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Senegal: Gemeinsam gegen den Klimawandel kämpfen
Bericht von Fatou Sidy

Das Tal des Flusses Senegal trocknet zunehmend aus. Es ist eine der heissesten und ärmsten Gebiete Senegals. Mit Unterstützung des Fastenopfers hilft die Organisation Bamtaare der ärmsten Bevölkerungsschicht, sich der Herausforderung des Klimawandels zu stellen.

"Einst gehörte mein Mann zu den Jaargas, den grossen Viehhaltern des Dorfes", erzählt Coumba Ly mit Wehmut: "Meine Familie besitzt heute gerade noch drei Rinder und fünf Schafe. Das ist wenig."

Ly lebt in Thiama. Ihr kleines Dorf zählt 342 Einwohnerinnen und Einwohnern und liegt in einer Region Matam, im Nordosten Senegals, die allgemein als "Dreieck der Dürre" bezeichnet wird.

Coumba Ly ist hier vor 44 Jahren zur Welt gekommen. Sie stammt aus einer Viehhalterfamilie. Ihr Vater, Baba, galt im Dorf als grosser Viehhalter. Er besass eine Herde von rund 200 Tieren. "Wir vom Volk der Peul sagen nie die genaue Zahl unserer Tiere", erklärt Ly: "Gemäss Tradition und Volksglaube droht uns sonst, die gesamte Herde zu verlieren."

Baba hat 1973 einen Grossteil seines Viehs verloren. Damals machte die Gegend eine der schlimmsten Trockenheiten durch. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Thiama sahen während eines ganzen Jahres keinen einzigen Tropfen Regen. Sogar der Fluss Senegal trocknete damals aus.

Statt Buschfeuer Mandelernte: Die Frauen vom Volk der Peul gehen zusammen die Herausforderungen des Klimawandels an.

Wegen Trockenheit werden Tiere seltener trächtig

Jeden Morgen holt Coumba Ly beim Dorfbrunnen drei Eimer Wasser für sich und ihre Familie. Die 50 Liter Wasser decken den täglichen Bedarf der ganzen Familie an Wasser zum Trinken und Waschen. Insgesamt leben 11 Personen unter einem Dach: Ihr Mann Amadou, ihre fünf Kinder, drei Töchter und zwei Söhne, sowie deren Familien. Die Älteste Faty ist 24 Jahre alt, mit Kalidou verheiratet und Mutter zweier Kinder. "Faty hat mehr Glück als ihre Mutter, die nicht die Schule besuchen konnte", sagt Ly. Yaya ist 21 Jahre alt und ebenfalls verheiratet. Ramata mit 18 und Maïrame mit 16 Jahren helfen ihrer Mutter bei den täglichen Besorgungen im Haus. Iba, der Kleine ist gerade mal 12 Jahre alt und geht noch zur Schule.

Coumba Ly zusammen mit ihren Töchtern und Schwiegertochter vor ihrem Haus.
"Das Problem Nummer 1 des Dorfes ist das Wasser", erklärt Coumba Ly.

Die Knappheit an Wasser wird durch den Klimawandel weiter verschärft: "Die Niederschlagsmenge hat gefährlich abgenommen. In Thiama haben wir von Monat zu Monat weniger Wasser. Es wird immer heisser und die Bäume sterben ab."

Ly erzählt, wie die Schafe wegen der Trockenheit statt zweimal nur noch einmal im Jahr trächtig werden und wie die Zahl der Fehlgeburten zunimmt.

Auch die Kühe gebären nur noch alle zwei bis drei Jahre ein Junges: "Ein Viehhalter ist umso angesehener, je mehr Hodoowe-Kühe er in seiner Herde hat." Als Hodoowe wird eine gut gefütterte Kuh bezeichnet, die jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringt.


Die Wahl der Solidarität

Seit 2004 arbeiten die Bewohnerinnen und Bewohner Thiamas mit Bamtaare. Die Partnerorganisation des Fastenopfers begleitet rund hundert kleine Dörfer in den abgelegenen Gebieten des Nordosten Senegals, dort wo die Ärmsten leben. Thierno Ba, Koordinator von Bamtaare, erklärt: "Die Organisation Bamtaare hat ihren Ursprung in einer gemeinsamen Bewegung, die sich für das Wohlbefinden aller einsetzte, wo jeder Schritt vorwärts ein weiteren Schritt in die selbe Richtung bewirkt. Das Wort Bamtaare erinnert in der Sprache der Peul an die Notwendigkeit gemeinsam etwas aufzubauen und vorzugehen, um ein Ungleichgewicht zu vermeiden."

