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Afghanistan: Kinder - Opfer der Gewalt

Kinder in Afghanistan werden sowohl zufällig als auch gezielt Opfer der Gewalt. So weist Bell darauf hin, dass bei Selbstmordanschlägen auf die Koalitionstruppen oder durch Sprengfallen immer wieder viele Kinder getötet oder schwer verletzt werden.

Landmines
Der UNICEF-Bericht zählt zahlreiche schwere Anschläge zwischen August 2006 und Juni 2007 auf. Am 15. Juni 2007 starben zum Beispiel in dem Ort Tirin Kot in der Provinz Urzugan zwölf Kinder, als ein Selbstmordattentäter einen Militärkonvoi in der Nähe einer Schule rammte. Weiter ist die Gefahr durch Landminen aus dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg für Kinder enorm gross.
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Zivilisten, darunter viele Kinder, geraten immer häufiger zwischen die Fronten, wenn die von der Nato geführten Sicherheitstruppen gegen Aufständische vorgehen. Während Talibankämpfer Zivilisten als menschliche Schutzschilde einsetzen, führen auch Luftangriffe der Koalitionstruppen zu hohen Opfern unter der Bevölkerung. Bei zweitägigen Kämpfen in der Provinz Helmand im Juni 2007 hatten beide kämpfenden Parteien kaum Opfer zu beklagen. Aber 27 Zivilisten, darunter 17 Kinder, kamen ums Leben.

Besonders schockierend sind Berichte, dass Extremisten Kinder und Jugendliche zu Selbstmordanschlägen angestiftet haben sollen. Ein sechsjähriger Junge aus der Provinz Ghazni berichtete, dass er dazu aufgefordert wurde, eine Sprengstoffweste zu tragen. Diese würde Blumen verstreuen, wenn er den Auslöser drücken würde. Einem 15-Jährigen aus der Stadt Gardez wurde versprochen, dass er ins Paradies käme, wenn er einen Fremden töten würde.

Angriffe auf Schulen

Während dies extreme Einzeltaten sind, kommt es fast wöchentlich zu Attacken auf Schulen. Seit 2004 wurden über 440 Angriffe registriert, davon 44 allein in diesem Jahr.

Vor allem Mädchenschulen und sogar einzelne Schülerinnen werden angegriffen. Zwischen 2002 und 2006 waren nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg in Afghanistan mit massiver Hilfe von UNICEF fast fünf Millionen Kinder in die Schule gebracht worden. Aus Angst vor Überfällen behalten jetzt wieder viele Eltern ihre Kinder zu Hause. Ein Vater drückte dies so aus: "Es ist besser für meine Kinder, wenn sie leben, auch wenn sie dann Analphabeten sein müssen. UNICEF schätzt, dass gegenwärtig zwei Millionen Kinder in Afghanistan nicht zur Schule gehen; 1,3 Millionen davon sind Mädchen.

Schlechte Gesundheitsversorgung

Seit 2002 hat es zwar mit internationaler Hilfe deutliche Fortschritte beim Impfschutz und Kampf gegen Infektionskrankheiten gegeben. Aber medizinische Hilfe gibt es ausserhalb der grösseren Städte kaum. Gesundheitszentren auf dem Land sind schlecht ausgestattet und oft ohne ausgebildetes Personal. Familien müssen tagelange Fussmärsche auf sich nehmen, um Hilfe zu bekommen. Im Winter sind ganze Landstriche durch Schnee von einer Gesundheitsversorgung abgeschnitten. Die Auswirkungen sind dramatisch: Jeden Tag sterben in Afghanistan 900 Kinder unter fünf Jahren, und 60 Frauen sterben an Komplikationen während der Schwangerschaft oder der Geburt.

UNICEF-Hilfe geht weiter

Trotz der angespannten Sicherheitslage unterstützt UNICEF in Afghanistan in den meisten Landesteilen die soziale und medizinische Grundversorgung der Kinder.

- Mit Hilfe von UNICEF wurden im Süden und Westen des Landes fast 400'000 Kinder gegen Masern und Tetanus geimpft. Auch die erneute Ausbreitung der Kinderlähmung konnte durch grosse Impfkampagnen vorerst gestoppt werden.

- UNICEF stellte auch Medikamente und technisches Gerät für 140'000 Menschen in ländlichen Gebieten sowie Zusatznahrung für 220'000 Kinder bereit.

