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Gletscher geben ihr Wasser genau dann frei, wenn wir es am dringendsten brauchen: im trockenen, heissen Sommer. Eine Studie der Universität Freiburg zeigt nun, dass dieser Effekt nicht nur in den Alpentälern, sondern für ganz Europa wichtig ist. Entsprechend weitreichend sind auch die Konsequenzen der voranschreitenden Gletscherschmelze.

Seit Jahrhunderten stellen Gletscher im Wallis die Wasserversorgung sicher. In sorgfältig angelegten Kanälen (Suonen - siehe auch RAOnline Schweiz: Crans-Montana: Suone von Tsittoret)wird das kostbare Nass von den Gletscher-Bergen in die Dörfer geleitet und sorgt dafür, dass auch in den Sommermonaten genügend Wasser zur Verfügung steht, um die Felder zu bewässern. Matthias Huss, Oberassistent am Departement für Geowissenschaften der Universität Freiburg, hat den Beitrag der Alpengletscher zum Abfluss der vier grossen Flüsse Zentraleuropas - Rhein, Rhone, Donau und Po - analysiert und dabei festgestellt, dass die Gletscher weit über den Alpenraum hinaus für genügend Wasser sorgen.

Gletscherwasser bis in die Niederlanden

Die im amerikanischen Fachjournal Water Resources Research publizierte Studie des Freiburger Forschers stützt sich auf detaillierte Daten, die auf Feldmessungen und einem Computermodell basieren und für 50 Schweizer Gletscher vorlagen. Die Daten wurden mit Abflussmessungen entlang der vier Ströme von ihrer Quelle bis zur Mündung ins Meer verglichen. Somit konnte quantifiziert werden, welcher Anteil des Abflusses in den Sommermonaten aus Gletscher-Schmelzwasser besteht. Die Resultate sind erstaunlich: Mehr als ein Viertel des Rhone-Wassers, das im August ins Mittelmeer fliesst, ist Gletscher-Schmelzwasser. Selbst in den fernen Niederlanden stammen rund sieben Prozent des Rhein-Wassers von den Alpengletschern, obwohl diese nur einen verschwindend kleinen Teil von weniger als 2 Promille des Einzugsgebietes bedecken. Würde also der Beitrag der Gletscher zur Wasserführung von Rhein, Rhone, Donau und Po fehlen, würde dies einen deutlichen Rückgang des Abflusses im Sommer bedeuten. Besonders ausgeprägt wäre dieser Effekt bei Hitzewellen, wie zum Beispiel im Sommer 2003.

Europas Wasserschlösser bald auf dem Trockenen

Mittels Klimaszenarien wurde der künftige Rückgang der Gletscher simuliert und deren Beitrag zum Abfluss bis ins Jahr 2100 berechnet. Es zeigt sich, dass die Gletscher noch etwa bis in die Mitte des 21. Jahrhunderts ins Gewicht fallende Wassermengen für den Abfluss beitragen können, da aufgrund der starken Gletscherschmelze gerade in den nächsten Jahrzehnten grosse Mengen an Wasser freigesetzt werden. Gemäss Szenarien, werden die Alpengletscher bis in 90 Jahren jedoch auf rund zehn Prozent ihrer heutigen Grösse geschrumpft sein. Die Gletschermilch wird dann kaum mehr zum Wasser in Europas Strömen beitragen können. Ein Abflussrückgang hätte entsprechend weitreichende Konsequenzen für ganz Europa, wie zum Beispiel durch Einschränkungen beim Schiffsverkehr, der Trinkwasserversorgung oder auch durch Einbussen bei der Stromproduktion in Flusskraftwerken.

Die Kenntnis des heutigen Beitrages der Gletscher zum Abfluss in Rhein, Rhone, Donau und Po kann dabei helfen, sich rechtzeitig an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen, die sich bedingt durch die Klimaänderung ergeben werden.

Originalpublikation:

Huss, M. (2011). Present and future contribution of glacier storage change to runoff from macroscale drainage basins in Europe. Water Resour. Res., 47, W07511, doi:10.1029/2010WR010299

http://www.agu.org/pubs/crossref/2011/2010WR010299.shtml

Quellen: Text Universität Freiburg (Schweiz) 2011

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