Die guten wirtschaftlichen Ergebnisse im Jahr 2013 sollten nicht darüber hinweg täuschen, dass die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft weiterhin vor grossen Herausforderungen steht, sagte der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), Bernard Lehmann, bei der Präsentation des Agrarberichts 2013 am 17. November 2014 in Bern. Das Umfeld der Landwirtschaft könne sich in den nächsten Jahren stark wandeln, was zweckmässige Antworten seitens der Land- und Ernährungswirtschaft erforderlich machen könne. 2013 sei wirtschaftlich für die Bäuerinnen und Bauern ein erfolgreiches Jahr gewesen, stellte Bernard Lehmann fest. Auf das neue Direktzahlungssystem, das seit dem 1. Januar 2014 in Kraft ist, habe die Landwirtschaft gut reagiert. Auch wenn die Agrarpolitik derzeit geprägt sei von der Umsetzung der Agrarpolitik 2014-2017, müsse man sich aber Gedanken machen, in welche Richtung die Landwirtschaft in der Zukunft den Herausforderungen begegnen soll. Herausforderungen sieht Lehmann insbesondere bei der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext, bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie beim zu engen unternehmerischen Freiraum. Die Rolle der Agrarpolitik sei es, die Landwirtschaft auf dem Weg in die Zukunft zielführend zu unterstützen, betonte er. Der Agrarbericht 2014 gibt wieder einen Überblick über die Lage der Schweizer Landwirtschaft in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Soziales / Gesellschaft und Ökologie. Er zeigt zudem die Veränderungen bei den agrarpolitischen Instrumenten und behandelt internationale Themen. • Gesundheit der Landwirte und Bäuerinnen Bilanz bei den Landwirten durchzogen, bei den Bäuerinnen überwiegend positiv Die Herausforderungen für die Landwirtschaft haben zugenommen. Haben sich diese Veränderungen der beruflichen Belastung auch in den gesundheitlichen Entwicklungen niedergeschlagen? Die Gesundheitsbefragung 2012 des Bundesamts für Statistik BFS zeigt, dass bei den Landwirten die psychische Belastung ("hohe" sowie "mittlere") insgesamt zugenommen hat. Dasselbe gilt auch für die Bäuerinnen. Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ist aber die psychische Belastung vonLandwirten und Bäuerinnen tiefer. Unter der höchsten psychischen Belastung litten die befragten Frauen der Vergleichsgruppe, den niedrigsten Anteil an "hoher" psychischer Belastung wiesen 2012 die Bäuerinnen aus. 2012 waren die Landwirte insgesamt am wenigsten von Schlafstörungen betroffen. Frauen leiden allgemein häufiger unter Schlafstörungen: So traten denn auch bei rund einem Drittel der befragten Bäuerinnen und übrigen Frauen stärkere oder leichtere Ein- und Durchschlafstörungen auf, am häufigsten bei der Vergleichsgruppe Frauen. Bei den Landwirten und Bäuerinnen sind im Zeitraum 2002 bis 2012 die "starken" Schlafstörungen etwas gestiegen, ebenso bei den übrigen Frauen. Bei der Vergleichsgruppe Männer haben diese hingegen abgenommen. Der Schmerzmittelkonsum insgesamt ("täglich" und "1- bis mehrmals pro Woche") war 2012 bei der befragten bäuerlichen Bevölkerung tiefer als jener der entsprechenden Vergleichsgruppe. Am tiefsten lag die Einnahme von Schmerzmitteln 2012 bei den Landwirten. Der Konsum von Schmerzmitteln war 2012 sowohl bei den untersuchten Männern als auch bei den Frauen höher als zehn Jahre zuvor. Das Bundesamt für Statistik (BFS) führt alle fünf Jahre eine