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Schweizer Jugend Jugendgewalt - Prävention |
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Schweizer Jugend |
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Laudatio
von Prof. Dr. Hermann Forneck
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Die
Kreisschule am Maiengrün der Gemeinden Dottikon und Hägglingen
erhält für ihre Arbeiten und Initiativen zur Gewaltprävention
den Comenius-Preis für Bildungsinnovation 2008
der Pädagogischen Hochschule FHNW.
Die
Schule hat eine längere Tradition mit Projekten zur Gewaltprävention,
die im Herbst 2006 in einen Theaterworkshop mit dem Filmemacher Franz Dängeli
mündete. Die 350 Schülerinnen und Schüler der Kreisschule
konnten sich für eine Teilnahme bewerben. |
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Aus
einem Casting mit rund 20 Jugendlichen bildete sich schliesslich der Kreis
von acht Schauspielenden, die in ihrer Freizeit acht Arbeitstage für
das Projekt aufwendeten. Alle acht sind als Täter, Opfer und/oder
Bedrohte unmittelbar vom Phänomen Jugendgewalt betroffen. Unter der
Leitung des Regisseurs erarbeiteten sie spannende Spielszenen und erhellende
Interviews, aus denen der Film montiert wurde.
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Dokumentarfilm
«Schläck Bode!» |
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Der
Film ermöglicht bewegende Einblicke in die oft erschreckende, immer
wieder von Gewalt geprägte Alltagsrealität junger Menschen, ihre
Gefühle und Gedanken. Vorgefasste, negative Meinungen über das
ausschliesslich konsumorientierte, uninteressierte und brutale Verhalten
der «heutigen Jugend» stellen die jugendlichen Protagonisten
mit ihrer grossen Offenheit und Bereitschaft zur differenzierten Auseinandersetzung
in Frage. |
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Indem
der Film ungeschminkte Einblicke in ihre Befindlichkeit ermöglicht,
macht er jene Auswege und Perspektiven spür- und sichtbar, die in
einer vorbehaltlosen, eingehenden und offenen Auseinandersetzung mit dem
brisanten Thema liegen.
Seit
der Fertigstellung kommt der Film im Unterricht zum Einsatz und setzt so
die Tradition der Schule fort.
Potenzial
für andere Schulen |
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Der
Film geht nahe an die Jugendlichen heran, nicht nur in der Kameraführung,
sondern auch emotional. Franz Dängeli schafft es im Gespräch
mit ihnen, sie durch ihre eigenen Gedanken zu lotsen. Aber auch die Dynamik,
welche die gemeinsame Arbeit unter den Jugendlichen schafft, bringt ungeschminkte
Gedanken an den Tag. So wird der Film zu einem Potential auch für
andere Schulen: Erstens weil er unter Jugendlichen weitere Diskussionen
anregen kann. Zweitens ist er ein Modell für tiefgründige und
ernsthafte Gewaltprävention. |
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Tiefgründig,
weil diese Art der Gewaltprävention auf den Appell verzichten kann.
Ernsthaft, weil er die Jugendlichen ernst nimmt, weil er sie zu Wort kommen
lässt, weil die Brutalität sowohl einbezogen als auch kontrastiert
wird durch die sensiblen Seiten, die die Jugendlichen in sich selber entdecken
dürfen.
Lösungsansätze |
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Gewaltprävention,
wie sie der Film «Schläck Bode» zeigt, ist anspruchsvoll.
Dies mag ein Grund sein, weshalb viele Schulen einfachere Wege suchen -
ausgehend vom einfachsten aller Modelle: dem Appell zum Wohlverhalten.
Der Appell aber findet vor allem bei jenen, die eine gewisse Brutalität
schon gewohnt sind, keinen fruchtbaren Boden. Der Film zeigt einen anderen
Weg: Die Jugendlichen kommen zu Wort, sie finden einen Zugang zu sich selbst
und können so ihre rauhen mit ihren sensiblen Seiten in Verbindung
setzen. |
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Ihre
Emotionen und Motive haben Platz und werden ernst genommen. Triebfeder
ist dabei das echte Interesse des erwachsenen Gegenübers an der Welt
der Jugendlichen, die sich hinter dem Sichtbaren auftut.
Das
darstellende Spiel birgt dabei ein besonderes Potential, auch wenn es nicht
in einem Film verarbeitet wird: Die Spielenden sind sowohl emotional und
körperlich als auch kognitiv engagiert. Sie müssen sich zeigen
und erhalten dafür Selbstvertrauen. Bestehende Verhaltensmuster können
bewusst wahrgenommen, neue entdeckt und erprobt werden. Das dem Spiel folgende
Gespräch ist ein konkretes über das Gesehene und Erlebte und
sucht darüber hinaus den Bezug zum Hintergründigen, zum Vergangenen
und Allgemeinen. Das Gespräch verdichtet, was angelegt ist; das Spiel
selber aber ist die wesentliche Lernanregung. So haben sich die Jugendlichen
im Film «Schläck Bode» - in ihrer Sensibilität wie
in ihrer Brutalität - manchmal fast nicht wieder erkannt - oder auch
neu kennen gelernt, wie Rolf am Ende des Filmes sagt: «Man kann sich
selber sein, und man kann doch andere Rollen spielen. Ich habe vorher gar
nicht gewusst, dass ich so ein anderer Mensch sein kann.»
Prof.
Dr. Hermann J. Forneck (Direktor der Pädagogischen Hochschule
FHNW)
Comenius-Preis
Mit
dem Comenius-Preis für Bildungsinnovation würdigt die Pädagogische
Hochschule FHNW hervorragende Projekte aus der Bildungspraxis. Den Preis
erhalten können Schulen, Weiterbildungseinrichtungen, einzelne innovative
Gruppen von Lehrpersonen oder auch eine einzelne Lehrperson. Das Preisgeld
von CHF 10'000.- muss für die Weiterentwicklung der ausgezeichneten
Projekte eingesetzt werden.
Jury Die
sechsköpfige Jury setzt sich aus Leitungspersonen und Dozierenden
der Pädagogischen Hochschule FHNW sowie Bildungsfachleuten aus dem
Bildungsraum Nordwestschweiz zusammen.
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Quelle:
Pädagogische Hochschule FHNW, März 2008 |
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Externe
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