9. Mai 2012: Der Stadtrat der Stadt St. Gallen hat den Bohrauftrag für das Geothermieprojekt im Sittertobel an die Firma ITAG Tiefbohr GmbH aus Celle (D) vergeben. Nachdem die erste Ausschreibung wegen Beschwerden zweier unterlegener Bohrunternehmen abgebrochen wurde, konnte das zweite Verfahren erfolgreich durchgeführt werden. Nach Abschluss des Vergabeverfahrens können nun Vertragsverhandlungen mit der Firma ITAG aufgenommen werden. Der Bohrunternehmer aus Celle hatte auch im zweiten Verfahren das beste Preis-/Leistungsangebot eingereicht. Zudem konnte das Unternehmen gute Referenzen im Bereich Tiefbohrungen vorweisen. Das Bohrkonzept in St.Gallen mit einer Zielteufe von über 4000 Meter und einer abgelenkten Bohrung (Erkundungsbohrung) stellt hohe Ansprüche an alle, an der Bohrung Beteiligten. Die Marktsituation in der Bohrbranche erfährt zurzeit einen regelrechten Boom. Das St.Galler Projekt ist im europäischen Raum eines unter vielen, sich derzeitig in der Umsetzungsphase befindenden Bohr-Projekte. Diese Situation führt zu einem Engpass bei der Verfügbarkeit von Tiefbohranlagen bei den Bohrunternehmern. Dies betrifft auch das ausgewählte Unternehmen. Die Verantwortlichen der Sankt Galler Stadtwerken führen zurzeit intensive Gespräche mit dem ausgewählten Bohrunternehmer. Sollte die Fa. ITAG Tiefbohr GmbH in absehbarer Zeit keine Kapazitäten haben, die Bohranlage für die Geothermie-Bohrungen in St.Gallen zu Verfügung zu stellen, müssen Optionen in Betracht gezogen werden. Derzeit prüft die Stadt die verschiedenen Möglichkeiten. Erst die Gespräche mit dem Bohrunternehmer und die Prüfung von Alternativen wird zeigen, wann eine Bohranlage für die Gesamtdauer von über einem Jahr nach St.Gallen kommt. Mit Angaben zur definitiven Verfügbarkeit und zum Bohrbeginn kann ab diesem Sommer gerechnet werden. Der Bohrplatz im Sittertobel wurde im Vorfeld für die auf dem Markt verfügbaren Bohranlagen geplant und wird in den kommenden Tagen fertiggestellt.
28. Februar 2013: Die Vorbereitungen sind abgeschlossen - dem Bohrstart steht nichts mehr im Wege. Das Kommando «Meissel dreht!» wird am Montag, 4. März 2013 pünktlich um 6 Uhr ertönen. Morgen werden noch die ersten 1000 Meter Bohrgestänge auf den Bohrmast gezogen, die Spülflüssigkeit angesetzt und verschiedene Labors eingerichtet. Letzte Besprechungen und die technische Betriebsabnahme stehen kurz bevor.
18. Juli 2013: Die Bohrarbeiten für die vierte Bohrsektion konnten Anfang Juli erfolgreich abgeschlossen werden. Mit den bevorstehenden Fördertests geht das Geothermie-Projekt nun in seine spannendste Phase. Mit der vierten Bohrsektion wurden rund 400 Meter Kalkgestein der für die Nutzung anvisierten Malm-Schicht durchbohrt und eine Bohrtiefe von rund 4'450 Meter erreicht. Erneut folgten im Anschluss umfangreiche geophysikalische Bohrlochmessungen. Teil davon war auch eine Bohrlochseismik, die mit kleinsten Sprengungen in oberflächennahen Bohrlöchern über dem Zielgebiet durchgeführt wurde. Derzeit wird das Bohrloch zwischen 4'000 und 4'450 Meter Tiefe mit verdünnter Salzsäure von Bohr- und Gesteinsresten gereinigt. Erste Ergebnisse im August Mit den Fördertests wird die Schicht des Malmkalk erstmals auf Vorkommen von Thermalwasser überprüft. Beim gewählten Airlift-Verfahren können im Sittertobel zeitweise Wasserdampf sichtbar werden. Dies könnte ein erster Hinweis auf ein allfälliges Wasservorkommen sein. Die definitive Bestätigung, ob genügend Wasser vorhanden ist, folgt nach der Auswertung der Fördertests im August.