Gesundheitsbefragung in der Schweiz durch. Befragt werden zufällig ausgewählte Personen aus der Bevölkerung, darunter auch Bäuerinnen und Landwirte. Erhoben werden unter anderem Daten zum Gesundheitszustand und zur Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems. Die drei letzten Erhebungen fanden 2002, 2007 und 2012 statt. • Zeitbudgetstudie Zeitaufwand von Bäuerinnen und Landwirten hat sich deutlich verringert Der wöchentliche Zeitaufwand der Bäuerinnen ging zwischen 1974 und 2011 von gut 78 auf knapp 65 Stunden zurück. Er reduzierte sich insbesondere für den Haushalt von 45 auf 25 Stunden pro Woche. Der Zeitaufwand für den landwirtschaftlichen Betrieb ging ebenfalls um rund ein Viertel zurück, von 20 auf 15 Stunden pro Woche. Bäuerinnen wendeten 2011 im Durchschnitt 2 Stunden pro Woche für landwirtschaftsnahe Tätigkeiten auf, diese wurden 1974 nicht separat ausgewiesen. Ihr Zeitaufwand für die Administration nahm seit 1974 etwas zu (+1,6 h pro Woche), ebenso für die Erziehung der Kinder (+1,7 h pro Woche). Deutlich zugenommen von 1,5 auf 8,5 Stunden pro Woche hat der Zeitaufwand der Bäuerinnen für ihre ausserbetriebliche Erwerbstätigkeit. Bei den Betriebsleitern ging der durchschnittliche wöchentliche Zeitaufwand ebenfalls stark zurück, und zwar von knapp 78 auf unter 66 Stunden. Reduziert hat sich vor allem der zeitliche Aufwand fürdie landwirtschaftlichen Arbeiten, nämlich von 66 auf rund 50 Stunden pro Woche. Auch die Administration nahm von 3,5 auf gut 2 Stunden pro Woche ab. Zugenommen um 2 Stunden auf 8 Stunden pro Woche hat hingegen der Aufwand für die ausserbetriebliche Erwerbstätigkeit. Für die Erziehung wendeten die Betriebsleiter 2011 pro Woche 3 Stunden auf, 1974 waren es mit rund 0,5 Stunden deutlich weniger. Die Forschungsanstalt Agroscope führte 1974 und 2011 Zeitbudgeterhebungen auf Landwirtschaftsbetrieben durch. Diese Erhebungen dokumentieren den mittleren Zeitaufwand für einzelne Tätigkeitsfelder und Arbeiten, welche die Bäuerin, ihr Partner (Betriebsleiter) und andere Personen auf dem Hof ausführen. 2011 nahmen 179 Bäuerinnen von bäuerlichen Familienbetrieben an dieser detaillierten Zeiterfassung teil. • Phosphor Landwirtschaftliche Phosphor-Überschüsse seit den neunziger Jahren stark gesunken Die Entwicklung beim Phosphor zeigt, dass der P-Input zwischen 1990 und 2012 um fast die Hälfte abgenommen hat, und zwar von rund 26 000 Tonnen auf etwa 15 000 Tonnen. Die Mineraldüngerzufuhr ist vor allem in den neunziger Jahren massiv zurückgegangen. Im Jahr 2012 betrug sie mit rund 4 700 Tonnen zwei Drittel weniger als noch 1990 (16 600 t). Der Einsatz von Recyclingdüngern sank markant vor allem weil zu Beginn des Jahrtausends die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft verboten wurde. Auf der anderen Seite haben die importierten Futtermittel seit Mitte der neunziger Jahre stark zugenommen. Sie dominieren seit 2000 den P-Input in der Schweizer Landwirtschaft und liegen heute auf einer Höhe von rund 8 600 Tonnen. Der P-Output nahm in der untersuchten Periode von rund 5 500 Tonnen auf knapp 9 000 Tonnen zu. Der grösste Teil des Anstiegs ist allerdings darauf zurückzuführen, dass seit Mitte der neunziger Jahre tierische Abfälle ausserhalb der Landwirtschaft entsorgt (verbrannt) werden müssen und daher aus der Landwirtschaft gelten. Die P-Effizienz konnte zwischen 1990/92 und 2010/12 von knapp 22 auf 60 Prozent