Klima im Wandel
Informationen über den Klimawandel
end
Klimawandel Informationen
AWI Antarktischer Klimawandel und die Umwelt 2009
Klimawandel Informationen
Weitere Informationen
Links
Themen Naturwissenschaften Geografie-Erdkunde Klima
vorangehende Seiteend
Antarktischer Klimawandel und die Umwelt (Antarctic Climate Change and the Environment)
Ein Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses für Antarktisforschung

Zusammenfassung der Hauptergebnisse

Die Antarktis ist ein äusserst wichtiger Teil des Systems Erde. Das Klima, die physikalischen und die biologischen Eigenschaften des Kontinents und des umgebenden Meeres sind durch ozeanische und atmosphärische Zirkulation sowie den CO2-Austausch eng mit anderen Teilen der globalen Umwelt gekoppelt. In der Antarktis lagern 90% des Eises und 70% der weltweiten Süsswasservorkommen - genug, um den Meeresspiegel um 63 Meter zu erhöhen. Die Antarktis verfügt über hoch aufgelöste Archive vergangener Klimaänderungen und empfindliche biologische Indikatoren für gegenwärtige Veränderungen. Das antarktische "Ozonloch" war eine der bedeutendsten wissenschaftlichen Entdeckungen des letzten Jahrhunderts und hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Antarktische Umwelt.

1. Das Ozonloch hat den Grossteil der Antarktis in den letzten 30 Jahren vor der globalen Erwärmung geschützt.

a.
Der Verlust stratosphärischen Ozons hat den antarktischen Polarwirbel, ein kreisförmiges Windsystem rund um den Südpol, verstärkt und die Wetterverhältnisse rund um den Kontinent verändert. Im Sommer und Herbst hat sich die Westwinddrift über dem Südlichen Ozean um 15 Prozent erhöht.

b.
Diese Veränderungen haben die Antarktis klimatisch noch stärker isoliert, so dass sich die Oberflächentemperatur über dem Grossteil des Kontinents in den letzten 30 Jahren kaum verändert hat.

c.
In den letzten 50 Jahren gab es in der Gesamtantarktis keine signifikanten Veränderungen im Schneefall, obwohl der Schneefall an der Antarktischen Halbinsel zugenommen hat.

d.
An der Antarktischen Halbinsel haben die stärkeren Westwinde ausserdem zu einer erheblichen sommerlichen Erwärmung auf der Ostseite geführt.

e.
Der Verlust stratosphärischen Ozons hat eine erhöhte, biologisch schädliche UV-B-Strahlung an der Erdoberfläche verursacht.

2. Die Erwärmung des Südlichen Ozeans wird zu Änderungen im antarktischen Ökosystem führen.

a.
Die grösste Meeresströmung auf der Erde (der Antarktische Zirkumpolarstrom) hat sich schneller erwärmt als der globale Ozean im Ganzen.

b.
Der Südliche Ozean ist eine der wichtigsten Senken für atmosphärisches CO2. Seine Fähigkeit CO2 zu absorbieren, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings abgeschwächt, weil die stärkeren Westwinde zu einem stärkeren Auftrieb von CO2-reichem Wasser aus der Tiefe geführt haben.

c.
Ökologische Schlüsselarten (z.B. Algen, Korallen und Planktonschnecken) werden durch zunehmende Versauerung voraussichtlich negativ beeinflusst, was einen Dominoeffekt im Ökosystem verursachen könnte.

d.
Wenn die Temperaturen des Meerwassers weiter steigen, gibt es nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Arten daran anpassen; sie sterben aus, wenn ihre physiologischen und ökologischen Toleranzgrenzen überschritten werden.

e.
Erhöhte Meerwassertemperaturen könnten die Einwanderung „fremder“ Arten begünstigen, die den lokalen Arten überlegen sind und die ursprünglichen Bewohner der Antarktis dadurch verdrängen. Die Einwanderung von Krabben könnte das gegenwärtige Ökosystem am Meeresboden, das so genannte benthische Ökosystem, erheblich beeinträchtigen.

f.
Klimabedingte Änderungen in der Nahrungskette werden die biologische Vielfalt am antarktischen Meeresboden wohl verringern.

