Gesundheit und Umwelt: Sanitäre Grundversorgung |
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Gesellschaft und Entwicklung
- Gesundheit |
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Gesellschaft und Entwicklung
- Gesundheit |
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Sanitäre
Grundversorgung: Siedlungshygiene
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Konzepte,
die von der internationalen Gebergemeinschaft entworfen werden, scheitern
oft, weil sie lokale Machtstrukturen zu wenig berücksichtigen. Es
ist dann oft gerade das Kompetenzgerangel vor Ort, das national veranlasste
Reformbemühungen erheblich beeinträchtigt und verzögert.
Ausserdem fehlt meist der politische Wille, diese Reformen auch tatsächlich
durchzuführen, weil der Staat nur ungern ihre Macht an dezentrale
Ebenen abgibt. Auch hat die Ressource Wasser in den meisten afrikanischen
Gesellschaften traditionell eine ganz andere Bedeutung als in der westlichen
Welt. Wasser kann in dieser afrikanischen Wertvorstellung weder besessen
noch verkauft, sondern nur geteilt werden. Dementsprechend kann jemandem,
der Wasser braucht, sei es als Trinkwasser, sei es um sein Feld zu bewässern
oder sein Vieh zu tränken, dies nicht verweigert werden. Diese Haltung
ist trotz Reformprozesses, in dem Wasser als Ware zentral verwaltet und
verkauft wird, noch immer tief verankert in der Region.
Aus
GLOWA: Wassermanagement in Afrika (Westafrika:
Wassermanagement)
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Quelle: GIZ (externer Link) |
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Wasserversorgung
: Fallbeispiel Kamerun (Ein Projekt von Helvetas Schweiz)
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Eine
Wasserversorgung ist rasch gebaut. Verhaltensänderungen in Bezug auf
die persönliche Hygiene und die Sauberkeit im Dorf dauern erfahrungsgemäss
länger. Beides funktioniert am besten, wenn die lokale Bevölkerung
konsequent einbezogen wird.
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In
der Nordwest-Provinz von Kamerun, rund 30 Kilometer von der Provinzhauptstadt
Bamenda entfernt, liegt Ntaw Mbenten, ein Dorf mit einigen Tausend Einwohnern.
Die Hauptstadt von Kamerun ist Younde. Es gehört zur Gemeinde Santa,
im Landkreis Mezam. Ntaw Mbenten ist typisch für unzählige Dörfer
in Kamerun. Die meisten seiner Bewohner sind Kleinbauern. Sie leben mehr
schlecht als recht vom Anbau von Mais, Tomaten, Karotten und anderen Gemüsesorten
sowie von der Kleintierzucht.
In
Ntaw Mbenten wurde mit Unterstützung von Helvetas vor zwanzig Jahren
eine dörfliche Wasserversorgung gebaut. Bis dahin war die Bevölkerung
vom Flusswasser abhängig gewesen. Die Wasserversorgung brachte grosse
Erleichterung. Doch nach einigen Jahren begann eine der Quellen, welche
die Versorgung speisten, zu versiegen, und immer weniger Wasser sammelte
sich im Reservoir. |
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Nach
zwanzig Jahren profitierte Ntaw Mbenten daher erneut vom Helvetas Programm
für Wasser und Siedlungshygiene. In Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat
von Santa und der Dorfbevölkerung, die ein Drittel der Kosten übernahmen,
wurde die Wasserversorgung Instand gesetzt. Heute funktioniert sie wieder
einwandfrei - und verfügt erst noch über 15 neue Zapfstellen.
Eine
Wasserversorgung allein reicht nicht
Das
Programm beschränkte sich jedoch nicht auf die Instandsetzungsarbeiten:
Parallel zur Reparatur der Wasserversorgung wurde im Dorf eine Sensibilisierungskampagne
gestartet. Denn man wollte sicher gehen, dass sich die hygienische Situation
der Familien umfassend verbessern würde.
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Als
erstes organisierten die Projektverantwortlichen einen Hygiene-Workshop.
über dreissig Personen nahmen daran teil, hauptsächlich Frauen,
die aus allen sieben Quartieren des Dorfes ausgewählt worden waren.
Zwei Wochen lang lernten die Teilnehmerinnen die sieben Schritte der PHAST-Methode
kennen; mit Hilfe von Zeichnungen analysierten sie die Situation im Dorf
und suchten nach angepassten Lösungen für ihre Probleme.
Die
Ergebnisse des Workshops enthüllten unter anderem das Bedürfnis
nach sicheren Latrinen, Zäunen für die Tiere und Seife zum Händewaschen. |
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Ein
einjähriger Aktionsplan wurde erarbeitet und ein Komitee eingesetzt,
das gemeinsam mit dem Gemeinderat und dem Dorfchef für die Umsetzung
der geplanten Massnahmen verantwortlich sein sollte. Zum Abschluss des
Workshops skandierten die Teilnehmerinnen singend und tanzend: «Es
muss funktionieren! Es muss funktionieren!»
Im
Zentrum steht die Überzeugungsarbeit
Nach
dem Kurs wurden fünf Mitglieder des PHAST-Komitees (drei Männer und zwei Frauen) von einem Spezialisten aus Bamenda im
Bau von Latrinen unterrichtet. Unter seiner Anleitung konstruierten sie
drei Beispiellatrinen - vom eher rustikalen bis zum VIP-Modell - und stellten
sie an einer Dorfversammlung vor.
