Archäologie
- Kultur - Geschichte - Religion |
|
Kultur und Geschichte |
|
|
Kultur und Geschichte |
|
|
Archäologie |
|
UNESCO-Welterbe Pfahlbauten - Aufnahme 2011 |
|
Eine Chance für die Region
Die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Waadt wollen die ins UNESCO-Welterbe aufgenommenen Pfahlbauten der Drei-Seen-Region gemeinsam schützen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Deshalb lancieren sie in den Bereichen Wissenschaft, Tourismus, Öffentlichkeitsarbeit, Kultur- und Wissensvermittlung verschiedene Projekte.
Die Drei-Seen-Region ist eine wichtige Brücke zwischen der Deutschschweiz und der Romandie. Verbindend wirkt auch das reiche kulturelle Erbe: In der Region des Bieler-, Neuenburger- und Murtensees befinden sich rund 200 Pfahlbau-Fundstellen. Dies ist fast die Hälfte der 450 Fundplätze in der Schweiz, welche Ende Juni 2011 ins UNESCO-Welterbe aufgenommen wurden. Das neue Label sei eine grosse Chance für die Drei-Seen-Region, betonten Regierungsrat Bernhard Pulver (BE) sowie die Staatsräte Philippe Gnaegi (NE) und François Marthaler (VD) an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Sutz-Lattrigen (11. Juli 2011).
|
|
Mit einer Reihe von gemeinsamen Projekten und Massnahmen in den Bereichen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit, der touristischen Vermarktung, der Öffentlichkeitsarbeit, der Kultur- und Wissensvermittlung wollen die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Waadt das neue Welterbe einerseits schützen, es andererseits aber auch noch besser der Öffentlichkeit zugänglich machen, um das kulturelle Bewusstsein der Region weiter zu stärken.
Die archäologischen Dienste der Kantone werden möglichst rasch eine gemeinsame Informationsbroschüre zu den Pfahlbauten in der Drei-Seen-Region verfassen. Damit ermöglichen sie auch den Touristinnen und Touristen einen Einblick in das unter dem Wasser liegende, nicht sichtbare Welterbe der Pfahlbauten.
Im Gebiet der drei Seen gibt es zahlreiche Orte, an denen man sich über das Welterbe Pfahlbauten informieren kann. Dazu gehört beispielsweise das Laténium in Hauterive am Neuenburgersee, welches das grösste archäologische Museum der Schweiz ist. Die Kantone beabsichtigen, die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, die sich mit den Pfahlbauten befassen, gezielt zu verstärken und ihre Aktivitäten zu koordinieren. Zudem ist für 2014 eine nationale Ausstellung zum Thema Pfahlbauten im Historischen Museum Bern geplant.
Einen grossen Stellenwert sollen die Pfahlbauten bei der Kultur- und Wissensvermittlung an den Schulen erhalten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Archäologie können den Kindern gut verständlich gemacht werden und sind «Geschichte zum Anfassen». Bisher fehlen jedoch pädagogisch-didaktische Hilfsmittel, die den Lehrpersonen einen fundierten, aber auch schnellen Einstieg ins Thema ermöglichen. Die Kantone prüfen die gemeinsame Erarbeitung von entsprechendem Unterrichtsmaterial.
Es ist die Aufgabe von Bildungs- und Tourismusfachleuten, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Pfahlbauten für den Unterricht oder für touristische Zwecke optimal aufzubereiten. Deshalb haben die Kantone eine interkantonale Arbeitsgruppe mit Fachleuten aus den beiden Bereichen eingesetzt.
Mit dem «Palafittes Guide» schliesslich wurde bereits eine iPhone-App entwickelt, die im Gelände funktioniert und gratis zur Verfügung steht. Sie wurde vom Verein «Palafittes» lanciert. Kantonale Wissenschaftler haben mit ihrem Wissen wesentlich zur Entwicklung der App beigetragen. Diese ist modular aufgebaut und lässt sich mit weiteren Standorten der Region erweitern.
nach
oben
Einige grundlegende Aspekte des UNESCO-Entscheides
|
|
Auszug aus dem R eferat von Regierungspräsident Bernhard Pulver, Erziehungsdirektor des Kantons Bern
|
|
11. Juli 2011 Sutz-Lattrigen
1.Kultur- und Seenlandschaft verbindet
Die drei Seen Bielersee, Neuenburgersee und Murtensee geben der Region Namen und Gesicht, sie sind landschaftsprägend an der Schnittstelle zwischen Mittelland und Jura und sie prägen die Region auch in der Wahrnehmung der Bewohnerinnen und Bewohner: Die drei Seen gehören vier Kantonen, aber kein See gehört einem Kanton allein! [Bielersee: BE/NE, Neuenburgersee: BE/NE/FR/VD, Murtensee: FR/VD].
