Die heutige Schweiz kann auf eine äusserst wechselvolle Geschichte zurückblicken. Die Festigung und Befriedung des heutigen Staatsgebildes dauerte viele Jahrhunderte. Während 500 Jahren wurde das Gebiet der heutigen Schweiz von Machtkämpfen, Intrigen und von vielen gegensätzlichen Entwicklungen geprägt. Die Gegensätze zwischen ländlichen und städtischen, reformierten und katholischen, konservativen und liberalen sowie zwischen armen und reichen Gebieten führten immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen. Demokratische Regierungsformen entwickelten sich eher in den ländlichen Gebieten. In den Städte herrschten autokratische Kreise.
Bis Ende des 18. Jahrhundert bestand das Gebilde, das wir heute Schweiz nennen, aus einer Vielzahl von selbständigen Gebieten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschlossen 9 weitere Kantone, sich der Schweizerischen Eidgenossenschaft anzuschliessen. 1979 spaltete sich nach einigen Volksabstimmungen der Jura vom Kanton Bern ab und bildete einen eigenen Kanton innerhalb der Eidgenossenschaft. Die europäischen Grossmächte wie Russland, Preussen, Frankreich oder Österreich waren häufig in irgendeiner Form an den Ereignissen beteiligt. Die Französische Revolution von 1789 bis 1799 führte in Europa zutiefgreifenden macht- und gesellschaftspolitische Veränderungen hatte.Die Französische Revolutionäre bekannten sich zu den Menschenrechten undstrebten gerechtere Gesellschaftsverhältnisse (égalité, fraternité -Gleichheit und Brüderlichkeit) an. Im Jahr 1799 wurde die Schweizerische Eigenossenschaft in die militärischen Machtkämpfe zwischen den europäischen Grossmächten hineingezogen. Französische Truppen eroberten 1798 die Stadt Bern. Weite Teile desMittellandes kamen unter französischen Einfluss. Die französischenBesetzer riefen 1798 die Helvetische Republik aus und besiegelten damit dasEnde der alten Eidgenossenschaft, welche noch die altenGesellschaftideale vom einfachen, von den "gnädigen Herren" abhängigenVolk pflegte. Die katholischen Urkantone (Uri, Schwyz, Unterwalden undLuzern) leisteten den fremden Herren erbitterten Widerstand. Nachblutigen Schlachten eroberten die Franzosen die Innerschweiz. 1798 gründeten Schweizer Revolutionäre mit Hilfe von Frankreichs Herrscher Napoleon die zentralistische Helvetische Republik. Die Ideen der Revolutionäre fanden in der Bevölkerung keinen Rückhalt. In den Wirren um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts zogen grosse französische und russische Heere (wie jenes 1799 unter der Führung des Generals Suworow) durch die Schweiz. Aarau war für kurze Zeit die Hauptstadt der Republik. Es war eine besonders leidvolle Zeit für die Bevölkerung. In der Folge erhielt die Eidgenossenschaft 1803 unter dem Diktat von Napoleon eine föderalistische Verfassung, in welcher die Kantone Aargau, Thurgau, St. Gallen, Tessin, Waadt und Graubünden endlich als gleichberechtigte Mitglieder verankert wurden. Die von Frankreich zuvor annektierten Kantone Genf und Wallis sowie Gebiete im Jura wurden in die Eidgenossenschaft eingegliedert. Die von Frankreich zuvor annektierten Kantone Genf und Wallis sowie Gebiete im Jura wurden in die Eidgenossenschaft eingegliedert. Napoleons Feldzug gegen Russlands Zarenreich erwies sich als Pyrrhussieg. Napoleon musste 1812 seine mehr als 140'000 Soldaten zählende Streitmacht mit dem Beginn des harten russischen Winters wieder nach Osten abrücken lassen. Trotz einigen militärtaktischen geschickten Schachzügen wurde der Rückkzug für Frankreichs mächtige Armee zum Desaster. Napoleon geriet in seinem Heimatland unter den politischen Druck von Kreisen der Oberschicht. Im Volk blieb das Ansehen des grossen Führers nach seinen vielen militärischen Erfolgen in der