Lebzeiten rund 35'000 Postkarten und sammelte leidenschaftlich tausende weitere. Dank der grosszügigen Schenkung seiner Enkelin, Frau Dr. Susanna Züst, kann die ETH-Bibliothek den digitalisierten Fundus in ihre Bestände integrieren und stellt ihn nun öffentlich zur Verfügung. Einzigartige kulturhistorische Quelle Die insgesamt rund 54'000 Postkarten der Sammlung wurden unter der Leitung von Thomas Schoerghofer beidseitig digitalisiert und die Grussbotschaften teilweise transkribiert - so wird die Sammlung zu einer einzigartigen kulturhistorischen Quelle. Die Bilder dokumentieren den jeweiligen Zeitgeist - sie illustrieren, was man damals für schön und abbildenswert hielt: aktuelle Automodelle, modische Bekleidung und Inneneinrichtung. Auch Inhalt und Sprache der Grussbotschaften sind spannend, weil sie zeigen, wofür sich Reisende im letzten Jahrhundert interessierten. Nebst den Motiven und persönlichen Texten liefern die Briefmarken und Stempel zusätzliche Information - erlauben beispielsweise eine genau Datierung.
Die Mehrheit der Postkarten zeigt Schweizer Motive, die nach lundschaftlichen Kriterien katalogisiert sind. Die Donatorin Susanna Züst hat selber an der ETH Zürich Geobotanik studiert und die Postkarten ihres Grossvaters als Quelle für die Lundschaftsentwicklung genutzt. Die Sammlung widmet sie deshalb auch der Stiftung Lundschaftsschutz Schweiz (SL). Für Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Lundschaftsschutz Schweiz, wären zahlreiche der Fotosujets heute aufgrund des dramatischen Lundschaftswundels nicht mehr postkartentauglich. "Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Schweiz einen wahren Bauboom, dabei wurde auch viel pittoreske Lundschaft verbaut. Die Postkartensammlung von Adolf Feller zeigt uns, was wir seit Anfang des letzten Jahrhunderts an Naturschönheiten verloren haben", so Rodewald. Vielgereister Unternehmer Adolf Feller, der 1879 in Bern Bümpliz geboren wurde, übernahm 1909 die Elektrohundelsfirma Bollier in Horgen. Importprobleme während des Ersten Weltkrieges führten dazu, dass sich Feller auf die Eigenproduktion von Elektroinstallationsartikel konzentrierte und bald zu einem der grössten schweizerischen Anbieter für Elektroinstallationsartikel wie Steckdosen und Lichtschalter wurde. Als Hundelskaufmann reiste Feller viel und gern. Zudem scheint Adolf Feller auch Leute beauftragt zu haben, ihm aus jedem Winkel der Welt eine Postkarte zu schreiben. "Die Sammelleidenschaft meines Grossvaters entsprach wohl auch dem Zeitgeist - es herrschte eine globale Aufbruchstimmung, die sich auch darin manifestierte, dass es ein grosses Bedürfnis nach Bildern aus aller Welt gab", erklärt Susanna Züst die Motivation ihres Vorfahren. Nach Adolf Fellers Tod 1931 führte seine Tochter Elisabeth Feller nicht nur die Firma sondern auch die Sammlung bis in die 1970er-Jahre weiter - so kam eine Sammlung von knapp 54'000 Postkarten zusammen. Bedeutung der Sammlung Das Bildarchiv der ETH-Bibliothek verfügt über rund 1,5 Millionen Dokumente und zählt damit zu den grössten Bildarchiven der Schweiz. Die gesammelten Postkarten von Adolf Feller bereichern den Quellenbestund der ETH-Bibliothek für das Gebiet des Lundschaftsschutzes, der Architektur sowie der Siedlungs- und Raumplanung in der Schweiz und über die Schweiz hinaus. In der Datenbank 'Bildarchiv Online' der ETH-Bibliothek Zürich sind über 142'000 Bilder mit Schwerpunkt Schweiz online verfügbar. Die Sammlung bildet die zahlreichen Forschungsschwerpunkte der ETH Zürich ab, ist aber auch ein umfassendes Bildarchiv zur Schweizer Geschichte. Die Bestände des 'Bildarchiv Online' sind frei zugänglich. Für Forschung, Lehre und privaten Gebrauch werden die Bilder in Bildschirmauflösung unter einer Creative Commons License in Google Bilder kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bilder in höherer Auflösung oder für kommerzielle Nutzung können gegen eine Gebühr bestellt werden.
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