Auswirkungen und Risken des Klimawandels in der Metropolregion Hamburg Mit dem vom KlimaCampus erstellte "Klimabericht für die Metropolregion Hamburg" steht erstmals eine zusammenfassende Wissensgrundlage zur Verfügung, die alle relevanten Erkenntnisse über die bisherige und künftige Entwicklung des Klimas im Raum Hamburg und der umliegenden norddeutschen Region zusammenfasst. Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen haben dafür das vorhandene wissenschaftliche Wissen zusammengetragen und werteten es in Bereichen wie Landwirtschaft, Tourismus, Küstenschutz oder Stadtplanung sowohl für die vergangenen als auch für die kommenden 100 Jahre aus. Diese Bestandsaufnahme zeigt, dass wir in vielen Bereichen mit Ve]ränderungen rechnen müssen. Es zeigen sich zudem zukünftige Handlungsoptionen für Wissenschaft und Politik, um die heute schon entwickelten regionalen Strategien zur Anpassung an den Klimawandel weiter auszubauen. Für die Metropolregion zeigen die Wetteraufzeichnungen der letzten 100 Jahre deutliche Änderungen:
Die bisherige Tendenz der Niederschlagsänderung scheint sich auch in Zukunft weiter fortzusetzen - im Jahresmittel kann der Niederschlag bis 2100 um bis zu 12 % zunehmen. Die Sommermonate können im selben Zeitraum mit etwa 7 % bis 41 % weniger Niederschlag deutlich trockener werden. Im Winter muss sich die Metropolregion Hamburg bis 2100 auf eine starke Niederschlagszunahme von 18% bis 53% einstellen. Der Meeresspiegel wird vermutlich weiter ansteigen und Sturmfluten könnten in der Deutschen Bucht und der Tideelbe bis 2100 um 3 bis 11 Dezimeter höher auflaufen als heute. Alle Zahlen sind jedoch mit bedeutenden Unsicherheiten verbunden. Die Änderungen des Klimas werden Auswirkungen auf Natur- und Wirtschaftsräume mit sich bringen. Es werden schon heute Änderungen der Lebensräume und ihrer Artzusammensetzungen beobachtet und auch im Obst-und Pflanzenbau werden Temperatur-und Niederschlagsänderungen Anpassungen notwendig machen. Positive Effekte durch eine verlängerte Sommersaison könnten den Tourismus in der Metropolregion stärken. Für eine wirkungsvolle Klimaanpassung sollten die erwarteten Klimaänderungen in strategische Entscheidungsprozesse einbezogen werden, bspw. in der Stadt- und Raumplanung. Aussagen zu technischen Anpassungspotenzialen beziehen sich im Wesentlichen auf den Hochwasserschutz. Blick nach Vorne Mit der Vorlage des Klimaberichts liegt nun eine solide, nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erarbeitete Bestandsaufnahme des derzeitigen Forschungsstandes für die Metropolregion Hamburg vor. Der Bericht zeigt auch, welche Möglichkeiten für Wissenschaft und Politik in Zukunft bestehen, heute schon entwickelte Anpassungsstrategien weiter auszubauen. Dabei erscheint es besonders wichtig, dass Wissenschaft, Politik und andere Entscheidungsträger weiter an einem Strang ziehen. Anregungen für die Forschung sollen zum Beispiel helfen, in Zukunft leichter und zuverlässiger auf Daten und Informationen zugreifen zu können. So ist angeregt, die Datengrundlage zur Beschreibung vergangener Klimaänderungen auszuweiten - etwa im Hinblick auf Starkniederschlagsereignisse. Eine kritische Bearbeitung historischer Beobachtungen kann neue Erkenntnisse liefern. Solche "Reanalysen" mit hoch aufgelösten Klimamodellen sollten nicht nur die bestehenden Beobachtungsdaten sondern auch die Änderungen der Bodennutzung und städtebaulichen Veränderungen berücksichtigen. Eine Analyse, inwieweit verschiedene Ursachen für die Klimaänderungen in der Metropolregion verantwortlich sind, also etwa erhöhte globale Treibhausgaskonzentrationen, solare und vulkanische Faktoren, regionale Belastung mit Aerosolen, der veränderliche Stadteffekt oder andere Landnutzungsänderungen, ist für die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen notwendig. Es stellt sich ausserdem die Frage, ob das Stadtklima, z.B. durch geeignete Stadtplanung, steuerbar ist. Um die bestehenden Aussagen für die Zukunft zu verfeinern, sollten die Möglichkeiten der regionalen Klimamodellierung ausgebaut werden. Der "Ensemble Ansatz" (unterschiedliche Regionale Klimamodelle, unterschiedliche Antriebe aus Globalmodellen, unterschiedliche Emissionsszenarien) erlaubt das bessere Ausleuchten der Bandbreite möglicher Änderungen. Von grosser Bedeutung ist auch, welcher Detaillierungsgrad für die weitere Forschung (Klimafolgen) oder für Entscheidungen in Politik und Wirtschaft erforderlich ist. Die Intensivierung der Forschung zu künftigen Extremereignissen (v. a. Starkniederschlagsereignisse sowie Hitzeperioden) ist vor