Die Drei-Seen-Region bildet seit langem eine vielfältig verbundene Kulturlandschaft an der Sprachgrenze, die aber immer auch Verbindungen schafft: Stichwort EXPO'02, wir erinnern uns alle noch an die Wolke in Yverdon, Jean Nouvels Kubus im Murtensee oder an die futuristischen Türme von Biel. Aber auch die in der Region verankerte Uhrenindustrie ist eines der verbindenden Elemente, nebenbei noch einer der Motoren der Schweizer Wirtschaft und schliesslich können Zeitmesser ja auch Kunstwerke sein. Die Drei-Seen-Region schlägt zweifellos eine wichtige Brücke zwischen Deutschschweiz und Romandie.
Verbindend für die vier Kantone der Drei-Seen-Region ist ein reiches kulturelles Erbe, das zahlreiche Baudenkmäler umfasst: Die Stadtlandschaft der Uhrenindustrie von La Chaux-de-Fonds und Le Locle ist seit 2009 Weltkulturerbe der UNESCO. Zahlreiche denkmalgeschützte Bauten (wir befinden uns hier in einem guten Beispiel, das Von Rütte-Gut zählt dazu) und unter anderen die mittelalterlichen Kerne der Städte Yverdon, Murten, Neuchâtel und Nidau sind von nationaler Bedeutung und erfreuen Touristen wie Einheimische.
Aber es wurde nicht nur gebaut. Auch Literaten haben immer wieder für Gedankensprünge über die Sprachgrenze gesorgt. Sie kennen alle den literarischen Niederschlag, den derAufenthalt des schweizerisch-französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau auf der Sankt Petersinsel im Bielersee hinterliess, und der Berner Friedrich Dürrenmatt lebte und arbeitete in Neuchâtel. Heute ist sein Wohnhaus über der Stadt das Centre Dürrenmatt, ein Kulturzentrum von internationaler Ausstrahlung.
2. Pfahlbauten im Alpenraum
Die vier Kantone der Drei-Seen-Region besitzen aber auch ein äusserst reiches archäologisches Erbe, das - zwar meist unter dem Boden und im Verborgenen - alle Etappen der Menschheitsgeschichte umfasst, von den prähistorischen Anfängen des Neolithikums und der Bronzezeit über die Römer und das Mittelalter bis in die frühe Neuzeit.
Besonders eindrücklich und seit über 150 Jahren bekannt sind die prähistorischen Pfahlbauten. Es handelt sich dabei um die Reste von Siedlungen der ersten sesshaften Bewohner der Region aus der Zeit zwischen 4000 und 1000 v.Chr. Aus wissenschaftlicher Sicht bilden sie eine der besten Quellen zur frühen Menschheitsgeschichte, die wir kennen. Ihr grosser Vorteil besteht darin, dass unter Luftabschluss exzellente Erhaltungsbedingungen herrschen. So konnten zum Beispiel Textilien mehr als 5000 Jahre überdauern. Sie zählen zu den ältesten Objekten dieser Art und sind älter als die Stoffreste aus dem antiken Ägypten. Diese speziellen Erhaltungsbedingungen bergen auch Risiken, denn es handelt sich gleichzeitig um äusserst fragile Fundstellen, die an den grossen Seen durch Erosion, in den Mooren aber von Austrocknung bedroht sind.
In der Drei-Seen-Region befinden sich rund 200 Pfahlbau-Fundstellen, also fast die Hälfte der 450 Fundplätze in der Schweiz, ein Fünftel der rund 1000 rund um die Alpen.
