Frauen hinken bei Zugang, Nutzung und Fähigkeiten hinterher In den letzten zwei Jahren hat sich erneut ein Gender-Gap aufgetan: Der Internet-Zugang ist bei Männern gestiegen, nicht aber bei Frauen. Letztere liegen auch bei der mobilen Nutzung hinten (58% vs. 67%) und verzeichnen eine geringe Nutzungsintensität. 22 von 100 Schweizerinnen sind weniger als 5 Stunden pro Woche online - doppelt so viele wie bei den Männern. Auch haben sich die Internet-Fähigkeiten der Frauen laut Selbsteinschätzung deutlicher verschlechtert als jene der Männer: 41% der Frauen (2013: 27%) stufen ihre Fähigkeiten mit schlecht oder ausreichend ein. Bei Männern ist dies nur rund ein Viertel. «Das ist problematisch, weil wir aus den Daten gleichzeitig sehen, dass schlechte Internet-Fähigkeiten damit korrespondieren, dass man sich weniger der Informationsgesellschaft zugehörig fühlt und auch weniger gut aktiven Daten(selbst)schutz betreibt», erklärt Prof. Michael Latzer. Nutzungszeit verdoppelt, mobile Verwendung verdreifacht Mit durchschnittlich 22 Stunden pro Woche bewegen sich Herr und Frau Schweizer mehr als doppelt so lange im Netz als noch im 2011. 72% der Internetnutzer sind auch unterwegs online - rund dreimal so viele wie noch 2011 (26%).
Internet erstmals wichtigste Informationsquelle Das Internet ist erstmals die wichtigste Informationsquelle der Schweizer Bevölkerung. Printmedien, Radio und Fernsehen liegen deutlich zurück. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung halten die Hälfte der Internetinhalte für glaubwürdig, vor allem jene der SRG, von Kaufzeitungen und Behörden. Inhalte sozialer Online-Netzwerke geniessen vor allem bei Jüngeren nur geringes Vertrauen. Alle Informationsquellen, auch Webseiten, verzeichnen im Jahresvergleich einen Glaubwürdigkeitsverlust. Service-Public-Auftrag auch in Zeiten des Internets wichtig Zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung stimmen der Aussage zu, dass ein Service-Public-Auftrag auch in Zeiten des Internet wichtig sei (67%). 38% stimmen dieser Aussage sogar stark zu. Im Tessin, bei höherem Alter, Einkommen und Bildungsgrad sowie bei Männern ist die Wertschätzung des Service Public höher. Weniger Zustimmung erfährt die Auftragserfüllung: 44% finden, dass die SRG diesen Auftrag sehr gut erfüllt, 13% stimmen stark zu. 20- bis 29-Jährige am wenigsten (8% starke Zustimmung) und Männer insgesamt mehr als Frauen. Grosse Zweifel punkto digitaler Demokratisierung Die politische Informationssuche im Netz (43% der Bevölkerung) steigt seit 2011 stärker als die Diskussionsbeteiligung (6%) oder digitale Protestaktivitäten (5%). Politische Debatten werden hingegen nach wie vor lieber ausschliesslich offline (67%) als online (7%) geführt. Die Skepsis gegenüber einer steigenden Demokratisierung durch das Internet verringert sich seit 2011, überwiegt jedoch insgesamt nach wie vor. Der stärkste positive Effekt des Internets wird weiterhin im besseren Verständnis der Politik vermutet (42% Zustimmung). Skepsis bezüglich freier Meinungsäusserung steigt Im Allgemeinen fühlen sich weniger Befragte wohl dabei, alles über Politik zu sagen, was sie denken (45%, -6 Prozentpunkte seit 2013). Auch im Netz nimmt die Skepsis bezüglich der freien Meinungsäusserung im Jahresvergleich zu. Deutlich mehr Leute als 2013 glauben, dass es im Internet nicht sicher ist, alles zu sagen, was man über Politik denkt (63%, +15 Prozentpunkte). Dennoch sprechen sich Internet-Nutzer im Jahr 2015 deutlich stärker dafür aus, dass man im Internet seine Regierung frei kritisieren (55%, +9 Prozentpunkte) darf. Freie Meinungsäusserung im Internet wird von den 20- bis 29-Jährigen am stärksten befürwortet. Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ist besorgt, dass Unternehmen ihre Privatsphäre online verletzen. Die Besorgnis über Datenschutzverletzungen durch die Regierung liegt mit 40% tiefer. Bei den 14- bis 19-Jährigen ist die Besorgnis stark angestiegen, bleibt aber auf tieferem Niveau als bei Älteren. Eine grosse Mehrheit (82%) gibt an, sehr auf den Schutz der eigenen Privatsphäre zu achten. Die älteste und die jüngste Altersgruppe, Wenig-Nutzer und jene mit schlechten Fähigkeiten glauben interessanterweise am meisten daran, ihre Privatsphäre online kontrollieren zu können. World Internet Project Das World Internet Project (WIP) ist eine vergleichende Langzeitstudie und erfasst in 30 Ländern die Verbreitung und Nutzung des Internets im internationalen Vergleich und analysiert soziale, politische und ökonomische Implikationen der Netzentwicklung. Das WIP-CH-Projekt wird von der Abteilung Medienwandel & Innovation des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung (IPMZ) der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Michael Latzer seit 2011 durchgeführt und basiert auf einer repräsentativen telefonischen Befragung von 1121 Personen im Alter von 14 bis 84 Jahren, die im Mai/Juni 2015 vom LINK-Institut durchgeführt wurde. Mitglieder des Projektteams sind Moritz Büchi, Natascha Just und Noemi Festic. Das WIP-CH-Projekt wird vom Dekanat der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich und vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) unterstützt. Alle Themenberichte finden Sie auf www.mediachange.ch zum Download.
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