Experimentelle Untersuchungen resp. Tierversuche haben Entzündungsreaktionen im Bereich der Atemwege und der Lungenbläschen durch NP dokumentiert. Zudem sind tierexperimentell auch Lungenfibrosen (Bindegewebsvermehrung der Lunge) nach Exposition gegenüber NP gezeigt worden. Aus der Umweltmedizin ist eine Assoziation zwischen der Exposition mit feinen und ultrafeinen Partikeln und Entzündungsreaktionen im Bereich der Schleimhäute der Nase, der unteren Atemwege und der Lungenbläschen bekannt. Ein Asthma kann ungünstig beeinflusst und eine Allergieneigung erhöht werden. Man weiss zudem, dass zwischen der Umweltbelastung mit Partikeln und Herzkreislauferkrankungen eine Assoziation besteht; dies betrifft die Erkrankungshäufigkeit und die Sterblichkeit an Herzkranzgefässerkrankungen und Herzinfarkten. Inwiefern diese Erkenntnisse auf NP übertragen werden können, bleibt zu klären. Kohlenstoff-Nanoröhrchen (Carbon Nanotubes, CNT), eine besondere Form der NP, haben strukturelle ähnlichkeiten mit faserförmigen Stäuben wie beispielsweise Asbest. Aufgrund der Fasergeometrie wurden Bedenken geäussert, dass sich CNT ähnliche Wirkungen wie Asbest nach sich ziehen könnten. Vor kurzer Zeit sind tierexperimentelle Untersuchungen veröffentlicht worden, die Hinweise für eine krebserzeugende Wirkung von CNT geben. In die Bauchhöhle eingebrachte Nanoröhrchen haben entzündliche Veränderungen in ähnlicher Art wie Asbest und in einem Experiment bei Mäusen Mesotheliome - bösartige Tumoren im Bauchfell - verursacht. Ob CNT generell als krebserzeugend einzustufen sind und wenn ja, in welcher Dosis, bei welcher Fasergeometrie und Biopersistenz, ist eine der offenen Fragen für die Beurteilung einer Gefährdung von Arbeitnehmenden im Rahmen der Nanotechnologie. Die
Wirkung von NP/UFP ist gegenüber grösseren Partikeln gleicher
chemischer Zusammensetzung verändert, d.h. die Funktionalität
ist grösseninduziert. NP/UFP haben eine Tendenz zu Agglomeration,
womit sie die spezifischen Nanoeigenschaften verlieren können. Auf
der Oberfläche von NP/UFP können problematische Stoffe adsorbiert
und durch NP als trojanisches PfErdwärme in die Zellen transportiert werden.
NP/UFP weisen aufgrund ihres kleinen Durchmessers eine grosse Oberfläche
bei geringer Masse auf. Messungen auf der Basis des Massengewichts (Gramm
pro Kubikmeter) sind damit nicht aussagekräftig. Für die Beurteilung
der Gefährdung und die Grenzwertfestsetzung stellt sich die Frage,
ob die Partikelanzahl, die Partikeloberfläche, deren chemische Zusammensetzung
oder andere Parameter wie die Bildung von ROS (Reactive oxygen species,
reaktive Sauerstoffspecies) heranzuziehen sind.
Die Suva ist entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag für die Prävention von Berufskrankheiten in allen Betrieben zuständig. Vor diesem Hintergrund hat sie sich im Rahmen des Erkennens neuer Risiken schon früh mit der Thematik Nanotechnologie auseinandergesetzt. Bereits 1998 fanden erste Kontakte mit Forschungsvertretern im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Messgerätes für Nanopartikel statt. Ein Prototyp stand der Suva 2004 zur Verfügung. Damit konnten Erfahrungen zu Vorkommen und Ausmass von Nanopartikelexpositionen an Arbeitsplätzen gewonnen werden. Die Infrastruktur wurde inzwischen stark ausgebaut, die Messmethodik durch Mitarbeit in internationalen Fachgremien laufend weiterentwickelt. Bis heute wurden so bei Arbeitsprozessen wie dem Pulverumschlag, der Bearbeitung von Verbundwerkstoffen oder Schweissarbeiten zahlreiche Messungen zu Nanopartikel- expositionen durchgeführt. Als einer der ersten Berufsunfallversicherer europaweit publizierte die Suva 2006 konkrete Empfehlungen zum Umgang mit Nanopartikeln an Arbeitsplätzen. Die Minimierung der Exposition durch technische, organisatorische und schliesslich personenbezogene Schutzmassnahmen bildete die Basis dieser Empfehlungen, so wie dies auch beim Umgang mit anderen Stoffen unbekannten Risikopotentials üblich ist. Dieser Ansatz wurde bei zahlreichen Auftritten an Fachveranstaltungen vorgestellt und im Rahmen von Betriebsberatungen praktisch umgesetzt. Schliesslich unterstützte die Suva aktiv auch mehrere Forschungsprojekte, so auch das vorgestellte «Nanoinventar» des Institut Universitaire Romand de Santé au Travail (IST). Ziel all dieser Aktivitäten der Suva war und ist, in enger Zusammenarbeit mit Forschung und Industrie, wirkungsvolle Massnahmen zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmenden zu entwickeln, die Nanopartikeln ausgesetzt sind. Was macht die Suva morgen? Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das Erkennen einer möglichen Gefährdung durch Nanopartikel auf Betriebsebene vielfach Schwierigkeiten bereitet, da in den Produktedokumentationen kaum auf die Thematik Nanopartikel hingewiesen wird. Dies birgt die Gefahr, dass keine spezifischen Schutzmassnahmen getroffen werden. Mit dem Nanoinventar stehen der Suva nun bessere Informationen über Nanopartikel verarbeitende Branchen zur Verfügung, die ein zielgerichtetes und aktives Vorgehen ermöglicht. Das
neu entwickelte Messgerät (Elektrodiffusionsbatterie,
EDB) gewährleistet dabei eine effiziente Identifikation von
Arbeitsplätzen und Arbeitsprozessen mit relevanter Exposition gegenüber
Nanopartikeln. Es ermöglicht die Beurteilung der Wirksamkeit getroffener
Schutzmassnahmen und liefert erstmals konkrete Aussagen zur individuellen
Belastung.
