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Traditionelle Waldnutzungen - Zeitzeugen berichten
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Traditionelle Waldnutzungen - Zeitzeugen berichten

Bis vor wenigen Jahrzehnten war der Wald ein Ort, wo das Vieh Futter und der Mensch neben Holz auch Nahrung, Wirk- und Werkstoffe fand. Forscher der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und des Historischen Instituts der Universität Bern haben nun das Erfahrungswissen von 60 Zeitzeugen dokumentiert. Die eindrücklichen Ergebnisse wurden am 27. Mai 2011 im Freilichtmuseum Ballenberg in Buchform und als Kurz-Dokumentarfilme erstmals öffentlich vorgestellt.

Bauern verwendeten früher Laub und Nadeln als Streu im Stall.

Harz brauchten sie bei der Schweinemetzgete, Holzasche diente ihnen an Stelle von Waschpulver beim Waschen oder auf dem Feld als Dünger.

Fichtenzapfen und Baumrinde waren beliebte Brennstoffe, Arvennüsse, Tannenspitzen, Pilze und Beeren hingegen bedeuteten konzentrierte Nahrung.

Und mit Laub und Farn liessen sich Matratzen und Kissen füllen.

All dies zeigt: Die Produkte aus einheimischen Wäldern und ihre Verwendungsmöglichkeiten sind zahlreich.

Das Sammeln und Weiden wirkte sich auf die Wälder aus. Den WaldÖkosystemen wurden Nährstoffe entzogen, teilweise ging der Holzzuwachs zurück und die Waldverjüngung litt unter dem Verbiss des Viehs. Die Aufgabe einiger traditioneller Waldnutzungen wurde daher vom Forstdienst begrüsst, zum Teil sogar gefördert. Durch diese Nutzungsformen waren aber auch Lebensräume für anspruchsvolle Tier- und Pflanzenarten in lichten Wäldern und auf mageren, beweideten Böden entstanden, die mit der Aufgabe dieser Nutzungen ebenfalls verschwanden. Daher interessiert sich seit einigen Jahren auch der Naturschutz für die Auswirkungen der traditionellen Waldnutzungen auf den Wald und ihre Bedeutung für den Erhalt seltener Arten


Wertvolles Erfahrungswissen
Die heutigen Wälder der Schweiz sind das Ergebnis jahrzehnte- bis jahrhundertelanger Bewirtschaftung. Ein Teil der Waldwirtschaft war geprägt durch lokale Bedürfnisse nach Nahrung und Futter, Kleidung und Waschen, Heizen und Wohnen. Der heutige Waldzustand lässt sich darum nur verstehen, wenn man weiss, wie der Wald früher genutzt wurde. Dieses Wissen ist tatsächlich noch vorhanden, wie Matthias Bürgi von der WSL und Martin Stuber von der Universität Bern feststellten. Zusammen mit ihrem Team befragten sie in den vergangenen Jahren 60 Zeitzeugen aus dem Schächental (UR), dem Prättigau (GR), dem Saanenland (BE), dem vorderen Vispertal (VS) und dem Fankhausgraben (BE) und dokumentierten deren Erfahrungswissen. «Ich habe aus diesen Gesprächen viel über alte Nutzungsverfahren gelernt», sagt Bürgi. Martin Stuber fügt an: «Ich habe den Interviews entnommen, dass das Erfahrungswissen älterer Generationen zu traditionellen Waldnutzungsformen für die heutige Gesellschaft sehr wertvoll ist».

Die Ergebnisse dieses Projektes fliessen in weiterführende Studien ein, in denen die WSL mit Partnern die Auswirkungen früherer Nutzungsformen auf den Kohlenstoffspeicher des Bodens und auf den Nährstoffkreislauf im Wald untersucht. Die Forschenden erwarten, dass sie Zusammenhänge zwischen einzelnen Nutzungsformen und der Artenvielfalt von Waldkräutern erkennen werden.

«Hüeterbueb und Heitisträhl» im Forstmuseum Ballenberg

Das in den traditionellen Waldnutzungen erworbene Erfahrungswissen stellt ein wichtiges kulturelles Erbe dar. Dieser Auffassung waren auch die Bristol-Stiftung für Natur- und Umweltschutz und weitere Geldgeber. Sie hatten erkannt, dass die Gefahr bestand, dass wertvolles Erfahrungswissen zu einzelnen Waldnutzungsformen verloren geht, seitdem viele dieser Nutzungsformen aufgegeben wurden. Um diesen Wissensverlust zu verhindern, unterstützten sie das Projekt grosszügig. Teil des Projektes sind auch sechs Kurzdokumentarfilme über die wichtigsten Nutzungsformen. Die Filme erscheinen zusammen mit einem Buch, das die wichtigsten Erkenntnisse des Projektes reich bebildert darlegt, in der Bristol-Schriftenreihe, die vom Haupt-Verlag herausgegeben wird.

Anlässlich einer Vernissage wurden das Buch «Hüeterbueb und Heitisträhl» sowie die gleichnamigen Kurzfilme der Dokumentarfilmerin Rahel Grunder am 27. Mai 2011 im Freilichtmuseum Ballenberg erstmals öffentlich vorgestellt. Die Filme werden in Zukunft als Teil der ständigen Ausstellung des Forstmuseums im Freilichtmuseum Ballenberg zu sehen sein.

Originalpublikation

Stuber, Martin; Bürgi, Matthias, 2011: Hüeterbueb und Heitisträhl. Traditionelle Formen der Waldnutzung in der Schweiz 1800 bis 2000. Zürich, Bristol-Stiftung; Bern, Stuttgart, Wien, Haupt. 302 S. Mit DVD (6 Kurz-Dokumentarfilme von Rahel Grunder).

Bezugsquellen

Buch "Hüeterbueb und Heitisträhl" (inkl. DVD) Haupt-Verlag
Nur Film "Hüeterbueb und Heitisträhl" WSL-Shop (nur DVD)

Quelle: Text Eidg. Forschungsanstalt WSL 2011

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