Zum Beginn der Saison 2009 erstrahlen die Schlossräumlichkeiten in neuem Glanz. Während der letzten drei Jahre fanden umfangreiche Restaurierungen statt. Die nun abgeschlossenen Massnahmen sind in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), der Denkmalpflege des Kantons Aargau und den Schweizerischen Landesmuseen durchgeführt worden. Die Gesamtkosten beliefen sich auf CHF 2,7 Mio.Eidgenossenschaft. Bis Ende 2010 war das Anwesen Teil der Schweizerischen Landesmuseen. Seit dem 1. Januar 2011 ist die Schlossdomäne Wildegg ein Teil des Museums Aargau.
Das Schloss Wildegg reicht mit seinem Kernbau in das 13. Jahrhundert zurück und wurde im Wesentlichen bis 1700 zu seiner heutigen, repräsentativen Form ausgebaut. Die Beanspruchung der Innenräume hat sich in den letzten Jahren erhöht, wie verschiedene Voruntersuchungen und Zustandsanalysen von 1992, 1999 und 2005 ergaben. Seit Sommer 2006 wurde das Innere des Schlosses etappenweise restauriert. Die Arbeiten sind nicht nur erfolgreich abgeschlossen worden, sondern haben auch überraschendes zu Tage gefördert. Im Rahmen der Restaurierungsarbeiten wurden interessante Entdeckungen gemacht, die zeigen, dass das Schloss weit reicher ausgestattet war als bisher angenommen. Dies betrifft die Gestaltung der Eingangshalle und der Bibliothek, die blaue, barocke Fassung des Salons sowie eine bis anhin verborgene Malerei. Während der etappenweisen Sanierungsarbeiten von 2006 bis Frühling 2009 blieb das Schloss stets offen und zugänglich. Im Zuge der Renovation wurden auch die elektronische Hauptverteilung, die Telefonanlage und die Notbeleuchtung im Treppenhaus den heutigen Bedürfnissen angepasst.
Die 2005 begonnene, über mehrere Etappen vor allem jeweils im Winterhalbjahr erfolgte Restaurierung der Museumsräume ist abgeschlossen. Erneuert wurde auch, wo nötig, die marode gewordene Haustechnik.
Der Ursprung der Burg Wildegg verliert sich im Dunkel der Zeit. Sie wurde wohl in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet. Ihre Aufgabe war die Kontrolle des natürlichen Engnisses der Aare und dem Schutze der Habsburg als eines von deren Vorwerke. Eine erste Urkunde, die den Burgname erwähnt, datiert von 1242. Nach mehreren Besitzerwechseln kauft 1483 der sehr vermögende Kaspar Effinger von Brugg mit Zustimmung von Bern die Burg. Dessen Nachkommen nennen sich fortan von Wildegg. Die Burg bleibt über 400 Jahre im Besitz dieser Familie, bis sie Julie von Effinger 1912 der Eidgenossenschaft zuhanden des Landesmuseums als Stiftung Effinger-Wildegg zum ewigen Gedächtnis ihrer Familie vermacht. Bereits im 15. Jahrhundert besteht die Burg aus dem sie noch heute prägenden mächtigen Hauptturm und dem südwestseitig daran anschliessenden recht stattlichen Wohntrakt. Diese sind damals zusammen mit den Stallungs- und Vorratsgebäuden auf der geschützten, steil abfallenden Nordostseite von einer Ringmauer umschlossen. 