Vor rund 130 Jahren haben unsere Ururgrossväter mit dem Bau des Hagneckkanals ein mutiges, zukunftsweisendes Bauwerk geschaffen. Sie haben damit das Seeland vor immer wiederkehrenden grossflächigen Überschwemmungen bewahrt. Aus dem Sumpfgebiet konnten sie 350 Quadratkilometer ertragreiche Anbauflächen gewinnen und das Seeland zu dem machen, was es heute ist: zum Gemüsegarten der Schweiz. Der Hagneckkanal ist deshalb für den Kanton und die Region von zentraler wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung. Als Nutzniesserinnen und Nutzniesser dieses Bauwerks sind wir verpflichtet, dazu Sorge zu tragen.
Der Kanal ist in die Jahre gekommen. Immer häufigere und immer grössere Hochwasser haben ihm zugesetzt. Der Kanton hat bereits 2004 eine Gefahrenanalyse in Auftrag gegeben, die den Zustand des Kanals beurteilen sollte. Die Studie wurde dann von den Ereignissen überrollt, als das Hochwasser im August 2005 den Kanal bis zum Rand füllte, ja das Wasser an einigen Stellen gar über die Dämme floss. Diese enorme Belastung hat das Bauwerk weiter geschädigt und geschwächt. Obschon wir die nötigen Reparaturen sofort durchgeführt haben, können wir nicht garantieren, dass der Hagneckkanal einem weiteren solchen Hochwasser standhalten würde. Die umfassende Sanierung des Hagneckkanals ist deshalb dringlich und hat im bernischen Hochwasserschutz eine hohe Priorität. Ziel des Sanierungsprojekts ist es, möglichst rasch die Hochwassersicherheit am Hagneckkanal wieder herzustellen und gleichzeitig den Schutz vor extremen Hochwassern zu verbessern. Das Hauptelement der Sanierung besteht deshalb darin, die Dämme zu erhöhen und zu verstärken. Dafür benötigen wir knapp sechs Hektaren zusätzliches Land. Weitere fünf bis sieben Hektaren Land sind ausserdem für die ökologische Auwertung nötig. Der künstlich angelegte Kanal mit seinen hohen Dämmen stellt einen grossen Eingriff in die Natur dar. Es ist deshalb sinnvoll, in diesem Gebiet eine ökologische Aufwertung vorzunehmen. Nicht zuletzt sind wir auch vom Gesetz dazu verpflichtet. Diese Aufwertung kann aus verschiedenen Gründen, die Ihnen meine Nachredner noch darlegen werden, nicht nur innerhalb der Dämme umgesetzt werden. Wir sind zuversichtlich, das erforderliche Land erwerben zu können. Die Verhandlungen mit den Grundeigentümerinnen und -eigentümern sind bisher ermutigend verlaufen. Der Regierungsrat des Kantons Bern wird demnächst den nötigen Kredit für den Landerwerb beschliessen. Der Hagneckkanal dient heute längst nicht mehr nur der Ableitung von Aarewasser. Land-und Forstwirte bewirtschaften das umliegende Land und sind auf Be-und Entwässerung angewiesen. Auf dem Wasser üben sich die Pontoniere, am Wasser versuchen die Fischer ihr Glück, auf den Dammkronen geniessen viele Leute beim Wandern, Skaten und Biken ihre Freizeit. Auch für das Militär ist der Hagneckkanal ein wichtiges übungsgebiet. Ausserdem verlaufen Gas-, Wasser-und Abwasserleitungen in den Dämmen sowie eine Hochspannungsleitung über dem Damm. Viele Interessen vereinigen sich heute auf dem Hagneckkanal. Der Kanton legt Wert darauf, dass die Anliegen dieser verschiedenen Nutzenden bei der Sanierung angemessen berücksichtigt werden. In einem intensiven partizipativen Prozess haben wir deshalb im Verlauf der letzten zwei Jahre mit den Betroffenen Diskussionen geführt. Auf diese Weise ist es uns gelungen, eine Lösung zu skizzieren, die den unterschiedlichen Interessen Rechnung trägt. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten, die zur Lösungsfindung beigetragen haben (und weiterhin dazu beitragen) herzlich danken - insbesondere natürlich den Grundeigentümern der betroffenen Parzellen. Der Terminplan der Sanierung ist äusserst ehrgeizig: Bereits Ende 2010 wollen wir mit den Arbeiten beginnen. Diese werden vier bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Die Gesamtkosten für das Projekt werden auf rund 26 Millionen Franken geschätzt. Mehr als die Hälfte wird der Kanton als Eigentümer übernehmen. Die nötigen Mittel sind bereits in der Finanzplanung eingestellt. Der Bund wird sich voraussichtlich mit 35 bis 45 Prozent an der Finanzierung beteiligen. Eine
