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Schweiz Interkulturelles Zusammenleben |
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Zwischen
Staat und Glaube |
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Nationales
Forschungsprogramm «Religionen in der Schweiz» (NFP 58) |
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Die
religiöse Landschaft der Schweiz wird von zwei Tendenzen geprägt:
der schwindenden kirchlichen Bindungen der schweizerischen Bevölkerung
sowie dem Bedeutungszuwachs nicht-christlicher Religionen und alternativer
christlicher Gemeinschaften.
Beide
Tendenzen stellen die überlieferte religiöse Ordnung in Frage.
Damit der säkulare Staat angemessen auf diese Herausforderungen reagieren
kann, hat der Schweizerische Nationalfonds im Auftrag des Bundesrates das
Nationale Forschungsprogramm «Religionen in der Schweiz» (NFP
58) begonnen.
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Die
religiöse Landschaft der Schweiz befindet sich im Umbruch. Dessen
Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft sind noch kaum abzuschätzen.
Deshalb hat der Schweizerische Nationalfonds im Auftrag des Bundesrates
das Nationale Forschungsprogramm «Religionen in der Schweiz»
(NFP 58) begonnen. Es soll mit seinen 28 Forschungsprojekten die wissenschaftlichen
Grundlagen für eine zukunftsweisende Religionspolitik schaffen. |
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Der
Umbruch lässt sich durch zwei teils gegenläufige Entwicklungen
charakterisieren: Pluralisierung und Säkularisierung.
Erstens: Die Pluralisierung der religiösen Landschaft ist eng verknüpft
mit der wachsenden Migration in die Schweiz, aber auch mit dem Bedürfnis
vieler Schweizer und Schweizerinnen, ihre Religiosität anders als
in den traditionellen christlichen Formen zu leben. Hierzulande werden
nicht mehr nur der reformierte, katholische und jüdische Glaube praktiziert,
sondern zunehmend auch der muslimische, hinduistische, buddhistische sowie
nicht-westliche Formen des Christentums. Viele Immigranten und Immigrantinnen
schaffen sich ihre Identität, indem sie ihre religiösen Bindungen
intensivieren. Freilich können sich die neuen Religionsgemeinschaften
oft nur unzureichend organisieren. Für das von ihnen angestrebte geordnete
Gemeindeleben fehlen ihnen die Akzeptanz von Teilen der schweizerischen
Bevölkerung, geeignete Räumlichkeiten und angemessen ausgebildete
Religionsgelehrte. Die Ghettoisierung von Religionsgemeinschaften birgt jedoch die Gefahr ihrer Radikalisierung.
Schwächere
Bindung an die Kirchen
Zweitens: Auch die Säkularisierung der schweizerischen Glaubenslandschaft wirkt
sich auf das gesellschaftliche Zusammenleben aus. Sie betrifft prinzipiell
alle Religionen, in erster Linie aber die nach wie vor grössten religiösen
Gemeinschaften, die öffentlich-rechtlich anerkannten katholischen
und reformierten Landeskirchen. Seit den siebziger Jahren wird die Bindung
der Mitglieder an ihre Kirchen schwächer. Deren Einfluss auf die öffentliche
Meinungsbildung ist am Schwinden. Gleichzeitig ist eine Pluralisierung
auch der christlichen Religion zu beobachten, die zunehmend von evangelikalen
Gemeinden und alternativ-spirituellen Strömungen geprägt wird.
Auch ausserhalb der Kirchen finden esoterische, naturreligiöse und
neuheidnische Glaubenshaltungen wachsende Zustimmung.
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Angesichts
dieser neuen Situation stellt sich für den demokratischen Rechtsstaat
die Frage, wie er auf den Bedeutungsverlust der etablierten Religionen
reagieren und auf die Ansprüche und Bedürfnisse der neuen religiösen
Gemeinschaften eingehen soll. Wie kann er die Gleichbehandlung der verschiedenen
Glaubensrichtungen gewährleisten, wie zwischen Gläubigen und
Nicht-Gläubigen vermitteln? Die Antwort ist schon deshalb nicht einfach,
weil derzeit das Klima für eine sachliche Diskussion schwierig ist. |
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Oft
werden Probleme, die aus sozialen und wirtschaftlichen Integrationsschwierigkeiten
oder aus der Diskriminierung von Immigranten erwachsen, als religiöse
diskutiert. Religion wird als Deckmantel für soziale Missstände
und politische Forderungen instrumentalisiert.
Bedingungen
für das gegenseitige Verständnis
Das
NFP 58 wird in den nächsten drei Jahren mit einem Förderbetrag
von zehn Millionen Franken zur Klärung dieser unübersichtlichen
Situation beitragen. Die an Schweizer Universitäten, Fachhochschulen
und in privaten Büros angesiedelten Forschungsprojekte untersuchen
die Veränderungen in der schweizerischen Religionslandschaft und suchen
praxisrelevante Antworten. Politik, Behörden und Schulen sollen auf
die gegenwärtigen Herausforderungen angemessen reagieren und Bedingungen
für das gegenseitige Verständnis und das friedliche Zusammenleben
der verschiedenen religiösen und nicht-religiösen Gruppierungen
schaffen können. Nicht zuletzt strebt das NFP 58 eine Versachlichung
der öffentlichen Diskussion zu religiösen Themen an.
Das
Nationale Forschungsprogramm «Religionen in der Schweiz» (NFP
58) untersucht - unter anderem aus religionswissenschaftlicher, soziologischer,
historischer, medienwissenschaftlicher und theologischer Perspektive -
die ganze Bandbreite religiöser Einstellungen und Praktiken in der
Schweiz, wobei christliche wie nicht-christliche Religionen und nicht-kirchliche
Formen von Religiosität gleichermassen beachtet werden.
Das
NFP 58 fragt danach, wie die öffentlichen Schulen mit den verschiedenen
Religionen umgehen, welches Bild sich die verschiedenen religiösen
Gemeinschaften vom demokratischen Rechtsstaat machen und welche Rolle die
Religionen bei der Sozialisation in Glaubensgemeinschaften, aber auch in
Familien und unter den Gleichaltrigen sowie im privaten und öffentlichen
Raum spielen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Vermittlung und der
Funktion der Religionen im Gesundheitswesen und in den Medien. Auf dieser
Grundlage erarbeitet das NFP 58 konkrete Empfehlungen für eine künftige
staatliche Religionspolitik.
Quelle:
Text Schweizerischer Nationalfonds SNF, Oktober 2007 |
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