1552 brennt die Burg nach einem Blitzschlag aus. Sukzessive werden die stehen gebliebenen Mauern wieder mit Räumen ausgebaut und dabei der Wohntrakt auch um ein Geschoss mit Festsaal erhöht sowie 1558 ein Treppenturm mit der heutigen Wendeltreppe angebaut. Bereits damals dürfte auch der Bergfried seinen Zinnenkranz verloren und seine heutige Dachform erhalten haben. Um 1660 lässt Hans Thüring Effinger (1619-1667) dem Zeitgeist entsprechend erste Barockisierungen der Burg vornehmen. Sein Sohn Bernhart (1658-1725) modernisiert den Palasteil. Er lässt dessen Dachstuhl ändern und die heutige Bekrönung mit volutenverzierten Giebeln aufsetzen, die Wohnstubenfenster deutlich vergrössern und den nordostseitigen Zwinger mit der heutigen damals noch offenen Eingangshalle überbauen und darüber ein Wohngeschoss mit prächtigen Stuben einrichten. Am Südhang wird eine erste grosse Gartenterrasse mit Eckpavillons angelegt. Neue Portale werden geschaffen. Die wehrhafte Burg wandelt sich durch diese Umgestaltungen und Neuanlagen zum Schloss. Joh. Bernhart Effinger (1701-1772) und Niklaus Albrecht (1735-1803) erweitern die Gartenanlagen und statten Wohnräume dem Zeitgeschmack entsprechend kostbar neu aus. Der um 1700 neu befensterte und reich vertäferte Salon erhält 1754 der Mode entsprechend eine blaue, das Esszimmer 1775 eine dunkelgrüne und das Boudoir eine rote Tönung. 1796 wird die so genannte Salisstube mit einer kostbaren Vogeltapete aus Paris ausgestattet. Kachelöfen aus Steckborn, Lenzburg und Muri sind Schmuckstücke der Herrschaftsräume und machen das Leben angenehmer. Die Herrschaft wohnt aber nur im Sommer im Schloss. Ab 1886 bewohnt sie nur noch das damals hochmodern in neugotischen Formen errichtete Wohnhaus am unteren Schlosshof und überlässt das Schlossgebäude und dessen Romantik einer englischen Familie in Miete als deren Sommersitz. An Hand von Fotos, welche vor der übergabe ans Landesmuseum gemacht wurden, ist bildhaft die Ausstattung etlicher Räume unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg bekannt. Der zweite Direktor des Landesmuseums Prof. Hans Lehmann, der die gestifteten Güter 1912 in seine Verantwortung übernimmt, lässt Räumlichkeiten im Schloss mit bescheidenen Mitteln gezielt zu einem Wohnmuseum umbauen. Im Schloss soll das Wohnen einer Landadelsfamilie in verschiedenen Epochen gezeigt werden. Ausstattungen des Historismus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts werden überdeckt oder entfernt, die Schlossbauten aussen neu verputzt. 1958 ist die damalige Gesamtrenovation der Museumsräume abgeschlossen und auch das Stiftungskapital aufgebraucht. Während zu Beginn und bis Ende der 1950er Jahre Gelder der Stiftung zur Verfügung stehen, erfolgen spätere Auffrischungsarbeiten, die dem Zeitgeist folgend oft weitere Vereinfachungen der baulichen Ausstattung zur Folge hatten, aus dem schmalen Unterhaltsbudget gedeckt. Es muss zeitweise der Regen durchs Dach bis in untere Räume vorgedrungen sein. Auch wurden teils Materialien eingesetzt, die heute als Schaden bildend erkannt sind. Eine Dokumentation dieser Aufbau- und meist im Winterhalbjahr vorgenommenen Unterhaltsarbeiten fehlt; Berichte darüber sind summarisch.
