Das "Progetto San Gottardo" soll die Wirtschaft und den Tourismus von vier Regionen in vier Kantonen in Schwung bringen. Die 4 Regionen - Kanton Uri im Norden Die Region San Gottardo Das "Wasserschloss Europas", Quelle von vier der wichtigsten Flüsse des alten Kontinents und zehn Alpenpässen bietet im Sommer Naturwunder wie den Aletsch-Gletscher (UNESCO Weltnaturerbe) und die Rheinschlucht, Meisterwerke der Mobilität wie die Furka-Dampfbahn, den Glacier-Express und die Dampfschiffe des Vierwaldstättersees sowie bewegte Geschichte mit den Schlössern von Bellinzona (UNESCO Weltnaturerbe) und der Heimat von Wilhelm Tell. Im Winter stehen sowohl sieben Skigebiete mit mehr als 550 Kilometer Skipisten als auch 200 Kilometer Langlaufloipen zur Auswahl - und dazu alles, was das Skifahrer-Herz begehrt. Die Geburt eines Projektes Der Sage nach hat der Teufel die erste Brücke über die Schöllenen-Schlucht gebaut. Als Lohn wollte er ein Menschenleben - und bekam von den cleveren Bergbewohnern des UrserenTals lediglich eine Ziege. Cleverness ist auch heute wieder von den Bergbewohnern des Gotthard gefragt. Zwar ist es nicht der Teufel höchstpersönlich, doch drohen immerhin existenzielle Gefahren. Blickt man auf die Entwicklung der Gotthard-Region als Transitregion zurück, so hat sich mit der Zeit die Geschwindigkeit und natürlich auch die Anzahl der passierenden Reisenden immer weiter beschleunigt. Heute rauschen pro Jahr etwa 73'000 Züge, 1,3 Millionen LKW und rund 5,5 Millionen PKW durch das Gebirgsmassiv, noch mehr und noch schnellere Züge sind mit der Neuen Alpen Transversale (NEAT), dem Gotthard-Basistunnel zu erwarten, der 2016 fertig sein soll. Doch je schneller die Reisenden das Gotthard-Gebiet durchqueren, desto geringer fallen Umsatz und Gewinn der Einheimischen aus. Früher profitierten sie immerhin noch vom Durchgangsverkehr, hielten die Saumwege passierbar, transportierten Reisende mit Maultieren über den Pass, betrieben Poststationen, Spitäler, Herbergen und später Hotels. Alle diese Erwerbszweige werfen heute nur noch wenig ab, denn die meisten Reisenden, Urlauber wie Geschäftsreisende, wollen so schnell wie möglich den Gotthard hinter sich lassen. Meist in Unkenntnis dessen, was sich hinter den furchteinflössenden Felsmassiven der Schöllenen-Schlucht verbirgt. Die Wende vom Dienstleister für Transitreisende hin zum touristischen Vollanbieter ist in der Gotthard-Region bisher nur unzureichend gelungen. Vor diesem Hintergrund treten deshalb seit geraumer Zeit eine rückläufige Wirtschaftsentwicklung, Abwanderungen, eine zunehmende Überalterung der Bevölkerung, die Schliessung von Läden und Restaurants sowie ungünstige Finanzkennzahlen der Gemeinden kombiniert auf. Die vier Gotthard-Anrainergebiete - das Urserental im Uri, das Alto Ticino im Tessin, die Surselva in Graubünden und das Goms im Wallis - leiden als strukturschwache, alpine Zonen. Der Lift im Berg, "Porta Alpina", PREGO In der Mitte dieses Jahrzehnts, es war um das Jahr 2005 herum, entstand die futuristische Idee der "Porta Alpina", einer unterirdischen Bahnstation im Basistunnel unterhalb von Sedrun. Erstmals brachte diese Idee die vier Kantone rund um den Gotthard zusammen, zu einer Art Gotthard-Krisengipfel. Sie, die es bisher immer gewohnt waren, in kantonalen Kategorien zu denken und zu handeln, erkannten mit einem Mal die Zeichen der Zeit. Verstärkend hinzu kam die Aufforderung des Bundes, in grösseren geografischen und zeitlichen Dimensionen zu denken - nur dann wolle man sich