Die Aufnahme der prähistorischen Pfahlbauten in die Liste des UNESCO-Welterbes bedeutet auch, dass wir uns diesem kulturellen Erbe verpflichtet fühlen. Schon jetzt besteht eine hervorragende gesetzliche Basis dafür. In Zukunft werden wir uns noch mehr um eine möglichst umfassende Unterschutzstellung bemühen, damit wir dieses Kulturgut langfristig bewahren können. Sind archäologische Rettungsgrabungen unumgänglich, setzten wir uns dafür ein, dass ein möglichst umfassendes wissenschaftliches Ergebnis realisiert werden kann. Das bedeutet auch, dass wir unsere gemeinsamen Bemühungen verstärken und koordinieren und dass wir das generierte Wissen auch modern vermitteln. Es gilt auch die Publizität, die die Aufnahme mit sich bringt, umzusetzen und zu nutzen.
3. Welche Bedeutung hat die Aufnahme der Pfahlbauten in die UNESCO-Welterbeliste?
Die Rettung der Tempel von Abu-Simbel in Oberägypten war die Geburtsstunde der UNESCO-Konvention von 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. Seit 1983 hat unser Kanton mit der Berner Altstadt eine Welterbestätte. Im Zentrum steht die revolutionäre Idee, dass der Schutz und die Erhaltung ausserordentlicher Kulturleistungen und einzigartiger Naturphänomene in die Obhut der gesamten Menschheit gestellt werden. Die Kulturgüter der Welterbeliste müssen einen "aussergewöhnlichen universellen Wert" besitzen, das ist das Hauptkriterium, welches für eine Aufnahme zu erfüllen ist.
Die Welterbeliste verzeichnete bisher 704 Kulturerbestätten. Vor wenigen Tagen sind 21 Stätten dazugekommen. Es freut mich ausserordentlich, dass die von den vier Kantonen massgeblich unterstützte Kandidatur "Pfahlbauten" am 27.6.2011 vom World Heritage Committee der UNESCO in Paris in den Status eines Welterbes erhoben wurden. Damit wird der "aussergewöhnliche universelle Wert" dieser archäologischen Fundstellen gewürdigt.
Die Aufnahme von 111 ausgewählten Pfahlbauten-Fundstellen, davon 24 in der Drei-Seen-Region, bedeutet auch eine Bestätigung einer neuen Strategie und Philosophie der UNESCO für eine ausgeglichene Gewichtung der Kulturgüter auf der Welterbeliste. Archäologische Fundstätten sind auf der bisherigen Liste massiv unterrepräsentiert und gerade prähistorische Fundstellen, die häufig gar nicht sichtbar sind, fehlen weitgehend. Die ausgewählten Fundstellen repräsentieren auch ein Novum, denn es handelt sich um das erste eingeschriebene Kulturgut weltweit, das unter Wasser liegt.
Für die Region ist die Aufnahme der Pfahlbauten ins UNESCO- Welterbe von Bedeutung:
- Sie erzeugt mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und die Chance, diese touristisch zu nutzen.
- Sie fördert das kulturelle Bewusstsein und das Interesse an der Unterschutzstellung und Bewahrung der Kulturgüter
- Sie erfordert eine verstärkte Koordination der beteiligten Kantone.
4. Kultur- und Wissensvermittlung
Die Vermittlung von Kultur und Wissen ist eines meiner zentralen Anliegen.
Die Archäologie und die Geschichte bieten sich für eine intensive Öffentlichkeitsarbeit geradezu an, denn das Interesse der breiten Bevölkerung an den eigenen Ursprüngen ist gross. Die Auszeichnung als "Welterbe" eröffnet der Pfahlbauarchäologie neue Möglichkeiten und verschafft ihr zusätzliche Aufmerksamkeit. Ich wünsche mir besonders, dass es uns gelingt, die Vermittlung von kulturellen Themen durch die Kooperation mit den drei Nachbarkantonen gezielt zu stärken.
Was können wir im Falle Welterbe Pfahlbauten tun?