generelle Bemerkung zum bernischen Hochwasserschutz:
Angesichts des Klimawandels ist der Hochwasserschutz eine unserer ganz grossen Aufgaben. Der Kanton Bern war in den letzten Jahren regelmässig von schweren und teilweise fast flächendeckenden Unwettern betroffen. Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt und nehmen den Schutz vor dieser Bedrohung ernst: einerseits mit der Ausarbeitung der Gefahrenkarten, die schon weit fortgeschritten ist, andererseits mit den vielen Hochwasserschutzprojekten, die in Arbeit sind. Der Kanton hat für alle laufenden Projekte die notwendigen Mittel reserviert und setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass auch der Bund seinen Pflichten nachkommt. Die Dammsanierung verträgt keinen Aufschub, das nächste Hochwasser kann jederzeit kommen. Beim Kanton treiben wir das Projekt mit Hochdruck voran. Wir sind aber auch darauf angewiesen, dass weiterhin alle Beteiligten und Betroffenen am gleichen Strick ziehen. Da wir letztlich alle im gleichen Boot sitzen, bin ich überzeugt, dass wir gemeinsam dieses Ziel erreichen. Denn die rasche Wiederherstellung des Hochwasserschutzes am Hagneckkanal liegt im Interesse von uns allen!
Der Hagneckkanal ist ein technisches, von Menschenhand erschaffenes Bauwerk der Juragewässerkorrektion, um das Seeland vor Überschwemmungen zu schützen und riesige landwirtschaftliche Flächen zu ent- und bewässern. An das Bauwerk werden eine ganze Reihe von Anforderungen gestellt: Schutz
der Menschen und Umwelt
Im heutigen Zustand kann das Bauwerk die hohen Erwartungen an Schutz und Leistungsfähigkeit nicht mehr erfüllen. Der Hagneck-Kanal ist instabil geworden und kann die ursprünglichen, aber auch die heute zu erwartenden Abflussmengen nicht mehr bewältigen.
Als verantwortlicher Regierungsstatthalter fordere ich im Namen der betroffenen Region eine rasche Sanierung des Bauwerkes unter Berücksichtigung der zukünftig zu erwartenden Wassermengen und einer angemessenen ökologischen Aufwertung. Es sind bereits zahlreiche Forderungen angemeldet worden. Diese alle zu erfüllen, wird nicht möglich sein, da sie oft widersprüchlich sind. Ohne die Kompromissbereitschaft aller Betroffenen kann die Sanierung aber nicht innert nützlicher Frist gestartet werden. Ich bin deshalb sehr beruhigt, dass bei den meisten Betroffenen diese Kompromissbereitschaft vorhanden ist. Die ganze Region steht hinter der Sanierung! Dies ist zu einem grossen Teil den Diskussionen im Rahmen des partizipativen Verfahrens zu verdanken, das im letzten Jahr durchgeführt worden ist. Hier konnten Widersprüche thematisiert und ausdiskutiert werden. Mein Fazit: Mit dem vorliegenden Sanierungsprojekt wird der Kanal in allen Belangen besser, er wird leistungsfähiger, sicherer und ökologischer. Dabei wird es aber nicht möglich sein, alle Wünsche zu erfüllen. Im Namen der ganzen Region danke ich Frau Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer für das forsche Tempodiktat, allen Betroffen, vor allem den Gemeinden, den Grundeigentümern, den Schutzorganisationen für die Kompromissbereitschaft.
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