Rechtlich bindendes Abkommen ist ein Muss "Auch ein rechtlich verbindliches Abkommen liefert keine absolute Garantie für die Umsetzung. Aber es macht einen grossen Unterschied, ob man in einem sinkenden Boot das Wasser mit einem Eimer ausschöpft, der auch mal ein Loch bekommen kann. Oder ob man direkt mit dem Sieb beginnt. Letzteres wäre der Fall bei einem nur politisch bindenden Abkommen", meinte Bals. "Wir haben grosse Sorge vor einem Greenwash-Abkommen. Greenwashing bedeutet, dass die Regierungschefs am letzten Tag von Kopenhagen der WeltÖffentlichkeit ein Sieb als Eimer verkaufen", so Bals weiter. "Der US-Senat ist derzeit das grosse politische Problem, das einem rechtlich verbindlichen Abkommen in Kopenhagen im Weg steht. 60 Personen im US-Senat behindern den Fortschritt, zu dem fast alle anderen Nationen bereit sind." Die Chance zum Durchbruch ist da Der politische Wille ist bei den meisten Staaten vorhanden. Die grossen Schwellenländer haben Klimaschutzpläne vorgelegt, die in die Richtung gehen, die von ihnen erwartet wird. Die afrikanischen Staaten sowie die kleinen Inselstaaten kämpfen um ihre Existenz: Für mehr Klimaschutz und Anpassung. Die EU, Japan, Australien sind bereit zu einem Abkommen, wenn sie auch ihre Reduktionsziele und Finanzzusagen noch nachbessern müssen. Kopenhagen bietet die einmalige Chance, in allen wesentlichen Punkten Einigkeit zu erzielen - auch wenn die Zahlen für die USA dann noch vorläufigen Charakter haben sollten. Die nächsten sechs Monate zur Nachbesserung der Industrieländerziele nutzen Im ersten Halbjahr 2010 könnten dann die Details verhandelt werden. Zwischenzeitlich wäre es möglich, die Klimaschutzziele nach oben hin zu prüfen und nachzubessern. "Die Emissionen der Industrieländer sind seit der Finanzkrise stark gefallen. Bei gleichen Kosten könnten sie ihre Ziele nun um etwa 10 Prozent verschärfen", so Bals. Für die EU würde das ein 40- statt des bisherigen 30-Prozentziels bedeuten (bis 2020 gegenüber 1990).
Wichtiger, aber nicht ausreichender Schritt für Kopenhagen Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU haben sich heute auf ein Verhandlungsmandat für den Klimagipfel in Kopenhagen geeinigt. Finanzierung bis 2020 Die EU hat ihr lang erwartetes Eröffnungsangebot für die Finanzierung von Klimaschutz, Regenwaldschutz und Anpassung in Entwicklungsländern vorgelegt. Die EU schätzt die Zusatzkosten für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern auf etwa 100 Milliarden Euro im Jahr 2020. Sie taxiert die notwendige internationale Unterstützung auf etwa 22 bis 50 Milliarden Euro im Jahr. Die Staats- und Regierungschefs der EU drücken sich noch um eine klare Aussage, wie viel sie davon tragen wollen. "Der Rahmen für ein Abkommen in Kopenhagen ist klar. Die Schwellen- und Entwicklungsländer übernehmen erstmals ernsthafte Klimaverpflichtungen, die Industrieländer unterstützen diese finanziell bei Klimaschutzleistungen und der Anpassung. Allerdings legen wissenschaftliche Untersuchungen einen deutlich höheren Betrag nahe. "Wir schätzen den Bedarf für Unterstützung auf mehr als 100 Milliarden jährlich, gut das Doppelte der oberen EU-Grenze", erläutert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Auch ist nicht sichergestellt, dass es sich bei den Finanzzusagen der EU tatsächlich um zusätzliches Geld handelt, das nicht schon im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit längst zugesagt ist. Kurzfristfinanzierung Die EU bekennt sich dazu, dass schon vor dem Inkrafttreten des neuen Abkommens eine finanzielle Unterstützung von 5-7 Milliarden Euro jährlich für die Entwicklungs- und Schwellenländer notwendig ist. "Benötigt werden am Schluss etwa 10 Milliarden Euro jährlich. Doch auch hier verweigert die EU eine klare Aussage, wie viel sie davon schultern will", kommentiert Bals. EU steht zu Kyoto Die EU hat in Brüssel mit wünschenswerter Klarheit zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht vom Kyoto-Protokoll verabschieden will, sondern ein rechtlich verbindliches Abkommen anstrebt, "das auf dem Kyoto-Protokoll aufbaut und alle seine Essentials einbezieht", so der Beschluss der EU. "Das ist ein wichtiger Schritt für die Verhandlungen, denn in den letzten Monaten hatte die EU den Eindruck erweckt, sich mit dem Einsatz für ein neues Abkommen vom Kyoto-Protokoll verabschieden zu wollen", stellt der Germanwatch-Vorsitzende Klaus Milke fest. Langfristziel verschärft In Bezug auf das auch für Investoren notwendige Langfristziel hat die EU ihre Ambition erhöht: von "mindestens 80" Prozent auf "mindestens 80 bis 95 Prozent" bis 2050 gegenüber 1990. Gleichzeitig schlägt sie dieses Ziel für alle Industrieländer vor. "Nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen müssen die Industrieländer ihre Treibhausgasemissionen um 95% Prozent bis 2050 verringern, um mit ausreichender Wahrscheinlichkeit den Temperaturanstieg unter zwei Grad zu halten", fährt Milke fort. "Die EU nähert sich dieser wissenschaftlichen Erkenntnis an. Dies bedeutet bis Mitte des Jahrhunderts praktisch den Ausstieg aus Treibhausgasemissionen." Mittelfristziel noch nicht verschärft Für das Mittelfristziel (2020) bietet die EU unverändert eine 30prozentige Reduktion an, wenn andere Industrieländer ähnlich ambitiös auftreten und Entwicklungsländer entsprechend ihrer Möglichkeiten zum internationalen Abkommen beitragen. "Von anderen Staaten fordert sie eine Nachbesserung ihrer Klimaschutzangebote. Aber bei den eigenen Mittelfristzielen muss die EU in Kopenhagen selbst noch nachbessern, denn hier sind 40 Prozent nötig", kommentiert Milke.
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