3. Pflanzengesellschaften breiten sich auf der Antarktischen Halbinsel in rasanter Geschwindigkeit aus.

a.
Mit höheren Temperaturen erfolgte auf der Antarktischen Halbinsel im Sommer ein merklicher Wechsel von Schneefall zu Regen.

b.
Diese sich einander bedingenden Änderungen haben zu einer spürbaren Ausbreitung von Pflanzengemeinschaften und einer Besiedlung neu verfügbarer Lebensräume durch Pflanzen und Tiere geführt.

c.
Auch in Regionen mit erhöhter Temperaturen breiten sich Pflanzen-, Tier-und mikrobielle Gemeinschaften aus.

d.
Menschen haben unbeabsichtigt fremde Arten eingeschleppt, darunter Gräser, Fliegen und Bakterien.

4. Teile der Antarktis verlieren Eis in rasanter Geschwindigkeit.

a.

Der Eisschild ist in der Westantarktis erheblich dünner geworden, insbesondere entlang des "Amundsenmeeres". Auch einige wenige Küstengebiete in der Ostantarktis zeigen diese Tendenz.

b.
Der Verlust von Schelfeis im Osten der Antarktischen Halbinsel, z.B. des Larsen B-Schelfeises, ist in erster Linie das Ergebnis regionaler Erwärmung, verursacht durch die Verstärkung westlicher Winde infolge des Ozonlochs.

c.
90 Prozent der Gletscher auf der Antarktischen Halbinsel haben sich in den letzten Jahrzehnten zurückgezogen.

d.
Von diesen Gebieten abgesehen hat sich das Gros des antarktischen Inlandeises in den letzten Jahrzehnten wenig verändert.

e.
Der Zerfall von Schelfeis wird zum Aussterben einiger Bodenbewohner führen, andere werden die dann freiliegenden Meeresböden neu besiedeln.

5. Als Ergebnis des Ozonlochs hat die Meereisbedeckung rund um die Antarktis in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen.

a.
Während die Meereisbedeckung des Arktischen Ozeans in den letzten Jahrzehnten deutlich abnahm, hat sie in der Antarktis seit 1980 um 10 Prozent zugenommen, vor allem im Gebiet des Rossmeeres.

b.
Diese Zunahme ist bedingt durch die rund um den Kontinent stärker gewordenen Winde, Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation und den isolierenden Effekt des Ozonlochs.

c.
Westlich der Antarktischen Halbinsel ist die Ausdehnung des Meereises aufgrund von Änderungen in der lokalen atmosphärischen Zirkulation jedoch spürbar zurückgegangen.

6. Paläoklimatische Untersuchungen der Antarktis zeigen, dass der gegenwärtige globale Klimaschock erdgeschichtlich ungewöhnlich ist.

a.
Untersuchungen an Eisbohrkernen zeigen, dass die atmosphärischen Konzentrationen von CO2 und Methan so hoch sind wie nie zuvor in den letzten 800.000 Jahren. Und sie steigen in einer Geschwindigkeit, wie es in der jüngeren geologischen Geschichte wahrscheinlich noch nie vorgekommen ist.

b.
Geologische Daten aus der fernen Vergangenheit zeigen, dass hohe atmosphärische CO2-Konzentrationen zu gemässigtem Klima, vergänglichen Eisschilden, Veränderungen des Meeresspiegels in der Grössenordnung von Dutzenden Metern und dem Ausgasen von Methanhydraten führten.

c.
Die Antarktis war in der letzten Warmzeit (vor 130.000 Jahren) wärmer und der Meeresspiegel lag höher als heute. Der Anteil, den die westliche Antarktis an dieser Erhöhung hatte, ist derzeit noch nicht bekannt.

d.
In den geologischen Datensätzen der letzten 11.000 Jahre gingen warme Perioden mit schnellen Eisverlusten, Veränderungen in der ozeanischen Zirkulation und gestiegener biologischer Produktion einher.

e.
Sedimentuntersuchungen unter kürzlich zerfallenen Schelfeisgebieten lassen vermuten, dass die gegenwärtigen Schelfeisverluste in den letzten tausenden von Jahren ohne Beispiel sind.

f.
Untersuchungen an Eisbohrkernen zeigen, dass sich die atmosphärischen Zirkulationsmuster über der Antarktis und dem Südlichen Ozean, darunter das Tief über dem Amundsenmeer und die westlichen Winde, in ihrer Intensität und Position in den letzten 11.000 Jahren innerhalb von Jahren bis Jahrzehnten mehrfach abrupt verändert haben.