gesteigert wer.den. Allerdings muss gesagt werden, dass die Effizienz insbesondere in den neunziger Jahren stark verbessert werden konnte. Seit der Jahrtausendwende hat sich diese Entwicklung deutlich abgeschwächt. In absoluten Zahlen hat der jährliche P-Überschuss zwischen 1990/92 und 2010/12 von rund 20 200 Tonnen auf rund 5 900 Tonnen abgenommen. Aufsummiert über die Zeit ergibt das einen Überschuss von mehr als 200 000 Tonnen Phosphor. Gemäss Agrarpolitik 2014–2017 soll die P-Effizienz bis 2017 auf 68 Prozent verbessert werden und der jährliche P-Überschuss auf 4 000 Tonnen Phosphor abnehmen. Die Entwicklung der P-Bilanz der schweizerischen Landwirtschaft über die Jahre wird anhand der Hoftorbilanz nach OSPAR (Oslo-Paris-Kommission zum Schutz der Nordsee und des Nordostat.lantiks) analysiert. Bei dieser Bilanzierungsmethode betrachtet man die gesamte Landwirtschaft der Schweiz als ein einziger Betrieb. Als Input gilt alles, was von aussen in diesen «Betrieb» gelangt, also z.B. die importierten Futtermittel, nicht jedoch die in der einheimischen Landwirtschaft selbst produzierten Futtermittel. Die Hofdünger werden ebenfalls nicht dazu gezählt, da sie in der Landwirtschaft selbst anfallen. Auf der Seite des Outputs wird die aus der Landwirtschaft wegge.führte P-Menge erfasst, die vor allem in Form von pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln an.fällt. Nicht berücksichtigt werden hingegen die im Futter- und Ackerbau produzierten Futtermittel, die in der Landwirtschaft verbleiben. Phosphorgehalte der Seen seit den siebziger Jahren stark rückläufig Der P-Gehalt in den Seen ist ein wichtiger Indikator für die Beurteilung der Wasserqualität. Hohe P-Gehalte in Seen fördern die Produktion von Biomasse. Beim Abbau der abgestorbenen Biomasse wird Sauerstoff verbraucht. Ein Überschuss an Biomasse führt so zu Sauerstoffmangel im Tiefenwasser oder an der Sedimentoberfläche. Phosphor gelangt grundsätzlich auf zwei Wegen in die Seen, entweder über Punktquellen (Kläranlagen, Industrie, Haushalte, Regenentlastungen der Kanalisationen) oder über diffuse Quellen (Landwirtschaft, Wald und Atmosphäre). Weil deutlich über 95 Prozent der Punktquellen in Kläranlagen behandelt werden und insbesondere der darin enthaltene Phosphor zu einem sehr hohen Grad aus dem Abwasser entfernt wird, sowie weil seit 1986 die Verwendung von Phosphat in Textilwaschmitteln verboten ist, haben die P-Einträge in die Seen und die P-Gehalte in den Seen seit Mitte der siebziger Jahre stark abgenommen. Auch die P-Einträge aus der Landwirtschaft haben abgenommen, allerdings nicht in gleichem Ausmass. • Boden Langfristige Fruchtbarkeit von landwirtschaftlichen Böden in der Schweiz fraglich In der Schweiz sind landwirtschaftlich genutzte Böden nicht nur in ihrer Fläche bedroht, sondern auch in ihrer langfristigen Fruchtbarkeit. Die Erosion, die Verdichtung aber auch die Schwermetallbelastung und den Humusgehalt haben eine grossen Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit. Durch den Einsatz von Futterzusatzstoffen und Pestiziden ergeben sich auf den entsprechend spezia.lisierten Betrieben oft Schwermetalleinträge in den Boden. Die Entwicklung der Schwermetallgehalte über die letzten 20 Jahre ist gesamthaft erfreulich. So nahmen die Gehalte von Blei und Quecksilber im Oberboden seit den achtziger Jahren deutlich ab. Schwermetalle werden im Boden allerdings nicht