In der Schweiz werden jeden Tag etwa sechs Jugendliche oder junge Erwachsene wegen einer Alkoholvergiftung oder Alkoholabhängigkeit ins Spital eingeliefert. Die Einlieferungen nahmen im Vergleich zu den Vorjahren weiter stark zu, vor allem bei den Mädchen und jungen Frauen. Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme hat im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit die Situation für die ahre 2006/2007 analysiert.
Eine Alkoholvergiftung wird bei Mädchen am häufigsten im Alter von 14 bis 15 Jahren diagnostiziert; bei den Jungen ist dies im Alter von 18 und 19 Jahren der Fall. Danach sind diese Diagnosen leicht rückläufig. Das Rauschtrinken scheint aber bis ins junge Erwachsenenalter sehr häufig vorzukommen: Wie die Schweizerische Gesundheitsbefragung von 2007 zeigt, sind es mehrheitlich die 21- bis 22-Jährigen, die punktuell zu viel trinken. "Dies deutet darauf hin, dass Jugendliche, die wenig Erfahrung mit Alkohol haben, ihre Grenzen nicht kennen und das Risiko für eine Alkoholvergiftung eingehen“, erklärt Matthias Wicki, Studienautor und Forscher in der SFA. Frühe Alkoholabhängigkeit 2006 und 2007 wurde pro Jahr bei 540 Jugendlichen und jungen Erwachsenen (340 Jungen/Männer und 200 Mädchen/Frauen) Alkoholabhängigkeit diagnostiziert. Die meisten Fälle finden sich hier bei den über 19-Jährigen. Zwischen 2005 und 2007 nahmen diese Diagnosen um 18% zu. Wiederum war die Zunahme bei Mädchen und jungen Frauen (+20%) stärker als bei Jungen und Männern (+16%). Während akute Räusche einen kurzen Spitalaufenthalt erfordern, erstrecken sich Behandlungen der Abhängigkeit in der Regel über Wochen. Mit zunehmendem Alter wird häufiger Alkoholabhängigkeit diagnostiziert. Die ersten Fälle treten aber bereits in einem Alter von 14 Jahren auf. Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs Die Zahlen widerspiegeln nicht das gesamte Ausmass des Problems. Die Studie berücksichtigt nur die in Spitälern eingelieferten Personen. Betrunkene Jugendliche, welche die Polizei nach Hause bringt, Behandlungen in Hausarztpraxen, ambulanten Notfallaufnahmen oder Drogenbehandlungsstellen sind nicht Teil der Untersuchung. Herausforderung für die Prävention "Die Resultate der Studie sind Besorgnis erregend", hält Michel Graf, Direktor der SFA, fest. Um eine Nachbetreuung alkoholabhängiger Jugendlicher zu ermöglichen, sollten Spitäler und Suchtpräventionsstellen noch vermehrt zusammenarbeiten, rät die SFA. Auch im Fall einer Alkoholvergiftung lässt sich der Spitalaufenthalt nutzen, um über die Risiken des Rauschtrinkens zu sprechen. Solche Angebote bestehen bereits. "Manchen Jugendlichen ist nicht bewusst, dass eine Alkoholvergiftung tödlich sein kann“, sagt Michel Graf. Die Liste weiterer Risiken ist lang: Neben Vergiftungserscheinungen wie Gedächtnislücken, Kopfschmerzen oder starker Übelkeit berichtet die Literatur über verschlechterte Schulleistungen, Unfälle und Verletzungen, Gewalt oder aggressives Verhalten. Wichtig ist daher auch, betroffene Eltern zu informieren und sie auf Beratungsangebote aufmerksam zu machen. Gleichzeitig müssen die bestehenden Jugendschutz-Bestimmungen, wie beispielsweise das Abgabeverbot, noch besser durchgesetzt werden. "Minderjährigen Alkohol zu verkaufen, ist keine Bagatelle. Es braucht einen noch stärkeren gesellschaftlichen Willen, den Abgabevorschriften nachzukommen, denn Alkohol ist kein harmloses Konsumgut“, betont der SFA-Direktor. Dritte Studie zu Daten von Spitälern Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung basieren auf den Statistiken der Schweizer Spitäler von 1999 bis 2007, die Personen stationär oder teilstationär behandelten. Seit 2002 liegen diese Statistiken fast vollständig vor. Nach den beiden Untersuchungen für die Jahre 1999 bis 2003 sowie 2004/2005 legt die SFA im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zum dritten Mal einen Bericht über Alkohol-Intoxikationen Jugendlicher und junger Erwachsener vor. Die neue Studie aktualisiert die Situation für die Jahre 2006 und 2007. Die medizinischen Diagnosen gemäss internationalen Kriterien ergänzen die Erkenntnisse aus Befragungen, bei denen Jugendliche über ihren Alkoholkonsum selbst berichten.
Die
SFA in Kürze
Für die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) steht der Schutz der Gesundheit im Zentrum. Die SFA will Probleme verhüten oder vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen. Die SFA konzipiert und realisiert Präventionsprojekte, engagiert sich in der Gesundheitspolitik und der psychosozialen Forschung. Die SFA ist eine private, parteipolitisch unabhängige Organisation mit gemeinnützigem Zweck.
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