Vergangenheit intakt. Napoleon setzte sich heimlich mit seinen engsten Vertrauten von seinen auf dem Rückzug befindenden ausgebluteten Truppen nach Frankreich ab, wo er den aufkeimenden Unmut im Keime ersticken wollte. Der Rest der militärischen Führungsstäbe gelang ein wenig später zusammen mit einigen Tausend ausgehungerten Soldaten vor den drei bedrohlich nachrückenden russischen Heeren ins Heimatland zu flüchten. Der Russlandfeldzug kostete nach Einschätzung von Historikern über 600'000 Menschenleben von Zivilisten und Soldaten. Auf der Basis seiner alten militärischen Führungsstäbe baute Napoleon 1713 eine neue Armee auf, welche 1714 bei Waterloo endgültig vernichtet wurde. Napoleons und damit Frankreichs Macht in Europa war gebrochen. Die "Grande Nation" verlor ihren Einfluss in Europa. Russland wurde wieder zu einem entscheidenden Machtfaktor in Europa. Die helvetischen Revolutionäre verloren mit Napoleon ihren wichtigsten Ideengeber und Mentor. Die Phase der Helvetischen Revolution und ihrer Republik wurde unter dem militärischen Druck der 16 Stände der Schweizerischen Eigenossenschaft beendet. Die Eidgenossen entrissen dem geschwächten Frankreich noch einige Gebiete im Westen der Bundesgebiete und gliederten diese als Untertanenbiete dem Staatenbund an.
Mit der neuen Verfassung konnten der Kulturkampf zwischen den liberalen und den konservativen Kreise entschärft werden. Die Wahl von Bern als neue Bundeshauptstadt war eine Kompromisslösung, welche dem neuen "eidgenössischen Geist" förderlich war.
Vor 200 Jahren wurden im Rahmen des Wiener Kongresses (September 1814 - Juni 1815) Grundsätze verankert, die noch heute die internationale Politik bestimmen. Wesentlich zur Neuordnung Europas beigetragen haben dabei der Walzer und die Diplomatie. Der Genfer Charles Pictet de Rochemont hatte am Kongress die Anerkennung der Schweizer Neutralität erreicht. Gabriel Eynard war sein persönlicher Sekretär.Der Freiburger Jean de Montenach war einer der drei Schweizer Gesandten am Wiener Kongress. Anna Eynard-Lullin, der Ehefrau von Jean-Gabriel Eynard, und Jean de Montenach hattenihre Erlebnisse am Kongress je in Tagebüchern aufgezeichnet. Die beiden Tagebücher zeigen deutlich, welchen Stellenwert das gesellige Rahmenprogramm des Kongresses hatte: Die Musik, die Bälle und die Bankette sorgten für Möglichkeiten des Austausches und der Diskussionen, von welchen gerade die "kleinen Staaten" wie die Schweiz zu profitieren versuchten, um ihre politischen Positionen voranzubringen. Jean de Montenach und Anna Eynard-Lullin waren zugegen in den Wiener Palästen, wo die Siegermächte die Karte Europas neu zeichneten. Sie hielten ihre Erinnerungen und Eindrücke für die Nachwelt fest und lieferten uns damit eine stereoskopische Betrachtung der Neuerschaffung Europas durch einen Kongress, der nicht zuletzt im Zeichen des amusements stand. Am 18. Juni 1815 wurde die Schlussakte des Wiener Kongresses (Acte final) ratifiziert. In der Schweiz werden die Ergebnisse des Wiener Kongresses auf die "Kantonsgeschichte" reduziert wird (der Wiener Kongress als Erfolg für die Kantone Waadt und Genf und als Katastrophe für den Jura, der dem Kanton Bern zufiel). Zusammen mit Alexandre Dafflon des Freiburger Staatsarchivs hat sich Benoît Challand, Professor am französischsprachigen Bereich für Zeitgeschichte der Universität Freiburg mit den täglichen Aufzeichnungen von Anna Eynard-Lullin und Jean de Montenach befasst. Die bisher unveröffentlichten Aufzeichnungen wurden im Buch «Journaux du Congrès, Vienne 1814 -1815, "J'ai choisi la Fête"» zusammengetragen. Das Buch ist in französischer Sprache bei der Société d'histoire du canton de Fribourg SHCF erhältlich.
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