Diese Vorgehensweise hat Bamtaare den Bewohnerinnen und Bewohner Thiamas nahe gebracht. Coumba Ly erklärt: "Die Organisation hat mich in Kontakt mit Menschen in anderen Dörfern gebracht. Dank Bamtaare habe ich begonnen, das Dorf zu verlassen. Mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Dörfer haben wir Probleme besprochen und zusammen nach Lösungen gesucht." Beispielsweise haben die Dorfvertretungen gemeinsam den Chef für Wasserfragen aufgesucht, der für die Verteilung des Wassers in der ganzen Region zuständig ist.

"Zum ersten Mal betrat ich das Büro eines grossen Chefs", erinnert sie sich noch heute an ihren ersten Besuch: "Jetzt, da ich ihn kenne, kann ich ihm die Probleme unseres Dorfs mit dem Wasser vorbringen, ohne dass ich zuerst Bamtaare zu kontaktieren brauche." Mit Erfolg: Bald schon erhält ihr Dorf den ersehnten zweiten Brunnen.

Ly zeigt sich begeistert von der Vorgehensweise Bamtaares: "Die Organisation hat mir ermöglicht, Kontakte zu knüpfen, und steht nun beratend zur Seite."

Strategien fürs Leben

Und das Dorf begann sich gegen die Trockenheit und die Folgen des Klimawandels zu organisieren. Mit den anderen Frauen des Dorfes rief Ly eine solidarische Wiederaufforstung ins Leben: "Wir pflanzen dort Bäume, wo wir vor jedem Gebet unsere Waschungen machen. Wir Muslime reinigen uns mindestens fünf Mal täglich mit Wasser. Also haben wir uns gedacht, wir könnten das verwendete Wasser nutzen, um genau an dieser Stelle einen Baum zu pflanzen. Um ja keinen Tropfen Wasser zu verlieren! Wir pflanzen Moringa, eine Baumart, die Nutzen für unsere Ernährung aber auch die Gesundheit hat."

Ausserdem ist Coumba Ly Mitglied des Komitees gegen das Buschfeuer. Dieses Komitee von Bewohnerinnen und Bewohnern des Dorfes organisiert Kontrollgänge. Es wacht und alarmiert jedes Mal, wenn ein Feuer entzündet wird. Die Resultate liessen nicht auf sich warten: "Dieses Jahr hatten wir - wie das Jahr zuvor - kein einziges Buschfeuer. Dafür konnten wir viele Früchte sammeln, besonders Mandeln. Ein Teil der Ernte hat unsere Familien ernährt, den Rest haben wir gemeinsam einem Händler verkauft."

Knappheit und Verschuldung bekämpfen

Um der ständigen Verschuldung der Bewohnerinnen und Bewohner von Thiama während der Knappheitsperiode Soudureentgegenzutreten, hat das Dorf mit Unterstützung von Bamtaare ein Gemeinschaftsfeld angelegt sowie eine solidarische Ersparniskasse gegründet. Jeden Monat zahlt jedes Mitglied einen frei wählbaren Beitrag in eine hohle Kalebasse ein - geschützt von den Blicken der übrigen Mitglieder. So drohen keine Schande, wenn der Beitrag klein ausfällt, und auch kein Neid. Es ist der Geist der Solidarität, der die Kalebasse füllt!

Schliesslich gewähren die Mitglieder der Kasse einen Kredit an Dorfbewohnerinnen oder Dorfbewohner, die in Schwierigkeiten geraten sind. Auch Coumba Ly hat so 15'000 CFA-Francs (34 Franken) erhalten, rückzahlbar ohne Zins. "Ich gehöre zu den Glücklichsten!" Mit dem Kredit konnte sie einen kleinen Schafbock und zwei Mutterschafe kaufen: "Ich habe sie in guter Peul-Tradition grossgezogen. Das heisst das Tier zu lieben, wie den Nachbarn, es zu füttern und zu beschützen."

Schliesslich hat Ly den Schafsbock während eines grossen muslimischen Festes für 8000 CFA-Francs verkauft und einen Teil ihrer Schuld zurückbezahlt: "Die beiden Mutterschafe erwarten jetzt Junge. Nach ihrer Geburt werde ich entscheiden, wie ich weiter vorgehen werde."

Coumba Ly ist stolz, mit Bamtaare zusammenzuarbeiten: "Heute erscheint mir vieles auf dieser Welt durcheinander geraten. Es braucht Strategien, welche Landwirtschaft, Viehzucht und den Umgang mit natürlichen Ressourcen zusammenbringt, damit die Menschen in Würde und Solidarität leben und nicht die Hand zum Betteln ausstrecken müssen.

Quelle: Text Fastopfer Schweiz, 2009
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