Erkundungsreise von Kathmandu nach Charikot und Singati (Dolakha Distrikt) Abschnitt Charikot - Dolakha - Nagdah Wir verlassen die Fahrstrasse und machen uns zu Fuss auf den Weg durch die Felder und die Wälder nach Singati. Seit dem Hauptbeben im Mai 2015 haben die spärlichen Monsunregenfälle das Wachstum des Vegetation kräftig vorangetrieben. Aus den Trümmern der eingestürzten Häuser der verlassenen Siedlungen wachsen Gräser und teilweise mannshohe Büsche. Bei diesem Anblick könnte man meinen, als ob die Trümmerhaufen seit Jahren unberührt am Wegrand liegen würden. Auf den Terrassen an den Talhängen sind die Reispflanze während der Monsunsaison zu einem goldenen Gelb herangereift. Die Menschen stehen in ihren Reiskulturen und ernten mit ihren Sicheln den Reis, die Lebensgrundlage für das bevorstehende Winterhalbjahr. Das Elend der Menschen versteckt sich hinter der Üppigkeit der Natur. Bäume verdecken teilweise die Trümmerhaufen und die Notunterkünfte. Die Menschen, welche uns auf den Pfaden begegnen, sind freundlich und offen für ein "Gespräch" mit Gebärden und Gesichtsausdrücken. Stilles Lachen und listiges Schmunzeln begleitet oft ihre Ausführungen in Nepali, der Sprache der Einheimischen. Die meisten Einheimischen befinden sich Ende Oktober in Festlaune. Sie feiern das Dashain-Fest und besuchen ihre Verwandten in Nah und Fern. Da passt die Begegnung mit zwei "Langnasen" gut zu ihrer aufgeräumten Stimmung. Die Landschaft und die Menschen lassen uns oft vergessen, welches Elend über diesen Menschen lastet und wie entbehrungsreich sich ihr Alltag gestaltet. Old Dolakha Auf dem Abstieg hinunter nach Nagdha am Flusslauf des Tama Koshis durchqueren wir als erste Siedlung das alte Dolakha. Wir kennen den Ortsteil von Dolakha von unseren früheren Besuchen. Nur, das alte Dolakha ist nicht mehr jene Siedlung, welche uns durch seine alten Tempel, Stupas und Häuserzeilen stets beeindruckt hat. Der Ortsteil wurde stark beschädigt. Zahlreiche Häuser stehen noch. Viele Gebäude sind jedoch einsturzgefährdet und daher unbewohnbar. Die Aussenmauern scheinen für die Betrachter unversehrt. Im Innern sind allerdings die Wände kollabiert. Viele der mit der traditionellen Baumethode errichteten Gebäude bestehen aus einem Doppelmauerwerk aus aufgeschichteten mit Lehm gebundenen Ziegelsteinen oder zurecht geschlagenen Natursteinen. Die Lücke zwischen den beiden Mauern wird oft mit Schutt gefüllt. Die bekannten, alten Häuserzeilen sind eingestürzt. Der Trümmerschutt wurde oft schon weggeräumt. Es klaffen Löcher, wo früher Läden und Wohnhäuser standen. Das ehemals dreistöckige Schulgebäude ist verschwunden. Dort, wo sich vor drei Jahren noch Schulkinder in ihren hellblauen Schuluniformen tummelten, weiden jetzt ein paar Ziegen. Der Tripurasundari-Tempel, welchem der ehemalige König jährlich seine Referenz erwies, ist in sich zusammengefallen. An seinem Fuss wurde bereits ein viel kleinerer, aber viel auffälliger Neubau errichtet. Die verschiedenen Stupas im Swoyambhunath-Stil haben die Erderschütterungen eingermassen gut überstanden. Ihre Umgebung ist zu Trümmern zerfallen. Abschnitt Charikot - Dolakah - Nagdah Nagdah Je weiter wir uns von der Strasse entfernen, desto weniger Merkmale von Hilfslieferungen können wir entdecken. Die blauen Abdeckplanen der Hilfsorganisationen fehlen unten am Fluss auf den Dächern der Häuser und Hütten. In Strassennähe hat die Hilfsorganisation IOM an einigen Stellen mit Bulldozern Flächen planiert, worauf die Erdbebengeschädigten ihre Hütten errichten konnten. Der Besitzer eines Imbissstandes unten am Tama Koshi zeigt uns das Essgeschirr, welches vom Roten Kreuz gespendet wurde. Wir haben den Eindruck, dass die Menschen hier unten in Flussnähe nur wenig bis gar keine Hilfe erhalten haben. Einheimische sagen uns, dass die meisten Talbewohner über der Verteilung von Hilfsgütern nicht informiert waren. Die Bulldozer der IOM konnten nicht zum Flusslauf hinunterfahren. Es gibt an diesem Flussabschnitt keine befahrbaren Strassen.
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