Damit wir den Klimawandel wirkungsvoll bekämpfen können, muss der CO2-Ausstoss massiv sinken: auf 1 Tonne pro Kopf und Jahr. Der Weg zu diesem Jahrhundertziel führt nach Meinung von ETH-Forschenden über eine Energiestrategie, die auf drei Pfeilern ruht: Effizienzsteigerung, erneuerbare Energien und Elektrifizierung. Die verschiedenen Berichte des UN-Klimarats (IPCC) haben der Weltöffentlichkeit im vergangenen Jahr deutlich vor Augen geführt: Wenn am Ende dieses Jahrhunderts das Klima auf unserem Planeten stabil sein soll, müssen die CO2-Emissionen in den kommenden Jahrzehnten erst in ihrem Wachstum abgebremst und dann gesenkt werden. Der maximal erlaubte CO2-Ausstoss Ende des 21. Jahrhunderts beträgt gemäss IPCC weltweit rund 2000 Gigatonnen. Ausgehend von dieser Zahl, bedeutet dies eine markante Reduktion des Ausstosses an CO2 pro Kopf. Derzeit liegt der Pro-Kopf-CO2-Ausstoss in der Schweiz bei 9 Tonnen im Jahr; der weltweite Durchschnitt beträgt etwa die Hälfte. "Das klima- und energiepolitische Jahrhundertziel muss sein, dass im Durchschnitt jeder Erdenbürger pro Jahr nicht mehr als eine Tonne Kohlendioxid verursacht", erklärte Prof. Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich. 3E-Strategie konsequent umsetzen Dieses Emissionsziel für Kohlendioxide ist angesichts der heutigen Werte zwar sehr ehrgeizig, kann aber gegen Ende des 21. Jahrhunderts in der Schweiz und weltweit erreicht werden. Dies zeigen Berechnungen des ETH-eigenen Energy Science Center (ESC). Voraussetzung dafür sei die konsequente Umsetzung einer Energiestrategie, die auf drei Pfeilern ruht - so Prof. Konstantinos Boulouchos. Diese
Strategie umfasst:
1.
das Ausschöpfen der Effizienzpotenziale,
Die Effizienzsteigerung betrifft alle Stufen der Energieumwandlungskette, von der Gewinnung der Primärenergie über die Speicherung und Verteilung bis hin zur Nutzung. Das damit verbundene Sparpotenzial kann noch verstärkt werden, indem die Nachfrage nach Nutzenergie durch marktwirtschaftliche Anreize beeinflusst wird. Die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energieträger (z.B. Fotovoltaik, Wasser, Wind) stellt den zweiten Pfeiler in der 3E-Strategie dar. Dabei müssen sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Aspekte der erneuerbaren Energien mitberücksichtigt werden. Elektrizität als Rückgrat des Energiesystems Das letzte "E" in der 3E-Strategie steht für Elektrifizierung. In der Zukunft wird sich die CO2-arme Elektrizität nach Meinung der ETH-Forscher als Rückgrat eines nachhaltigen Energiesystems etablieren. Der Strom findet immer mehr Anwendung bei der Heizung und Kühlung von Gebäuden (z.B. mit Wärmepumpen); langfristig aber auch im Individualverkehr, vom Hybrid-Antrieb bis hin zum vollelektrischen Fahrzeug. Die Umstellung des Energiesystems wird mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist es, heute damit zu beginnen. Dazu gehört, die in den Industrieländern vorhandene Infrastruktur (übertragungsnetzwerke, Kraftwerke) zu erneuern bzw. in den Schwellenländern eine solche aufzubauen. Innovative Forschung an der ETH
Die ETH betreibt intensiv Forschung mit dem Ziel, neue Lösungen und Wege zu finden, um der CO2-Problematik zu begegnen. Prof. Marco Mazzotti vom Institut für Verfahrenstechnik erforscht die Möglichkeiten, CO2 in fossil befeuerten Kraftwerken abzuscheiden und chemisch in stabile feste Substanzen einzubinden. Diese sogenannte Mineralisierung ermöglicht eine dauerhafte und sichere Lagerung des Treibhausgases. Leistungselektronik wird immer kleiner und effizienter: Die Forschungsgruppe um Prof. Johann Kolar von der Professur für Leistungselektronik und Messtechnik entwickelt Komponenten, die beispielsweise in Hybrid-Autos zum Einsatz kommen. Dort leisten sie mit einer effizienten Steuerung des Antriebssystems einen Beitrag zu einem umweltschonenderen Individualverkehr. Wärmepumpe statt Heizkessel ETH-Forschung mit grossem Zukunftspotenzial findet auch auf dem Gebiet der Gebäudetechnik statt. Bereits heute vorhandene Technologien würden es erlauben, die CO2-emittierenden Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen durch eine Kombination von neuartiger Wandisolation und Wärmepumpe zu ersetzen - mit erneuerbarer Gratisenergie aus dem Boden. Dieses ausgeklügelte Konzept eigne sich nicht nur für neue, sondern auch für bestehende Bauten, und hier gelte es vor allem anzusetzen, erklärte Prof. Hansjürg Leibundgut vom Institut für Hochbautechnik. In 5 bis 6 Jahren werde man soweit sein, die notwendigen Systeme wie z.B. Erdsonde oder Wärmepumpe industriell zu produzieren, so dass die Investitionen für die Sanierung einer Vier-Zimmer-Wohnung in den Bereich eines Mittelklassewagens rückten. Energy Science Center (ESC) Als ETH-eigenes Kompetenzzentrum umfasst das ESC mehr als 40 Forschungsgruppen aus 12 der insgesamt 16 ETH-Departemente, was eine interdisziplinäre Forschung ermöglicht. Die am ESC beteiligten Professoren und Professorinnen betreuen mehr als 200 Doktoranden und jedes Jahr schliessen rund 100 Studierende ihr Studium an der ETH Zürich mit Schwerpunkt Energie ab. Als Antwort auf die zunehmende Bedeutung der Elektrizität aus erneuerbaren Energien will die ETH Zürich auch ihre Forschung und Lehre auf diesem Gebiet verstärken.
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