In der Schweiz leben knapp 24 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren in einem Haushalt mit mindestens einem Kredit – das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2008. Schulden zu haben kann Lebens- und Berufswege negativ beeinflussen, deshalb brauchen Fachstellen geeignete präventive Massnahmen, um Jugendliche und junge Erwachsene vor einer Überschuldung schützen zu können. Wie müssen diese ausgestaltet sein, damit sie wirken? Die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit ist dieser Frage in einer Studie nachgegangen. In Auftrag gegeben wurde der Bericht von der Schuldenberatung Aargau-Solothurn, der Plusminus Budget- und Schuldenberatung Basel, der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen und der Müller-Möhl Foundation. Ein Grossteil der Jugendlichen geht verantwortungsbewusst mit Geld um. Es sind vor allem junge Erwachsene ab 18 Jahren mit niedriger Schulbildung, abgebrochener Ausbildung und tiefem Einkommen, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, in Überschuldung zu geraten. Für diese jungen Menschen sind gezielte präventive Massnahmen nötig. Das Allgemeinwissen in Bezug auf den Umgang mit Geld schützt alleine nicht vor Überschuldung. Psychologische Faktoren (z.B. Selbstvertrauen, Selbstkontrolle) sind zentraler. Schliesslich beeinflussen auch die Eltern über die Vermittlung von Einstellungen und Werten das Verhalten der Kinder. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat eine Gruppe von Expertinnen und Experten Empfehlungen zur Präventionsarbeit formuliert: Themen wie Schulden und Geld sind zu enttabuisieren, der Fokus der präventiven Arbeit ist auf sogenannte Multiplikatoren (z.B. Eltern, Jugendarbeitende, Berufsschulen) zu legen, die Eltern müssen besser informiert und die Ressourcen für die Schuldenprävention ausgebaut werden. Weitere Informationen zur Studie «Wirkt Schuldenprävention? Grundlagen für die praktische Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen» finden Sie auf www.hslu.ch/schuldenpraevention.
Schuldenprävention wird immer wichtiger. Aber wirkt sie auch? Akteure aus der Jugendpolitik, der Schuldenprävention und dem Stiftungswesen haben die Hochschule Luzern beauftragt, die Wirksamkeit von Schuldenprävention zu untersuchen. Die Studie "Wirkt Schuldenprävention?“ gibt einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse. Sie soll direkt für die Planung von Interventionen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt werden. In mehreren Kantonen werden gegenwärtig Fachstellen für Schuldenprävention auf- oder ausgebaut. Darum ist die Frage aktuell, wie Angebote der Schuldenprävention ausgestaltet sein müssen, damit sie mit den vorhandenen Mitteln die grösstmögliche Wirkung erzielen. Die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen EKKJ, die Schuldenberatung Aargau-Solothurn, Plusminus Budget- und Schuldenberatung Basel und die Müller-Möhl Foundation haben deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, die helfen soll, das gesammelte Wissen über die Wirksamkeit von Schuldenprävention in der Praxis zu nutzen. Die Ergebnisse erlauben wissenschaftlich begründete Aussagen darüber, welche präventiven Massnahmen junge Menschen tatsächlich vor Verschuldung schützen können. Wer braucht Schuldenprävention? Der Grossteil der Jugendlichen geht verantwortungsbewusst mit Geld um. Die Mehrzahl der jungen Erwachsenen schafft den Schritt in die soziale und finanzielle Selbständigkeit ohne grössere Probleme. Ein Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aber verschuldet sich in dieser Entwicklungsphase - oft mit weitreichenden und langjährigen Folgen. Gezielte schuldenpräventive Massnahmen sind deshalb besonders für jene Gruppen nötig, die statistisch gesehen ein Risiko haben, sich früh zu verschulden. Das sind Erwachsene ab 18 Jahren mit niedriger Schulbildung, abgebrochener Ausbildung, fehlendem Berufsabschluss und tiefem Einkommen. Junge Männer