- Im Süden wurden in diesem Jahr bisher 343 Verteilstationen für Trinkwasser eingerichtet.

- UNICEF stellte auch 130 grosse Zeltschulen sowie Sitzmatten und Lernmaterial für Kinder bereit, deren Schulen bei Überfällen oder durch Naturkatastrophen zerstört wurden. Landesweit arbeitet UNICEF zusammen mit Nichtregierungsorganisationen am Bau von 247 Schulen und unterstützt die Ausbildung von Lehrern.

- 40'000 Familien erhielten Kochgeschirr, Zeltplanen, Hygieneartikel, warme Kleidung und Wasserkanister, weil sie als Flüchtlinge oder nach Naturkatastrophen ihre Habe verloren hatten. In Ausbildungszentren unterstützt UNICEF die Wiedereingliederung minderjähriger Kämpfer, zum Beispiel in Kandahar.

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UNICEF-Studie zu Kindern in Gefängnissen in Afghanistan

Gemeinsam mit der unhabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission hat UNICEF die Situation von Kindern und Jugendlichen in Haftanstalten in Afghanistan untersucht. Zwar gibt es seit 2005 in Afghanistan ein Kinder- und Jugendstrafrecht. Doch die darin festgelegten Regeln für die Behandlung minderjähriger Straftäter werden vielfach nicht umgesetzt. Polizei und Gerichte kennen diese oftmals nicht einmal. Die Studie wurde im Sommer 2008 veröffentlicht und steht zum Download im Internet.

Die Befragungen von 247 Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren in Haftanstalten in 22 Provinzen dokumentieren anhaltende Menschenrechtsverletzungen:

Gewalt

• 48 Prozent der Kinder und Jugendlichen berichten von Schlägen im Gefängnis.
• 62 Prozent sagen, dass sie nachts angekettet werden.
• 36 Prozent berichten von Schlägen und Misshandlungen durch die Polizei.
• 53 Prozent wurden gemeinsam mit erwachsenen Straftätern eingesperrt.
• Obwohl die Strafmündigkeit in Afghanistan erst mit 12 Jahren beginnt, wurden bei der
Studie fünf jüngere Kinder in Haft gefunden.
• Vielfach ist das Alter der Kinder auch unklar, da sie keine Geburtsurkunde haben.

Haftgründe

• 34 Prozent sagen, dass sie wegen Diebstahls in Haft sind.
• 37 Prozent werden beschuldigt, an Entführungen beteiligt gewesen zu sein.
• 12 Prozent wurden wegen sexueller Handlungen (zum Beispiel homosexueller
Beziehungen) angeklagt.
• 56 Prozent der Mädchen waren von zu Hause weggelaufen.

Unfairer Prozess

• Für viele Kinder gilt keine Unschuldsvermutung.
• Sie wurden gezwungen Dokumente zu unterzeichnen, deren Inhalt sie nicht kannten.
• Nur 23 Prozent hatten einen Rechtsbeistand.
• Die Mehrzahl wurde zu einer Haft von mehr als einem Jahr verurteilt.

Schutz/Hilfe

• 46 Prozent sagten, dass es in der Haft keine Gesundheitsuntersuchung gab.
• 58 Prozent berichten, dass sie krank waren.
• 37 Prozent berichten von Albträumen.

Schlussfolgerungen

UNICEF fordert als Schlussfolgerung aus den Ergebnissen der Studie:

• Das bestehende Jugendstrafrecht in Afghanistan sowie die Verfahren müssen
überprüft und den internationalen Standards angepasst werden.
• Ausbildung und Management der Justizbehörden und Polizei müssen verbessert
werden.
• Auch in den Provinzen müssen spezielle Jugendgerichte aufgebaut werden.
• Es müssen Alternativen zur Haft bei Kindern und Jugendlichen entwickelt werden.
• Kinder und Jugendliche sollen grundsätzlich getrennt von erwachsenen Straftätern
untergebracht werden.
• Die Ausbildung der Polizei muss verbessert werden und Polizisten müssen lernen, mit
minderjährigen Straftätern angemessen umzugehen. Hierzu sollte es spezielle
Polizeieinheiten geben.
• Polizeiwachen und Jugendgefängnisse müssen laufend überwacht werden.

Quelle: Text UNICEF Deutschland

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