Bei den prähistorischen Siedlungen handelt es sich um archäologische Fundstellen, die nicht sichtbar sind: sie liegen unter dem Wasser. Ins Welterbe aufgenommen wurden sie jedoch nicht wegen solch ästhetischer Kriterien, sondern wegen ihrer wissenschaftlichen Einzigartigkeit. Wenn wir einer archäologie-und geschichtsinteressierten Oeffentlichkeit den Zugang zu neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglichen wollen, dann müssen wir an diese Faktoren denken.
Ich möchte Ihnen einige Projekte nennen, die bereits umgesetzt wurden oder die wir in Zukunft unterstützen wollen.
1.
Im Rahmen der Kandidatur wurde der "Palafittes Guide" entwickelt, ein Audioführer, der im Gelände funktioniert und der bereits gratis zur Verfügung steht. Er wurde vom Verein PALAFITTES lanciert, aber kantonale Wissenschaftler haben natürlich mit ihrem Wissen wesentlich zur Entwicklung beigetragen. Die Applikation "Palafittes Guide" ist modular aufgebaut und lässt sich mit weiteren Standorten der Region erweitern.
2.
Die archäologischen Dienststellen der Kantone haben reiche Erfahrungen mit Publikationen. Ziel ist, möglichst rasch eine gemeinsame Informationsbroschüre für die Drei-Seen-Region zu verfassen und damit auch eine touristische Erschliessung zu ermöglichen.
3.
Orte der Kulturvermittlung sind aber vor allem Museen: Das Laténium in Hauterive am Neuenburgersee ist das grösste archäologische Museum der Schweiz und im Kanton Bern ist 2014 eine nationale Ausstellung zum Thema Pfahlbauten im Historischen Museum geplant. Im Gebiet der Drei Seen gibt es zahlreiche Orte, an denen man sich über das Welterbe Pfahlbauten informieren kann. Unsere Absicht ist, die mit öffentlichen Geldern unterstützten Museen möglichst gut koordinieren, damit sie gemeinsam handeln und die Chance nutzen, die ein Welterbe-Label bietet. Konkret: ich wünsche mir eine intensive Zusammenarbeit von allen Akteuren und neue Ideen.
4.
Das Thema frühe Menschheitsgeschichte ist Teil des Lehrplans für die Primarschulen des Kantons Bern. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die Archäologinnen und Archäologen erarbeiten, können Schülerinnen und Schülern gut verständlich gemacht werden und sind Geschichte "zum Anfassen". Archäologie begeistert und motiviert Schülerinnen und Schüler und macht sie neugierig auf historische Zusammenhänge. Bislang fehlen jedoch pädagogisch-didaktische Hilfsmittel, die den Lehrpersonen einen fundierten, aber auch effizienten Einstieg ermöglichen. Als Erziehungsdirektor sehe ich hier Chancen für eine moderne und unmittelbare Vermittlung von aktuellem Wissen.
5.
Die Pfahlbauten sind aber nicht nur ein Schülerthema, sondern auch für Erwachsene interessant, wenn man Wissenschaft spannend umsetzt: Themen wie der nachhaltige Nutzen von Ressourcen, Grundfragen wie der Umgang mit Krisen, Tod und Gewalt beschäftigen uns auch heute noch.
Fragen wie zum Beispiel diese des Klimawandels gehören zu den brennendsten Themen von Gegenwart und Zukunft. Sowohl die Welterbestätte Swiss Alps Jungfrau Aletsch wie auch die zwischen 4000 und 1000 vor Christus entstandenen Pfahlbaudörfer unterliegen klimatischen Veränderungsprozessen. Solche Zusammenhänge aufzuzeigen, gehört zu den kommenden Herausforderungen der Wissens- und Kulturvermittlung.
Aufgabe und Verpflichtung der Wissenschaft ist es, aus den überlieferten Fragmenten aus vergangener Zeit überzeugende Geschichten über das Leben zu verfassen. Wie diese wissenschaftlichen Erkenntnisse für den Unterricht oder für touristische Zwecke zu verwenden sind, ist die Aufgabe von Bildungsfachleuten und Touristikern. Durch die Einsetzung einer interkantonalen Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Tourismus und Verwaltung haben wir hierfür erste Grundlagen gelegt.
nach
oben
Publikationen |
|
nach
oben
Weiterführende
Informationen |
|
nach
oben
Links |
|
|
|
Externe
Links |
|