Mit ihrem neuesten Bericht setzt sich die Eidg. Kommission für Kinder- und Jugendfragen dafür ein, dass Kinder und Jugendliche frühzeitig einen überlegten Umgang mit Geld und Konsum lernen. Experten aus Marketing, Konsumentenschutz, Präventionsarbeit und Wissenschaft kommen im Bericht zu Wort und beleuchten aus verschiedenen Blickwinkeln, warum es so wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche zu kompetenten Konsumenten werden und wie sie dabei unterstützt werden können. Das weite Feld des Konsumverhaltens von Kindern und Jugendlichen ist wissenschaftlich noch sehr wenig erforscht. Da die Konsumkultur jedoch unsere Gesellschaft zunehmend prägt, bewegen sich Kinder und Jugendliche immer früher in der Welt des Konsums und nehmen daran teil. Der heute veröffentlichte Bericht richtet sich an alle, die Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützen: Eltern, Lehrpersonen, Jugendarbeitende, PolitikerInnen etc. Er beleuchtet in zahlreichen Expertenbeiträgen die Breite des Themenkreises: Wie lernen Kinder und Jugendliche einen kompetenten Umgang mit Geld? Wie werden junge Konsumentinnen und Konsumenten als Kunden umworben? Gibt es typische Schuldenfallen für junge Menschen? Welche Schutzfaktoren und präventiven Massnahmen können helfen, einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld und Konsum zu erlernen? Mit diesen und weiteren Fragen hat sich die EKKJ eingehend befasst und Handlungsbedarf festgestellt. Werbefreie Räume oder warum wir Kinder und Jugendliche nicht der Dauerberieselung mit Werbebotschaften aussetzen wollen Kinder und Jugendliche sind eine interessante Zielgruppe für Werbung und Marketing. Sie verfügen über reichlich eigenes (Taschen-)Geld und beeinflussen zudem auch das Kaufverhalten ihrer Eltern. Deshalb ist Kindermarketing in der Schweiz sehr präsent. Im Alter von zehn Jahren kennt ein Kind heute 300 bis 400 Markennamen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Kinder und Jugendliche aufgrund ihres persönlichen Entwicklungsstandes und Erfahrungsschatzes einfacher beeinflussbar sind. Deshalb braucht es werbefreie Räume! Kinder und Jugendliche sollen ohne kommerzielle Beeinflussung lernen können. Markenlogos gehören weder auf Lernmaterial noch an Sportanlässe. Die EKKJ fordert deshalb, dass jede Art von Marketing von Kindergärten, Schulen und der familienergänzenden Betreuung ferngehalten wird. Verschuldung ist kein Jugendproblem, aber… Die Datenlage zur Verschuldung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ungenügend. Nur vereinzelte Studien erheben Daten auf gesamtschweizerischer Ebene (SILC 2011 und Schweizer Haushaltpanel). Aus SILC 2011 (Daten von 2008) geht hervor, dass rund 9% der 18-29-Jährigen in einem Haushalt mit kritischen Kontoüberzügen und Zahlungsrückständen leben. Das ist aber nicht mehr als in der Altersgruppe der 30-49-Jährigen. Verschuldung ist also kein spezifisches Jugendproblem, sondern ein generelles Problem unserer heutigen Gesellschaft. Trotzdem ist Verschuldung junger Menschen ein zentrales Thema, weil die Folgen einer Verschuldung in jungen Jahren viel schwerer wiegen und oft sehr langfristige einschränkende Auswirkungen auf Lebensplanung und Beziehungsnetz haben. Typische Schuldenfallen und wie wir Junge davor schützen (könnten) Es gibt eine Reihe individueller Stolpersteine, die ein Verschuldungsrisiko bergen können wie der Verlust eines gut bezahlten Jobs, Familiengründung, Scheidung, Krankheit oder der für junge Erwachsene besondere Meilenstein: das Ausziehen von zu Hause. Es gibt aber auch zwei systembedingte Stolpersteine, die zur Schuldenfalle für junge Erwachsene werden können: Steuern und Gesundheitskosten. Nehmen wir als Beispiel den Kanton Basel-Stadt: Ein Viertel der Betreibungen betreffen nicht bezahlte Steuern. Ebenfalls etwa ein Viertel der Betreibungen betreffen nicht bezahlte Leistungen bei Krankenkassen. Das heisst, bei jeder zweiten Betreibung geht’s nicht um teure Handtäschli, schnelle Autos oder extravagante Ferien, sondern um Schulden bei der Steuerverwaltung oder der Krankenkasse.Wir können junge Menschen nicht vor Schicksalsschlägen bewahren. Aber wir können die strukturellen Gegebenheiten so verändern, dass nicht noch zusätzliche Verschuldungsrisiken hinzukommen. Deshalb braucht es aus Sicht der EKKJ dringend Überlegungen zur strukturellen Schuldenprävention, zum Beispiel zum Direktabzug der Steuern vom Lohn oder zur Direktbezahlung aller obligatorischen Krankenkassenleistungen durch die Kassen (Modell: tiers payant). Mit der Beseitigung dieser strukturellen Schuldenfallen könnte manche Verschuldung junger Erwachsener verhindert werden. Konsumkompetenzen frühzeitig fördern Kinder und Jugendliche brauchen Erfahrungsräume resp. Erfahrungsmöglichkeiten, wo sie den Umgang mit Geld und Konsum erlernen können, sei es in der Familie, in der Schule, in der Jugendarbeit etc. Wie das Velofahren oder das Rechnen erlernen Kinder auch das Konsumieren durch Ausprobieren und Üben. Weil Kinder bereits von der Werbung als Konsumenten angesprochen werden, bevor sie selbst Kaufentscheide treffen können respektive über eigenes Geld verfügen, muss Konsumbildung frühzeitig einsetzen. Und sie muss altersgerecht sein, damit sie gewinnbringend ist. Die Präventionsforschung zeigt, dass gewisse Faktoren vor Verschuldung schützen, nämlich Selbstvertrauen, die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Dabei spielen die Eltern als Vorbilder und Ratgeber eine wichtige Rolle. Fazit Damit Kinder und Jugendliche einen kompetenten Umgang mit Geld und Konsum erlernen und nicht in die Schuldenfalle tappen oder zum Spielball der Werbung werden, braucht es Schutz- und Fördermassnahmen. Die EKKJ formuliert deshalb in ihrem Bericht sechs Forderungen an Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. 1. Keine Werbung, die Kindern schadet (Werbefreie Räume).
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