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Wie überlebt Krill den Winter in der Antarktis? |
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Forscher des Alfred-Wegener-Instituts konnten gemeinsam mit internationalen Kollegen erstmals Verteilung und Verhalten von jungem Krill unter dem winterlichen Meereis der Antarktis beobachten.
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Um den Lebenszyklus dieser ökologisch sehr bedeutenden Art zu entschlüsseln, waren 51 Wissenschaftler und Techniker sowie 44 Besatzungsmitglieder 63 Tage mit dem Forschungseisbrecher Polarstern im Weddellmeer unterwegs.
Die in Punta Arenas (Chile) gestartete Expedition endet am 16. Oktober 2013 in Kapstadt (Südafrika). Jeden Winter bildet das Meereis rund um die Antarktis auf einer Fläche von rund 19 Millionen Quadratkilometer eine feste Oberfläche. Dieses Gebiet ist damit fast doppelt so gross wie die USA, jedoch wegen seiner Abgelegenheit und der unwirtlichen Bedingungen im Winter ein nahezu weisser Fleck auf der Forschungslandkarte.
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Die Polarstern ist eines der wenigen Schiffe weltweit, das auch im Winter in diese Region vordringen kann - und so in der Lage ist, eines der grossen Rätsel der Antarktisbiologie aufzuklären: Wie überlebt Krill den Winter, wenn es im Wasser scheinbar kaum Nahrung gibt?
Der Antarktische Krill (Euphausia superba) ist eine garnelenähnliche Krebsart und spielt eine Schlüsselrolle im gesamten antarktischen Ökosystem. Um ihn in der eisbedeckten Antarktis unter dem Meereis aufzuspüren und genau zu erforschen, hat Expeditionsleiterin Dr. Bettina Meyer vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), ein internationales Expertenteam zusammengestellt. Es besteht neben AWI-Kollegen aus Forschern der Australischen Antarktisdivision (AAD), dem Südafrikanischen Department für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei (DAFF), dem Südafrikanischen Environmental Observation Network (SAEON) sowie den Südafrikanischen Universitäten von Grahamstown, Kapstadt und Stellenbosch und der Universität Istanbul (Türkei).
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"Der Krill hat zusammengenommen vermutlich die höchste Biomasse aller wildlebenden Tiere auf der Welt," sagt AWI-Biologin Meyer. Er bildet die Nahrungsgrundlage für Pinguine, Robben und Wale. Das Krillvorkommen hat in den letzten Jahren jedoch deutlich abgenommen. Dieser Rückgang scheint einherzugehen mit Veränderungen im zeitlichen Auftreten und der Ausdehnung des Meereises in wärmer werdenden Teilen der Antarktis.
Um den Krill in seinem Lebensraum direkt zu beobachten, hat der Forschungseisbrecher Polarstern während der Expedition zweimal für etwa zehn Tage an einer grossen Eisscholle im Packeis festgemacht. Dort errichteten die Forscher Tauchcamps, von denen aus sowohl Forschungstaucher als auch ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug (ROV) für Messungen und Videoaufnahmen unter das Eis tauchten. "Das Videomaterial ist wirklich aussergewöhnlich", sagt Meyer. "Wir konnten sehen, dass das Eis von unten sehr komplex sein kann und Höhlen und Terrassen bildet, wo sich eine Eisscholle über eine andere geschoben hat.
Unter dem Eis gibt es ist nicht den einen Lebensraum, sondern eine Vielzahl von Mikrohabitaten, so strukturreich wie ein umgedrehtes Riff", erläutert Dr. Ulrich Freier, Leiter der achtköpfigen wissenschaftlichen Tauchgruppe. "Das Licht, das durch den Schnee und das Eis dringt, reicht aus, um diesem Lebensraum die Atmosphäre einer gotischen Kathedrale zu verleihen, wunderschöne Blau- und Grüntöne des Ozeans verbinden sich mit dem Weiss des Eises, in das fleckenhaft Braun und Gelbtöne eingebettet sind", sagt Freier, "ein Zeichen, dass die biologischen Prozesse bereits im Spätwinter der Südhalbkugel in vollem Gange sind." Dr. Klaus Meiners von der AAD fügt hinzu: "Diese Farben stammen von Algen, die im Eis wachsen." Er manövrierte ein Radiometer mit dem ROV unter das Eis, das das Lichtspektrum der einfallenden Strahlung misst. So ist es möglich, die Biomasse der im Eis lebenden Algen zu quantifizieren.
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Die Forscher konnten Krilllarven und juvenilen Krill in grossen Schwärmen beobachten, die sich eng an das Eis hielten. An einigen Stellen erreichte der Krillnachwuchs eine Dichte von 10'000 Tieren pro Quadratmeter. "Die Verteilung der Tiere ist sehr unregelmässig. Die Tiere scheinen die Höhlen und Terrassen zu bevorzugen, die durch überlagete Eisschollen gebildet werden. Sie bieten geschützte Regionen, in denen die Larven fressen und sich vor Verdriftung schützen können", sagt AWI-Biologin Meyer.
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Tagsüber filmten die Forscher Krill, der direkt am Eis frass. Nachts war das Bild jedoch anders: Die Tiere verliessen die Eisunterseite und hielten sich in den obersten 20 Metern in der Wassersäule auf - möglicherweise um sich vor Frassfeinden zu schützen, die im Dunkeln an die Oberfläche kommen. "Wir konnten erstmals solche tageszeitlichen Wanderungen junger Stadien des Krills beobachten", erläutert Dr. Mathias Teschke vom Alfred-Wegener-Institut. "Die Wanderungen in der Wassersäule zwischen Tag und Nacht deuten darauf hin, dass Krilllarven eine steuernde innere Uhr haben könnten", vermutet der Chronobiologe Teschke. Weitere Aufschlüsse soll ihm die genetische DNA-Analyse von Larven bringen, die er zu diesem Zweck eingefroren mit ins Bremerhavener AWI-Labor bringen wird.
Die Ergebnisse der Expedition bestätigen die Bedeutung von Meereis für den Lebenszyklus des Krills. Laut Expeditionsleiterin Meyer könnte neben der Ausdehnung des Meereises auch der Zeitpunkt der Eisbildung eine entscheidende Rolle spielen: "Krill scheint auf Meereis angewiesen zu sein, das ausreichend früh im Jahr gebildet wird. Es kann einerseits hohe Mengen Biomasse einschliessen und schiebt sich andererseits übereinander und bildet so die Mikrohabitate, die der Krill bevorzugt". Bei der Prognose der Effekte des Klimawandels im Ökosystem Antarktis müssen die Forscher solche komplexen Wechselwirkungen mit berücksichtigen.
Die Polarstern wird nach viereinhalb Monaten in der winterlichen Antarktis jetzt zu routinemässigen Wartungs- und Reparaturarbeiten in Kapstadt in die Werft gehen. Am 9. November 2013 soll planmässig die Sommersaison mit einer fünfwöchigen Expedition in den Südatlantik beginnen. Ihren Heimathafen Bremerhaven läuft die Polarstern im April 2014 nach eineinhalb Jahren auf der Südhalbkugel wieder an.
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Quelle:
Text Alfred-Wegener-Institut AWI, Oktober 2013 |
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