Die
Präsentation war Teil der Sensibilisierungsarbeit, die zu den Hauptaufgaben
des Komitees gehört. Ein Spaziergang durch das Dorf belegt, dass es
dabei nicht schlecht vorankommt: Mittlerweile sind schon fünf neue
Latrinen errichtet worden; Tiere werden nun eingezäunt, die Umgebung
der Häuser wird sauber gehalten. überall kann man Löcher
entdecken, die ausgehoben worden sind, und Material, das für den Bau
von weiteren Latrinen zusammengetragen worden ist.
Das
Komitee erstattet dem Gemeinderat von Santa Bericht über seine Tätigkeit.
Denn dieser trägt letztlich die Verantwortung für die Aktivitäten;
er unterzeichnet auch die Zusammenarbeitsverträge mit Helvetas und
anderen Projektpartnern. Die zuständigen Gemeindemitarbeiter besuchen
das Komitee regelmässig, um sich mit den Mitgliedern auszutauschen.
Zudem sorgt die Gemeinde dafür, dass die Kampagne in andere Dörfer
getragen wird. Sie hat bereits einen zweiten PHAST-Workshop in einem Nachbardorf durchgeführt. Das anschliessende Training für
die an-gehenden Latrinenbauer erteilten die angelehrten Mitglieder des
Komitees aus Ntaw Mbenten.
Hygieneprojekte
sind kein Zuckerschlecken
Die
Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Beteiligten eher für die Siedlungshygiene-Projekte
verantwortlich fühlen, wenn sie in deren Planung und Umsetzung mit
einbezogen werden. Die übertragung der vollen Verantwortung auf die
Dorfbevölkerung ist allerdings ein langwieriger Prozess. Viele Menschen
erwarten nach wie vor, dass solche Aktivitäten von aussen initiiert
werden müssen. Die Selbständigkeit der lokalen Unterhaltskomitees
bleibt eine Herausforderung.
Darüber
hinaus gibt es kulturelle Tabus, einschliesslich des Hexenglaubens, welche
die Akzeptanz von veränderten Hygienegewohnheiten verhindern. Es braucht
viel Zeit, die Lokalbevölkerung zu einer änderung ihrer Verhaltensweisen
zu bewegen. Am Anfang verbergen die Teilnehmer der Workshops beispielsweise
häufig den hygienischen Zustand ihrer Häuser, weil sie sich schämen.
Für Frauen ist es besonders schwierig, Veränderungen durchzusetzen
(z.B. eine Latrine zu bauen), weil die Männer die wichtigen Entscheidungen
selbst treffen und das Land besitzen. Geduld und Dialogbereitschaft gehören
darum gerade bei Hygieneprojekten zu den wichtigsten Voraussetzungen.
Ein
Workshop verändert das Leben der Mbahs
Honorine
Mbah lebt seit 30 Jahren in Ntaw Mbenten. Sie ist verheiratet und hat vier
Kinder. Frau Mbah war sehr glücklich, als sie eingeladen wurde, den
PHAST-Workshop zu besuchen. Am Anfang hatte sie zwar ein bisschen Angst:
«Ich dachte, ich würde mit der Sprache nicht klar kommen»,
erzählt sie. «Aber zu meiner überraschung erfolgte der
Unterricht in Pidgin-Englisch (eine vereinfachte und mit lokalen Ausdrücken
gemischte Form des Englischen, Anm.), und es wurden viele Bilder benutzt,
die mir das Verständnis erleichterten.»
Frau
Mbah besuchte den gesamten Kurs und beteiligte sich rege an den Diskussionen.
Und jeden Abend brachte sie die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Kurs zu
Hause in ihre Familie ein. Ihr neues Wissen blieb bei den Familienangehörigen
hängen. «Eines Tages, als ich gerade essen wollte, sagte meine
Tochter zu mir: «Mama, du hast doch erzählt, dass man dir beigebracht
hat, die Hände mit Seife zu waschen vor dem Essen!? Ich war total
empört», berichtet sie schmunzelnd.
Früher
hatte ihre Familie eine offene Latrine. Nach dem Workshop gelang es Frau
Mbah, ihren Mann davon zu überzeugen, Geld vom Verkauf des Gemüses
in den Bau einer neuen Latrine zu investieren. «Ich konnte es fast
nicht erwarten, ein neues Klo zu bekommen. Nach dem Workshop konnte ich
das alte fast nicht mehr benutzen, so unangenehm war es mir. Nun zeige
ich allen Besuchern stolz unsere neue Latrine.» Der Familie geht
es seither gesundheitlich viel besser. «Meine Familie zählte
wegen ihrer Magenprobleme zur Stammkundschaft im Gesundheitszentrum im
Dorf», sagt Frau Mbah. «Dank dem neuen Klo hat das jetzt ein
Ende.»
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PHAST
(«Participatory Hygene and Sanitation Transformation») ist
ein sieben Punkte Programm, mit dessen Hilfe lokal angepasste Hygienemassnahmen
ergriffen werden können. In einem Workshop lernen die Teilnehmenden,
die Probleme mit der Sauberkeit im Dorf und Haushalt zu identifizieren
und zu analysieren (Schritte 1 und 2).
Danach
werden lokale Lösungen diskutiert und die besten davon ausgewählt
(Schritte 3 und 4).
Als
nächstes machen sich die Teilnehmenden an die Planung von Veränderungsprozessen
und erstellen einen Aktionsplan (Schritte 5 und 6).
Als
letzter Schritt wird festgelegt, wie die Ergebnisse der angestrebten Prozesse
evaluiert werden sollen. Für die eigentliche Umsetzung der Massnahmen
ist ein Komitee zuständig, das vor Abschluss des Workshops aus dem
Teilnehmerkreis gewählt wird. |
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