7. Mit dem Meereis verbundene Komponenten mariner Ökosysteme wie Krill und Pinguine reagieren deutlich auf den Klimawandel.

a.
Der Verlust von Meereis westlich der Antarktischen Halbinsel hat zu Veränderungen im Algenwachstum und zu einer Verlagerung von grossen zu kleineren Arten geführt.

b.
Die Bestände an Krill (einer krabbenähnlichen Schlüsselart im antarktischen Nahrungsnetz) haben dadurch wesentlich abgenommen.

c.
Die Verbreitung von Adéliepinguinen hat sich verändert. Populationen im Norden der Antarktischen Halbinsel sind aufgrund kürzerer Meereisbedeckung und Verschlechterung der Nahrungsversorgung zurückgegangen. Im Rossmeer und in der Ost-Antarktis hingegen sind sie stabil geblieben oder haben sogar zugenommen.

d.
Die Folgen des historischen Walfanges und der Fischerei verringern die Möglichkeit, den Einfluss klimatischer Änderungen auf Krill, Robben und Wale vollständig zu verstehen.

e.
Es ist allerdings vorhersehbar, dass die Bestände einiger Walarten sich nicht vom Walfang erholen können, wenn die Krillbestände auf niedrigem Niveau bleiben.

8. Bei einer angenommenen Verdopplung der Treibhausgaskonzentrationen im Laufe des Jahrhunderts wird sich die Antarktis voraussichtlich um etwa 3° Celsius erwärmen.

a.
Im späten 21. Jahrhundert wird sich das Ozonloch vermutlich geschlossen, die Treibhausgaskonzentration zur gleichen Zeit jedoch erhöht haben.

b.
Als Nettoeffekt werden die Winde über dem Südlichen Ozean in den meisten Jahreszeiten voraussichtlich zunehmen.

c.
Die Meereisbedeckung rund um den antarktischen Kontinent wird vermutlich um ein Drittel schrumpfen, wodurch sich die Produktivität pflanzlichen Planktons erhöht.

d.
Die prognostizierte Temperaturanstieg um 3 °C reicht nicht aus, um Abschmelzprozesse auf dem Grossteil des Eisschildes zu verursachen.

e.
Vermehrter Schneefall über dem gesamten Kontinent wird den Meeresspiegelanstieg um einige Zentimeter verringern.

9. Die Westantarktis könnte im laufenden Jahrhundert erheblich zum Meeresspiegelanstieg beitragen.
a.
Verluste am westantarktischen Eisschild werden bis zum Jahr 2100

b.
wahrscheinlich einige Dezimeter zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen. Insgesamt wird bis zum Jahr 2100 ein Meeresspiegelanstieg von bis zu 1,4 Meter prognostiziert.

10. In Modellen ist eine verbesserte Darstellung polarer Prozesse notwendig, um Klimaprognosen weiter verfeinern zu können.

a.
Höher aufgelöste globale Modelle, regionale Klimamodelle sowie Ökosystem-und Eisschildmodelle werden gebraucht.

b.
Klimamodelle benötigen eine bessere Simulation polarspezifischer Prozesse wie die Meereisdynamik oder die Vorgänge in der sehr stabilen planetaren Grenzschicht der Atmosphäre.

c.
Die Klimaschwankungen sind in den Polarregionen grösser als in anderen Teilen der Welt. Polargebiete müssen deshalb sehr viel besser beobachtet und die Klimageschichte im Detail besser verstanden werden,....


.... um zwischen natürlichen und anthropogen verursachten Klimaschwankungen unterscheiden zu können.

d.
Es ist dringend notwendig, marine und terrestrische biologische Monitoringprogramme mit der Perspektive aufzubauen, Änderungen in der Vergangenheit zu verstehen, Langzeitdaten über mehrere Jahrzehnte zu erheben und die Wechselwirkungen zwischen physikalischen und biologischen Veränderungen zu erfassen.

e.
Es gibt einen grossen Bedarf an weiteren Beobachtungsprogrammen und Modellierungsvorhaben, die sowohl intradisziplinär als auch disziplinübergreifend ausgerichtet sein müssen.

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Dezember 2009

nach oben

Weiterführende Informationen
Schmilzt das Eis an den Polen der Erde? Eis- und Klimaforschung in der Antarktis
Rückzug des westantarktischen Eisschildes
UNEP-Bericht 2007 "Schnee und Eis 2007" European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA)
Antarktis: Eis- und Klimaforschung
Klimawandel: Pinguine in Gefahr
Gefahren durch auftauenden Permafrost Meeresströmungen - Golfstrom
Alpen: Eiskerne zur Klimarekonstruktion Dem Klima auf der Spur
Antarktis: Treibhausgase im Eis Antarktis: Bilder von Eisbohrkernen
Gletscher in der Pine-Island Bay

nach oben

Links
Externe Links
Klima
vorangehende Seite