auch finanziell engagieren. Und so richteten die Kantone ihren Blick talaufwärts auf den Gotthard, wo sie sich im Juli 2006 zur ersten "Zukunftskonferenz" zusammenfanden und kurz darauf ein "Memorandum of Understanding" zur Gründung des "Projekts Raum und Regionalentwicklung Gotthard" (PREGO) unterzeichneten. Seitdem trifft sich alles, was kantonal Rang und Namen hat, zur jährlichen Gotthard-Konferenz im Herbst, um die Entwicklung der Region voranzutreiben. Dämpfer von SBB und Bundesrat - Charta San Gottardo entsteht So schön und verlockend die Idee einer "Porta Alpina", einem Aufzug auf halber Strecke des Basistunnels mitten hinein in die blühenden Alpenlandschaften der Surselva im Kanton Graubünden auch war - der Bundesrat stoppte das Projekt bereits im Frühjahr 2007, zumindest vorläufig. Obwohl der Lift in den Fels gestemmt und sich die Region schon gedanklich darauf vorbereitet und nicht unerheblich in die vermeintliche Zukunft investiert hatte, wollte die SBB auf ihrer schönen schnellen Tunnelstrecke keinen Zwischenstopp zulassen. Dennoch, das Potenzial einer kantonsübergreifenden Zusammenarbeit wurde von den vier Regierungen als so hoch eingeschätzt, dass sie weiterhin Strategien und Projekte für die Entwicklung des gemeinsamen Lebensund Wirtschaftsraums entwickelten. Die Ergebnisse der Zukunftskonferenzen und verschiedener Arbeitsgruppen des partizipativen Steuerungsausschusses PREGO gipfelten im Januar 2007 in einem Bericht an den Bundesrat. Mit der Verabschiedung der "Charta San Gottardo" am 1. September 2008 in Andermatt haben sich auch die Parlamentarierinnen und Parlamentarier hinter das Projekt gestellt und die Charta San Gottardo verabschiedet. Ein Leitbild für die Region So wurde die Charta San Gottardo zum Leitbild für die künftige wirtschaftliche, touristische, soziale und kulturelle Entwicklung der Gotthard-Region. Die Charta strebt eine nachhaltige Entwicklung des Gotthard-Raumes an: "Sie ist verwurzelt in ebenbürtigen Werten von Ökologie und Ökonomie und basiert auf der Vision, die eigenen Potenziale der interkantonalen Gotthard-Region zu vernetzen und zu einer Einzigartigkeit zu vereinen." Die kantonalen Parlamente als Trägerschaft der Gotthardkonferenz verpflichten sich dabei, zusammen mit den Einheimischen ein Handlungsprogramm im Sinne der Charta mit zu entwickeln und zu unterstützen. Sie anerkennen, dass die Vielfalt intakter Naturschönheiten, wuchtige, ursprüngliche, einmalige Landschaften und gleichzeitig Kulturlandschaften, Verkehrswege, Passstrassen und Bauwerke sowie eine reiche Palette von touristischen Möglichkeiten durch eine nachhaltige Entwicklung in Wert gesetzt und erschlossen werden können. Neue Regionalpolitik des Bundes (NRP) Auf der Basis des Berichtes an den Bundesrat vom Januar 2007 reichten die vier Kantone Uri, Tessin, Wallis und Graubünden im Juni 2007 ein gemeinsames, Kantonsgrenzen überschreitendes Vierjahresprogramm ein. Mit seinem interkantonalen Charakter hat es die Chance, sich im Rahmen der NRP als Pionier und Modellfall zu etablieren. Das Umsetzungsprogramm ist politisch abgestützt durch Beschlüsse der vier Kantonsregierungen und in ihre jeweiligen NRP-Umsetzungsprogramme eingebettet. Die Kantone und der Bund sehen die Wertschöpfungspotenziale der Region San Gottardo vor allem im Tourismus und in der Wasser - bzw. Energiewirtschaft: - Der Begriff Gotthard hat internationale Bekanntheit und besitzt ein hohes Markenpotenzial. - Es gibt touristische Kooperationspotenziale der rund 60 