allem für Ballungsräume wichtig - inkl. der Frage, wie bedeutsam Extremereignisse für Umwelt und Gesellschaft sind. Im Bereich der Deutschen Bucht sind besonders Aussagen für die zukünftige Entwicklung des Seegangs und der Wasserstände (die überwiegend von globalen Faktoren, wie der Zukunft der Eisschilde Grönlands und der Antarktis, abhängen) notwendig. Aussagen zur winterlichen Eisdecke existieren bisher nur für die Vergangenheit. Es ist nur schwer abzuschätzen, wie sich zukünftige strombauliche Massnahmen in der Tideelbe auf die Hydrologie und das Ökosystem auswirken. In Verbindung mit dem Meeresspiegelanstieg, der zu erwartenden Temperaturerhöhung und dem klimaabhängigen Abflussverhalten sind die Konsequenzen bisher nur schwer abschätzbar. Die Fischbestände sind schon heute durch die mit steigenden Temperaturen zunehmende Sauerstoffzehrung beeinträchtigt. Weitgehend unbekannt ist, wie sich die Einwanderung fremder, wärmeliebender Arten auswirkt. Hamburg ist ein beliebtes Urlaubsziel. Für die Metropolregion liegen nur für den Bereich Nordsee Analysen des touristischen Angebots und der Auswirkungen des Klimawandels vor. Um einen wettbewerbsfähigen Tourismus zu erhalten, sollten neue Trends im Reiseverhalten inkl. möglicher Anpassungen untersucht werden. Die Metropolregion könnte im Obst- und Pflanzenbau zu den "Gewinnerregionen" in Deutschland gehören. Um dies eingehend zu beurteilen, sind weitere Studien zu der Auswirkung des Klimawandels auf die Landwirtschaft, insbesondere auch den Obstbau, gefordert. Der Umgang mit den Unsicherheiten möglicher zukünftiger Klimaentwicklungen ist für alle Planungsprozesse eine grosse Herausforderung. Welche Potenziale und Lösungsstrategien die Forschung hier vorlegen kann, hat eine grosse praktische Bedeutung auf dem Weg hin zu einer klimaangepassten Metropolregion. Leitbilder, Entwicklungskonzepte und Zielvereinbarungen sind Instrumente, die dialogische Entscheidungsprozesse und die Umsetzungsqualität von Anpassungen verbessern können. Verbunden mit formalen Instrumenten der Raumplanung, können Planungsprozesse ganzheitlich gestaltet werden. Die Frage der Anpassung an den Klimawandel aus Sicht des Hochwasser- und Sturmflutschutzes ist eng mit dem der Stadt- und Landschaftsplanung verbunden. Eine besondere Rolle wird in der Zukunft das "Tideelbekonzept" spielen. Ursprünglich für das Sedimentmanagement gedacht, eröffnet es auch interessante Potenziale für die Minderung der Sturmflutgefahr in der Elbe - speziell für Hamburg. Hier geht es darum, die Wirkung vergangener wasserbaulicher Massnahmen durch andere Massnahmen teilweise zurückzunehmen. Organisatorische Herausforderungen Das Klima, der Klimawandel und die Klimawirkung in Hamburg, aber auch die Kommunikation, die Anpassungsplanung und der regionale Klimaschutz werden in Hamburg von zahlreichen Einrichtungen erforscht. Ein Teil dieser Einrichtungen ist bereits durch das über die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderte Exzellenzcluster CliSAP der Universität Hamburg und ihrer ausseruniversitären Partner vernetzt: verschiedene Institute der Universität Hamburg, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht, das Max-Planck-Institut für Meteorologie und das Deutsche Klimarechenzentrum sowie zahlreiche assoziierte Partner wie z.B. der Deutsche Wetterdienst und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Diese Hamburgische Besonderheit der Verbindung von globaler Dynamik und regionaler Folgen sowie der gemeinsamen natur-, sozial-, kultur- und technikwissenschaftlicher Expertise unter der Überschrift der Klimaforschung ist eine besondere Stärke, die es weiter auszubauen gilt. Dazu gehört auch die Vernetzung mit dem Umland und den dort verorteten KLIMZUG-Projekten. Die Auszeichnung der Stadt Hamburg als Europäische Umwelthauptstadt 2011 bietet weitreichende Möglichkeiten einer synergetischen Verbindung von Klimapolitik und -wissenschaft. Konkrete Vorschläge gibt es für die Bereiche "Tideelbe", "Schutz von Böden in ihrer Klimafunktion" sowie "Schutz von Ökosystemen im Klimawandel". Um ein umfassendes Systemverständnis der Tideelbe zu erlangen, sollten die vorhandenen Daten zentral zugänglich sein - beispielsweise in einem Datenpool. Für den Bereich der Böden wird die Einrichtung einer Sachverständigenkommission empfohlen, um die Rolle der Böden, ihre Funktionen und Veränderungen im Bereich der Metropolregion zu bewerten. Der vom KlimaCampus erstellte "Klimabericht für die Metropolregion Hamburg" ist als Buch im Springer Verlag erhältlich.
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