abgebaut, sie werden lediglich verlagert oder wegtransportiert – in tiefere Bodenhorizonte, partikelge.bunden in die Gewässer oder mit dem Erntegut. Abnehmende Gehalte bedeuten, dass die Einträge in den Boden im Vergleich zu den achtziger Jahren abgenommen haben, die damals getroffenen Mass.nahmen zur Luftreinhaltung sowie das Verbot, Klärschlamm auf die Felder auszubringen, zeigen Wir.kung. Auch beim Cadmium nahmen die atmosphärischen Einträge deutlich ab, die Gehalte im Boden sind jedoch konstant geblieben. Die Ursachen dafür sind unklar; allerdings weisen die Standorte der nationalen Bodenbeobachtung seit jeher tiefe Cadmiumgehalte auf, sodass Abnahmen der Gehalte im Boden bei diesem Element schwierig zu detektieren sind. Bei Zink und Kupfer hingegen erfolgten an einigen Standorten deutliche Zunahmen. Diese Zunahmen treten vorwiegend unter intensiv genutztem Grasland auf. Die Bewirtschaftungsdaten zeigen, dass auf den betroffenen Parzellen grosse Mengen an Hofdünger ausgebracht wurden. Stoffflussbilanzierungen ergeben, dass Zink und Kupfer dort grösstenteils als Bestandteil des Hofdüngers in den Boden gelangten. Auch die Humusbilanz zeigt auf gewissen Betrieben, vor allem Ackerbaubetrieben ohne oder mit ge.ringer Tierhaltung, eine Tendenz zum Humusabbau, welche langfristig zu einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit führen kann. • Einkommen in der Landwirtschaft Landwirtschaftliche Einkommen und Sektoreinkommen 2013 höher als im Vorjahr 2013 erwirtschafteten die Betriebe im Schnitt ein landwirtschaftliches Einkommen von gut 61 000 Franken, das sind 9,7 Prozent mehr als im Vorjahr (vgl. Grafik 8). Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen war mit rund 27 100 Franken ebenfalls um gut 1 Prozent höher als 2012. In der Summe er.reichten die Betriebe ein Gesamteinkommen von rund 88 500 Franken, das sind rund 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Im elfjährigen Vergleich 2000/02–2011/13 zeigt sich, dass die Betriebe ihr landwirtschaftliches Einkommen um rund 5 Prozent und ihr ausserlandwirtschaftliches Einkommen um 43 Prozent verbessert haben. Im Endeffekt konnten die Betriebe in diesen elf Jahren ihr Gesamteinkom.men um 14 Prozent erhöhen. Der gesamte Landwirtschaftssektor erreichte 2013 ein Einkommen von 2,939 Milliarden Franken. Das entspricht einer Steigerung um 189 Millionen Franken oder 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2013 war die Erzeugung 113 Millionen Franken höher als 2012 und gleichzeitig die Kosten 81 Millionen Franken tiefer. Verantwortlich für die höhere Erzeugung 2013 waren die guten Ergebnisse bei der tierischen Produktion (+417 Mio. Fr.). Zugenommen haben auch die landwirtschaftlichen Dienstleistungen (+5 Mio. Fr.) und die Nichtlandwirtschaftlichen Nebentätigkeiten (+16 Mio. Fr.). Die pflanzliche Erzeugung hingegen verzeichnete ein Minus von 325 Millionen Franken. Bei den Kosten waren 2013 insbesondere die Ausgaben für die Vorleistungen um 58 Millionen Franken tiefer als 2012. Im Vergleich zum Dreijahresmittel 2000/02 war das Einkommen des Landwirtschaftssektors in den Jahren 2011/13 rund 360 Millionen Franken tiefer. Laut Schätzungen dürfte jedoch das Sektoreinkommen im laufenden Jahr wieder um rund 360 Millionen Franken höher ausfallen als 2013 und somit beinahe die Grenze von 3,3 Milliarden Franken erreichen.
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