Bilanz
2014/2015: Ein kühler September verhindert erneute Rekordschmelze
Extremtemperaturen im Juli und im August 2015 führten zu grossen Eisverlusten
Obwohl die Gletscher der Schweizer Alpen noch im Mai 2015 gut genährt an den Start gingen, führte der heisse Juli und August zu einer extremen Gletscherschmelze. Nur die Abkühlung Mitte August und im September verhinderte neue Rekordwerte. Dies berichtet die Expertenkommission für Kryosphärenmessnetze der Akademie der Naturwissenschaften am Donnerstag.
Der Winter 2014/15 war im Gebirge einmal mehr durch regionale Unterschiede geprägt.
Auf der Alpensüdseite sorgten drei kräftige Starkschneefälle bereits in der ersten Novemberhälfte für sehr viel Schnee. So lag z.B. auf 2'500 m am Wenghorn beim Simplonpass Mitte November bereits eine 250 cm dicke Schneedecke. Diese überdurchschnittlichen Schneehöhen auf der Alpensüdseite blieben bis zum Sommerbeginn erhalten. Im restlichen Gebiet konnten Mitte April fast überall durchschnittliche Schneehöhen festgestellt werden.
Nach Mitte Mai führten 50 bis 100 cm Neuschnee am Alpennordhang und in Graubünden für überdurchschnittliche Schneehöhen oberhalb 2'000 m.
Der Juni war zu Beginn und am Ende durch eine hohe Nullgradgrenze (nahe 4'000 m), im mittleren Monatsdrittel aber durch Schneefall bis hinunter auf 2000 m geprägt. Somit gab die Schneedecke erst mit Beginn der Hitzeperiode im Juli die Gletscher wieder frei. Das heisse und stabile Sommerwetter, das mit nur wenigen Unterbrüchen bis Mitte August anhielt, führte dann aber zu aussergewöhnlich starker Gletscherschmelze.
Im Juli und August konnte auf dem 2'540 m hohen Weissfluhjoch kein einziger Neuschneetag verzeichnet werden, was in der knapp 80-jährigen Messreihe erst einmal vorgekommen ist. Dank einer markanten Abkühlung mit Neuschneefällen oberhalb von 2800 m in der zweiten Augusthälfte, sowie bis hinunter auf 2'000 m im September wurde diese Phase starker Massenverluste schliesslich beendet.
Die Massenbilanz wurde im hydrologischen Jahr 2014/15 für 21 Schweizer Gletscher bestimmt. Auf den meisten Gletschern wurde Ende April sowohl die Schneemenge im Winter, als auch Ende September die Schmelze während des Sommers ermittelt. Die Unterschiede der Massenbilanz von Gletscher zu Gletscher sind dieses Jahr besonders gross und es gibt kein klares räumliches Muster.
Am wenigsten dramatisch fiel die Schmelze mit einem mittleren Eisdickenverlust von rund 70 cm im südlichen Wallis aus (Findelengletscher, Allalingletscher). Dagegen haben die Gletscher zwischen Berner Oberland und Wallis sehr stark gelitten. Es wurden extreme mittlere Dickenverluste von über 250 cm (Glacier du Tsanfleuron, Glacier de la Plaine Morte) festgestellt. Für die meisten vermessenen Gletscher, sowohl auf der Alpennord-, wie auch auf der Alpensüdseite, betragen die Dickenverluste zwischen 100 und 200 cm.
Kleinere Gletscher in tieferen Lagen waren durch die Hitzeperiode am stärksten betroffen, da ihnen der schützende Winterschnee schon während des Julis komplett weggeschmolzen war.
Auf alle Gletscher der Schweiz übertragen, ergibt sich für das hydrologische Jahr 2014/2015 ein geschätzter Volumenverlust von 1'300 Millionen Kubikmetern Eis. Dies entspricht einer Verminderung des aktuell noch vorhandenen Gletschervolumens um fast 2,5 Prozent. Obwohl die Gletscherschmelze damit klar überdurchschnittlich war, wurden die Rekordwerte des Hitzesommers 2003 nicht erreicht - damals verschwanden 4 bis 5 Prozent der damaligen Eisreserven. Die Massenbilanz der Schweizer Gletscher liegt dieses Jahr in einem ähnlichen Rahmen wie in den ebenfalls sehr negativen Jahren 2006 und 2011.