sind dabei nur unwesentlich häufiger betroffen als junge Frauen. Arbeitslosigkeit, eine Herkunftsfamilie mit tiefem Einkommen und eine bereits bestehende Verschuldung der Eltern vergrössern das Überschuldungsrisiko. Welche Schuldenprävention ist wirksam? Financial literacy, d.h. das Allgemeinwissen in Bezug auf den Umgang mit Geld, spielt eine wichtige Rolle in der Praxis der Schuldenprävention. Finanzkompetenz allein genügt aber nicht, um Jugendliche und junge Erwachsene vor einer Überschuldung zu schützen. Die Studie zeigt, dass psychologische Faktoren insgesamt entscheidender sind: Selbstvertrauen, die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben und Selbstkontrolle sind wichtige Schutzfaktoren. Daneben erweist sich die Orientierung an Werten und Normen als zentral: Hauptsächlich konsumorientierte Werte begünstigen eine Überschuldung. Vor allem dann, wenn ein tiefes Selbstwertgefühl der Jugendlichen, eine hohe Beeinflussbarkeit und eine enge Bindung an ebenfalls konsumorientierte Gleichaltrige besteht. Junge Erwachsene verschulden sich aber nicht hauptsächlich durch Konsumkredite: an erster Stelle stehen vielmehr nicht bezahlte Rechnungen, allen voran die Steuerschulden. Noch liegen keine vergleichenden Studien über den Einfluss von Steuer- und Versicherungssystemen auf die Überschuldung junger Erwachsener vor. Es ist aber bekannt, dass junge Menschen sich seltener verschulden, wenn sie sich zutrauen, mit ihrem Geld gut umzugehen und wenn sie über einen Handlungsspielraum verfügen, den sie selber kontrollieren können. Elterliche Unterstützung und eine nicht konsumorientierte Erziehung spielen eine wichtige Rolle. Wo sind die Grenzen der Schuldenprävention? Am Anfang einer Überschuldung stehen oft Arbeitslosigkeit, Krankheit, frühe Elternschaft, eine (zu) frühe Ablösung vom Elternhaus oder, bei jungen Frauen, emotionale Abhängigkeitsbeziehungen zu Partnern. Gegen Schicksalsschläge und schwierige Übergänge ins Erwachsenenleben ist die Schuldenprävention machtlos. Doch können gezielte Informationen und Abklärungen zu den finanziellen Folgen solcher Ereignisse das Schuldenrisiko vermindern. Was sagen Fachleute zur Studie? Fachpersonen aus der Schuldenberatung, der Schuldenprävention, dem Jugendschutz, der Wirtschaft, dem Konsumentenschutz sowie kantonale Behörden haben die Studienergebnisse diskutiert und mit Erfahrungen der Praxis ergänzt. Als zentral erachten die Experten - in Ergänzung zu den Schlussfolgerungen des Berichts - die Enttabuisierung von Schulden und privatem Geld, die Fokussierung der präventiven Arbeit auf Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (z.B. Eltern, Jugendarbeitende, Berufsschulen), und den Ausbau der Ressourcen für Schuldenprävention. Schlussfolgerungen für die schuldenpräventive Praxis Für die Praxis lassen sich aus der Studie folgende Schlüsse ziehen: Finanzwissen allein reicht nicht aus für eine wirksame Schuldenprävention. Informationen zur Studie Die Studie "Wirkt Schuldenprävention?" wurde im Auftrag der Schuldenberatung Aargau-Solothurn (mit finanzieller Unterstützung von Swisslos Kanton Aargau), Plusminus, Budget- und Schuldenberatung Basel (mit finanzieller Unterstützung der Christoph Merian Stiftung), der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen EKKJ und der Müller-Möhl Foundation erstellt. Durchgeführt wurde sie unter der Leitung von Dr. Claudia Meier Magistretti, Gesundheitswissenschaftlerin und Psychologin FSP, Dozentin und Projektleiterin am Kompetenzzentrum Prävention und Gesundheit der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit. Der Bericht "Wirkt Schuldenprävention? Grundlagen für die praktische Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen" sowie eine Kurzfassung stehen auf www.hslu.ch (unter Aktuelles), www.hslu.ch/schuldenpraevention sowie unter www.schulden.ch (unter Prävention, Publikationen und Studien) zur Verfügung
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