Zudem
wird die Suva die Erkenntnisse aus toxikologischen und epidemiologischen
Untersuchungen zur Wirkung von Nanopartikeln weiterhin intensiv verfolgen.
Sollten dereinst ausreichende wissenschaftliche Kenntnisse für die
Festlegung von Arbeitsplatzgrenz- oder Richtwerten bezüglich Nanopartikeln
vorliegen, wird dies die Beurteilung von Arbeitsplätzen wesentlich
vereinfachen.
Die Prävention von Berufskrankheiten in allen Schweizer Betrieben gehört zu den Aufgaben der Suva. Zusätzlich zu ihrer Präventionstätigkeit im Bereich der Exposition gegenüber physikalischen, chemischen und biologischen Einwirkungen sowie der physischen Belastungen, hat die Suva aufkommende Risiken frühzeitig zu beurteilen. Die Suva publiziert und aktualisiert permanent die Grenzwerte gesundheitsgefährdender Stoffe am Arbeitsplatz. Obschon für Nanopartikel noch keine Grenzwerte festgelegt werden können, lassen sich Präventionsgrundsätze ohne weiteres anwenden. Zwar weisen Nanopartikel zahlreiche interessante und nützliche Anwendungen auf, sie können aber auch zu einer Gefahr für Mensch und Umwelt werden. Seit mehreren Jahren unternimmt die Suva - ohne die Situation zu dramatisieren - grosse Anstrengungen, um zu verhindern, dass die Nanopartikel ähnliche Probleme auslösen, wie wir sie heute vom Asbest kennen. Deshalb hat die Suva bereits 2005 an der EPFL die erste nationale Konferenz zu diesem Thema durchgeführt, die sich an Sicherheitsspezialisten und Experten der Arbeitsgesundheit gerichtet hat. Die Suva überwacht die Auswirkungen der technologischen Entwicklung auf den Menschen und der daraus entstehenden Gesundheitsrisiken. Sie ist Mitglied verschiedener nationaler und internationaler spezialisierter Gremien und hat sich namentlich an der Ausarbeitung des Aktionsplans der Eidgenossenschaft und der entsprechenden Empfehlungen beteiligt. Die Suva unterstützt über Finanzierung und Mitarbeit verschiedene Forschungsprojekte, wie beispielsweise jenes des Westschweizer Instituts für Arbeit und Gesundheit (IST) zur Erstellung eines Inventars für die Verwendung von Nanopartikeln in Schweizer Unternehmen. Die Studie dieses Instituts bildet die unerlässliche Datengrundlage für unsere Aktivitäten im Bereich der Prävention und der Arbeitssicherheit.
Die Suva führt Messungen an Arbeitsplätzen durch, wie beispielsweise bei der Fima Ilford oder im Produktionslabor für Kohlenstoffnanoröhren an der EPFL. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem IAST finanziert die Suva zudem die Realisierung des EDB (elektrikal diffusion battery = Elektrodiffusionsbatterie), das erste tragbare Gerät zur Messung der Arbeitsplatzexposition.
Die Suva ist ein selbstständiges Unternehmen des öffentlichen Rechts und versichert rund 100'000 Unternehmen bzw. 1,9 Millionen Berufstätige und Arbeitslose gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten. Im Auftrag des Bundes führt sie auch die Militärversicherung. Die Dienstleistungen der Suva umfassen Prävention, Versicherung und Rehabilitation. Ihre Kunden können kompetente, ergebnisorientierte Arbeit und eine faire, zuvorkommende Behandlung erwarten. Die Suva arbeitet selbsttragend, ohne Subventionen. Gewinne kommen den Versicherten zugute. Im Verwaltungsrat sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Bund vertreten.
Das Institut für Arbeit und Gesundheit (IST) ist eine privatrechtliche Stiftung, unterstützt in erster Linie durch die Kantone Waadt und Genf. Angegliedert an die Universitäten Lausanne und Genf, hat sich das IST der Lehre, Forschung, Gutachten, Beratung und der Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz verschrieben. Das IST hat keine Kontroll- oder Aufsichtsfunktion und kann in Betrieben nur im Rahmen von Beratungen und Expertisen tätig werden. Das IST ist in Räumen des Universitätsspitals Lausanne untergebracht und hat drei Untereinheiten: Gesundheit der Arbeitnehmenden, Welt der Arbeit, und Arbeitsumfeld. Das IST ist das einzige Institut dieser Art in der Schweiz. Seine Spezialisten geniessen nicht nur schweizweit, sondern auch international einen guten Ruf.
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