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Motoren-Technik
Mopeds mit Zwei-Takt-Motoren
Unscheinbare Dreckschleudern auf zwei Rädern

Kleine Mopeds verschmutzen die Luft in manchen Städten stärker als Autos

Nicht Autos oder Lastwagen, sondern Mopeds mit Zwei-Takt-Motoren stellen in vielen Städten Asiens, Afrikas und Südeuropas die grösste Quelle für Feinstaub und andere Luftschadstoffe dar. Das zeigt die Studie eines international zusammengesetzten Forscherteams unter der Leitung von Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI. Gründe für die hohen Emissionen sind die Eigenschaften der in Zwei-Takt-Motoren ablaufenden Verbrennung sowie die bisher noch zu milden Emissionsvorschriften für die kleinen Zweiräder. Die Ergebnisse der Studie erscheinen am 13. Mai 2014 im Journal Nature Communications.

Die Mopeds mit Zwei-Takt-Motoren sind klein, verbrauchsarm und stadttauglich, doch keineswegs ökologisch harmlos.

Mopeds mit Zwei-Takt-Motoren führen in manchen Städten, vor allem in Asien, Afrika und Südeuropa, die Liste der Luftverschmutzer an. Und das, obwohl sie nur einen Bruchteil des Verkehrsaufkommens ausmachen. Der Verdacht, dass die von strengen Emissionsvorschriften verschonten Zweiräder einen erheblichen Anteil an der Luftverschmutzung in vielen Städten haben, stand schon seit einigen Jahren im Raum. Nun hat ein international zusammengesetztes Forscherteam unter der Leitung des Paul Scherrer Instituts diesen Verdacht mit neuartigen Messmethoden untermauert. Die Wissenschaftler verwendeten eine am PSI entwickelte Smogkammer, um den Ausstoss von organischen Aerosolen und aromatischen Kohlenwasserstoffen aus den Mopeds im Labor und in Standard-Fahrzyklen zu messen.

Organische Aerosole sind kleine Partikel, die in der Luft schweben. Sie machen einen grossen Teil des Feinstaubs aus dem Verkehr aus. Aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz Aromaten) können hingegen, nachdem sie als gasförmige Stoffe emittiert werden, durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre teilweise ebenfalls zu sogenannten sekundären organischen Aerosolen und somit zu Feinstaub umgewandelt werden. In der Tat machen solche sekundäre organische Aerosole den Grossteil des Feinstaubs in der Atmosphäre aus. Einige Aromaten sind auch in ihrer ursprünglichen Form als Gas gesundheitsschädigend, so etwa Benzol, das dem Benzin beigemischt ist und krebserregend wirkt.

Die neue Studie zeigt, dass bei der Umwandlung der Abgase der Zwei-Takt-Mopeds auch andere bedenkliche Produkte entstehen. Durch chemische Analysen fanden die Wissenschaftler nämlich heraus, dass bei der Umwandlung der Aromaten aus dem Abgas der Mopeds in Aerosole ebenfalls schädliche reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden, die in die Lunge gelangen können.

Starke Emissionen auch im Stillstand

Die Mopeds mit Zwei-Takt-Motoren stossen sowohl im Stillstand als auch im Fahrbetrieb Mengen an organischen Aerosolen und Aromaten aus, die um Grössenordnungen über den in Europa und den USA zulässigen Grenzwerten liegen.

Laut den Autoren der Studie kann das Warten hinter einem Zwei-Takt-Moped im Verkehr deshalb ein erhebliches Gesundheitsrisiko bedeuten. Die Wissenschaftler zählen eine Reihe möglicher Gründe für diese erhöhten Emissionen auf. Im Grunde handelt es sich um altbekannte Probleme, die typisch für Zwei-Takt-Motoren sind, wie die unvollständige Verbrennung, das hohe Verhältnis von Brennstoff zu Luft in der Brennstoffmischung oder die Notwendigkeit, das Schmieröl direkt dem Brennstoff beizumischen. Solche Probleme treten bei Viertaktmotoren nur in geringem Masse oder gar nicht auf.

Kleine Flotte mit grosser Wirkung

Die neue Studie zeigt, dass die herkömmliche Sicht, dass Autos und Lastwagen den Löwenanteil an der Feinstaubbelastung aus dem Verkehr tragen, zumindest für bestimmte Regionen revidiert werden muss. Die Forschenden rechnen aus, dass in der thailändischen Hauptstadt Bangkok der Anteil der Zwei-Takt-Mopeds an den Emissionen primärer organischer Aerosole ganze 60 Prozent beträgt. Dabei entfallen auf diese Zweiräder nur 10 Prozent des Brennstoffverbrauchs aus dem Verkehr in der Stadt. Die Berechnung basiert auf dem durchschnittlichen Emissionsfaktor der in der Studie untersuchten europäischen Mopeds und dürfte somit die tatsächlichen Emissionen der in Bangkok im Verkehr befindlichen Mopeds eher unterschätzen.

Verbot mit messbaren Ergebnissen

Feldmessungen in China bekräftigen das Bild der grossen Schadstoffschleudern auf zwei Rädern. In der Stadt Guangzhou sind die Konzentrationen von aromatischen Kohlenwasserstoffen in der Luft nach dem Verbot von Zwei-Takt-Mopeds im Jahr 2005 um mehr als 80 Prozent gefallen. Nur 60 Kilometer weiter, im vergleichsweise verkehrsberuhigten Dongguan, misst man heute höhere Aromaten-Konzentrationen als in Guangzhou. Auch in südeuropäischen Städten, schreiben die Autoren der Studie, könnte die Konzentration bestimmter Luftschadstoffe deutlich gesenkt werden, wenn man Zwei-Takt-Mopeds allmählich aus dem Verkehr ziehen würde. Die auch in der Schweiz gültige EU-Emissionsvorschrift für Zwei-Takt-Mopeds (Euro 2) stammt aus dem Jahr 2002. Für Autos gelten mit inzwischen Euro 5 deutliche strengere Regularien. Ab 2017 will die EU deshalb auch für kleine Mopeds niedrigere Emissionsgrenzen einführen. Darüber hinaus sind umweltfreundlichere Alternativen wie elektrisch betriebene Mopeds, bei denen auch der Lärm wegfällt, bereits am Markt vorhanden. Auch mit Viertaktmotoren ausgestattete Mopeds wären, wenngleich nicht ganz unbedenklich, besser als die Zweitakter.

Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva

Originalveröffentlichung:

Two-stroke scooters are a dominant source of air pollution in many cities,
Stephen M. Platt et al Nature Communications, 13 Mai 2014 doi: 10.1038/ncomms4749

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 1'900 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 350 Mio.

Quelle: Text Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Juni 2014

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