In der Schweiz werden jeden Tag rund fünf Jugendliche oder junge Erwachsene wegen einer Alkoholvergiftung oder Alkoholabhängigkeit ins Spital eingeliefert. Die Behandlungen infolge Alkoholmissbrauchs nahmen im Vergleich zur ersten Untersuchung für das Jahr 2003 stetig zu. So lautet das Ergebnis der aktuellen Studie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit.
Alkoholabhängigkeit
bereits bei Jugendlichen
Neben den rund 1300 Fällen von Alkoholvergiftungen wurden im 2004 und 2005 jährlich knapp 500 Jugendliche und junge Erwachsene mit der Diagnose Alkoholabhängigkeit in Schweizer Krankenhäusern behandelt. Nach einem starken Anstieg bis 2003 nahmen die Haupt- und Nebendiagnosen bis zum Jahr 2005 weiter zu. 2004/2005 wurde in der Altersgruppe der 20- bis 23-Jährigen jährlich bei etwa 120 Personen die Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit gestellt. Die ersten Fälle finden sich bereits bei 14-Jährigen. Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, welcher in der Regel ein jahrelanger missbräuchlicher Konsum vorausgeht. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass einige Jugendliche sehr früh stark konsumieren oder, dass sich Alkoholabhängigkeit im Jugendalter schneller entwickelt", erläutert der Autor der Studie, Gerhard Gmel von der Forschungsabteilung der SFA. Zahlen
bilden nicht ganzes Ausmass des Problems ab
Diagnosen
in Verbindung mit Alkoholabhängigkeit steigen mit zunehmendem Alter
stetig an. Dagegen nehmen jene in Verbindung mit Alkohol-Intoxikationen
ab einem Alter von etwa 22 Jahren ab oder bleiben stabil. Dieser Rückgang
wird durch die gehäuften Fälle von Abhängigkeit mehr als
ausgeglichen. "Auch wenn diese Daten keine Aussagen über individuelle
Trinkkarrieren zulassen, so deuten sie doch darauf hin, dass aus jugendlichem
Rauschtrinken im frühen Erwachsenenalter eine Abhängigkeit entstehen
kann", erklärt der Studienautor.
Die Zahlen widerspiegeln nur die Spitze des Eisbergs. Die Studie berücksichtigt ausschliesslich die in Spitälern eingelieferten Personen. Betrunkene Jugendliche, welche die Polizei nach Hause bringt, Behandlungen in Hausarztpraxen oder ambulanten Notfallaufnahmen sind hier ausgeklammert. Jugendschutz weiter stärken "Die
Ergebnisse der Studie sind äusserst Besorgnis erregend", hält
Michel Graf, Direktor der SFA, fest. Die massive Zunahme der Alkoholvergiftungen
innerhalb von zwei Jahren zeigt, dass der Jugendschutz weiter intensiviert
werden muss. Besonders die Bestimmungen zur Abgabe müssen besser durchgesetzt
werden. Die Prävention ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft: "Auf
struktureller Ebene sind die Einschränkung der Erhältlichkeit
und die Preisgestaltung wichtige Massnahmen, um dem Alkoholmissbrauch entgegenzuwirken",
betont der SFA-Direktor.
Eine wirksame Prävention setzt auch beim Individuum an. Es ist wichtig, eine Alkoholabhängigkeit früh zu erkennen sowie Jugendliche und Erwachsene über die Gefahren des Rauschtrinkens aufzuklären. Das Rauschtrinken im Jugendalter ist mit zahlreichen negativen Folgen verbunden. Neben den Vergiftungserscheinungen wie Gedächtnislücken, Kopfschmerzen oder starker übelkeit berichtet die Literatur über verschlechterte Schulleistungen, Unfälle und Verletzungen (Fahrzeugunfälle, Stürze, Selbstmord etc.), Gewalt, aggressives Verhalten oder Beeinträchtigung sozialer Beziehungen. Zweite
Studie zu Daten von Spitälern
Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung basieren auf den Statistiken der Schweizer Spitäler von 1999 bis 2005, die Personen stationär oder teilstationär behandelten. Seit 2002 liegen diese Statistiken fast vollständig vor. Nach der im April 2006 veröffentlichten Untersuchung der Zahlen von 1999 bis 2003 legt die SFA im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zum zweiten Mal einen Bericht über Alkohol-Intoxikationen Jugendlicher und junger Erwachsener vor. Die vorliegende zweite Studie aktualisiert die Situation bis 2005. Die medizinischen Diagnosen gemäss internationalen Kriterien ergänzen die Erkenntnisse aus Befragungen, bei denen Jugendliche über ihren Alkoholkonsum selbst berichten.
Die
SFA in Kürze
Für die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) steht der Schutz der Gesundheit im Zentrum. Die SFA will Probleme verhüten oder vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen. Die SFA konzipiert und realisiert Präventionsprojekte, engagiert sich in der Gesundheitspolitik und der psychosozialen Forschung. Die SFA ist eine private, parteipolitisch unabhängige Organisation mit gemeinnützigem Zweck.
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