kleineren und grösseren Organisationen. - Der Gotthard bietet einzigartige, intakte Naturund Kulturlandschaften, Naturpotenziale wie Energie und Sonne, saubere Luft und ein abwechslungsreiches Klima. - Der Gotthard bietet Vielfalt an der Schnittstelle unterschiedlicher Kulturen und Sprachen. - Der Gotthard-Raum ist das Wasserschloss Europas. Vier grosse Flüsse mit europäischer Reichweite entspringen dem Gotthard-Raum. - Am Gotthard finden sich einmalige, vielfältige, ausgebaute Verkehrsinfrastrukturen im Verkehrskreuz Ost-West/Nord-Süd. Konkrete Ziele Das "San Gottardo NRP-Umsetzungsprogramm 2008-2011" ist ein erster gemeinsamer Entwicklungsschritt der vier GotthardKantone, der mittel- und längerfristig markante quantitative und qualitative Wirkungen erzielen und den Gotthard-Raum als Ganzes stärken kann. Im Einzelnen sind das ... - primär Mehrumsätze, zusätzliche Beschäftigung und Arbeitsplätze im Tourismus - daraus auch Beschäftigung in vor- und nachgelagerten Bereichen (Versorgungsbetriebe, Transport, persönliche Dienstleistungen etc.) - eine Ausstrahlungskraft, die auch für andere Wirtschaftsbereiche anziehend wirkt, beziehungsweise die auch andere Branchen für sich nutzen möchten und sich dann im Gotthard-Raum stärker positionieren oder neu ansiedeln. - mindestens Stagnation der Bevölkerungszahl ausgehend von der Beschäftigtenentwicklung über den ganzen Raum und eine Erhöhung in den Zentren. Die Projektphase 2008 bis 2011 zielt hauptsächlich auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch attraktive Tourismusleistungen ab. Dabei geht es um die Entwicklung, Bündelung und Vermarktung von Tourismusleistungen, um das Setzen von Rahmenbedingungen für die touristische Wertschöpfung, um Kommunikation und Identifikation der Einheimischen und die Entwicklung leistungsfähiger regionaler Strukturen. Das vorhandene Naturpotenzial soll beispielsweise durch buchbare Angebote besser in Wert gesetzt werden und bisher nicht genutzte Potenziale der Zusammenarbeit verschiedener Tourismusorganisationen sollen gehoben werden. "Nichts Grosses wurde an einem Tag gebaut" Bis die Region als grosses Ferienziel verstanden wird, ist noch viel Basisarbeit nötig. "Eine Destination sind wir erst, wenn die Gäste uns als solche wahrnehmen", so JeanDaniel Mudry, derzeit oberster Projektkoordinator von San Gottardo. Deshalb wurden Sommer und Winterkarten der ganzen Region herausgegeben. Es gibt einen Verkehrsverbund und Ermässigungskarten für touristische Bahnen. Im Aufbau, aber schon fast abgeschlossen, sind eine Veranstaltungsagenda und eine Buchungsplattform, auf der man seine Gotthard-Ferien individuell zusammenstellen kann. Die Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs sollen harmonisiert und alle Pässe im Frühling möglichst gleichzeitig geöffnet werden. Den ersten Verkehrsweg am Gotthard baute der Teufel der Sage nach über Nacht. Mudry weiss, dass die Verwandlung vom Durchgangsraum zur Destination nicht so schnell geht. Noch nie wurde eine Landschaft in einem bewussten Prozess so umgeprägt wie jetzt der Gotthard. "Aber", sagt er, "nichts Grosses wurde an einem Tag gebaut." Regio San Gottardo Das "Projekt San Gottardo" will das Potenzial der Gotthardkantone Uri, Graubünden, Wallis und Tessin verdeutlichen, die vielfältigen touristischen Initiativen bündeln und über die Kantonsgrenzen hinaus erschliessen. Im Zentrum steht der Aufbau übergreifender touristischer Strukturen und vernetzter Angebote.
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