Alle Massnahmen sollen restauratorisch richtig ausgeführt und nicht nur, wie es bisher über Jahre hinweg üblich war, nur geflickt werden. Der Charme und die Magie des Ortes sollen aber mit den dazu gehörigen Gebrauchsspuren wenn immer möglich erhalten bleiben; eine für die ausführenden Handwerker und Restaurierenden anspruchsvolle nicht alltägliche Arbeit. Die von 1914 bis 1930 durch Hans Lehmann geprägte Museumsgestaltung soll beibehalten werden, da dem Stiftungsgedanken entsprechend und auch bereits Zeitzeuge der damaligen Museumsidee. In Zweifelsfällen waren die Fotos von 1914 und Lehmanns Schriften als Orientierungshilfe beizuziehen. Die Arbeiten sollen in drei Etappen über 5 Jahre ausgeführt werden. Um einige Jahre zurückgestellt wurde die kostspielige und ebenso in Bälde fällige Aussenrestaurierung, denn der Verputz erwies sich, wenn auch zu hart, als grösstenteils noch ausreichend standfest. Ein Stützmauereinsturz beschleunigte die bereits geplante Sanierung der Aussenanlagen mit ihren Brunnen und deren Zu- und Ableitungen, den Treppen, Portalen, Brüstungen und langen historischen Mauerzügen. Zu lange hatte man hier Wasser und Wurzelwerk von Efeu und Bäumen ins Mauerwerk eindringen lassen. Die Bauuntersuchung in den historischen Räumen brachte manch interessanten, überraschenden Befund, z.B. wurde 1854 nicht nur die Eingangshalle zur Ahnenhalle gewandelt, sondern auch die Deckenbalken der Bibliothek in historistischer Manier mit gotischen Flachschnitzereimotiven illusionistisch bemalt. Zum Gesamteindruck dieses ehemaligen Schlafraums, der im 18. Jahrhundert zur Bibliothek wurde, tragen heute Malereien aus dem mittleren 17., 18. und dem 20. Jahrhundert bei. Der Salon, der durch sein Täfer aus der Zeit um 1700 baulich am reichsten ausgestattete Raum, birgt hinter dem Täfer noch Reste eines zur älteren Ausstattung gehörenden Freskos der Schlacht um Wien von 1685, das vom Grauschleier der Jahrhunderte befreit wieder lesbar gemacht werden konnte. Belegt werden konnte, dass dieser wohl beliebteste Aufenthaltsraum im Schloss alle 50 Jahre in seiner Farbgebung dem Zeitgeschmack angepasst worden war. Spuren des Wandschmucks des ehemaligen Festssaals wurden gefunden, die grosse Wasserzisterne in der Küche sichtbar gemacht. Hinter Wandverkleidungen kamen aber auch unbedachte Eingriffe zum Vorschein, die dringlich statische Verstärkungsmassnahmen auslösten. Einmal mehr besticht, auf welch einfachem Bauschema der Palas damals 1552 wieder aufgebaut wurde, eine Baustruktur deren Flexibilität sich über all die Jahrhunderte bewährt hat. Der Gesamteindruck des Gefundenen offenbart, Schloss Wildegg war unter den Effingern über Jahrhunderte baulich weit reicher ausgestattet, als es sich zu Beginn der jetzt abgeschlossenen Restaurierungskampagne zeigte. An Hand mehrerer offen gelassenen Restaurierungsfenster und auch der vorerst teilweisen Neufassung des Wandtäfers im Salon gemäss Befund von 1754, welche wegen eines schadenbildenden Dispersionsanstrichs notwendig war, können Interessierte nun mehrfach Einblick in früher bestehende Farbigkeiten und ornamentalen Wandschmuck aus verschiedenen Zeiten nehmen. Auch für die Denkmalpflege des Kantons Aargau war es eine interessante anspruchsvolle Herausforderung zusammen mit den Bauherrenvertretern, dem bauleitenden Architekten, den ausführenden Fachhandwerkern und den Fachexperten diese der Eidgenossenschaft gehörende, in deren Verantwortung aber unter dem Schutz des Kantons stehende Schlossanlage bestmöglich zu restaurieren. Viele Geheimnisse und Details der Baugeschichte des Schlosses sind aber noch zu entschlüsseln. Nächste Erkenntnisse wird die Aussenrestaurierung bringen. Die nun wieder geöffneten restaurierten Räumlichkeiten und Gartenanlagen laden ein, das Museumsschloss Wildegg und seine Anlagen zu erforschen, den prächtigen Ort zu geniessen und sich in vergangene Zeiten einer Landjunkerfamilie, ihrer Gutsverwalter und Bediensteten zurückzuversetzen.
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