2. Juli 2013: Am 3. Juli 2013 ist es soweit: Der Bohrmeissel für die vierte Bohrsektion, mit welcher die etwa 300 bis 400 Meter dicke Schicht des Malmkalks durchbohrt wird, beginnt sich zu drehen. Ist eine Bohrtiefe von rund 4'400 Metern erreicht, werden - wie nach jeder Bohrsektion - erneut umfangreiche geophysikalische Messungen vorgenommen. Voraussichtlich ab Mitte Juli 2013 wird die Schicht des Malmkalks in einem dreiwöchigen Testprogramm erstmals auf Thermalwasser überprüft. Zunächst wird dafür das Bohrloch durch längeres Ausspülen gereinigt. Zur Verbesserung der Durchlässigkeit wird zudem das Kalkgestein kurzzeitig gesäubert. Leistungstests untersuchen anschliessend die Wasserförderbarkeit. Diese erfolgen durch Einpressen von komprimierter Luft ins wassergefüllte Bohrloch. Dadurch entsteht eine Wasser-Luft-Zirkulation, die das Thermalwasser an die Oberfläche bringen soll. Während diesem «Airlift-Testing» können im Sittertobel zeitweise kleinere Dampfschwaden sichtbar werden. An der Oberfläche angekommen, wird das unter Druck stehende Wasser entspannt, abgekühlt und in das dafür vorgesehene Speicherbecken geleitet. Für die Ausführung des Testprogramms werden auf dem Bohrplatz derzeit letzte Installationsarbeiten durchgeführt. Zweiter Zielhorizont Erste Indizien, ob und wie viel Thermalwasser im Malmkalk vorhanden ist, werden Anfang August 2013 erwartet. Bei ausreichend Wasser folgt die zweite Tiefbohrung, die für den späteren Betrieb des Geothermie-Heizkraftwerks notwendig ist. Bei keinem oder zu wenig Wasser wird das aktuelle Bohrloch einige hundert Meter vertieft und im so genannten Muschelkalk nach Wasser gesucht.
20. Juli 2013: Am Samstagmorgen, 20. Juli 2013, um 5.30 Uhr ist es in St.Gallen aufgrund des Geothermieprojekts zu Erderschütterungen mit einer Stärke bis zu M 3,6 gekommen. Ein erster Befund aufgrund der Untersuchungen hatte in den letzten Tagen gezeigt, dass die Gesteinsschicht "Klüftigkeiten" aufweist, was für das Geothermieprojekt eine positive Nachricht ist. Unerwarteter Weise ist am Freitagmittag, 19. Juli 2013, während der Vorbereitung der planmässigen Fördertests Gas im Bohrloch festgestellt worden. Aufgrund des Gases stieg der Druck im Bohrloch und Wasser trat aus. Das Bohrloch wurde daraufhin geschlossen und gesichert. Die Situation ist unter Kontrolle. Es bestand und besteht für die Bevölkerung keine Gefahr. Chronologischer Ablauf Freitag, 19. Juli 2013: 12 Uhr Am Freitagmittag, 19. Juli 213, wurde in der Vorbereitung der planmässigen Fördertests unerwartet Gas im Bohrloch festgestellt. Aufgrund des Gases stieg der Druck im Bohrloch. Freitag, 19. Juli 2013: 13 Uhr Aufgrund des erhöhten Drucks tritt Wasser aus dem Bohrloch aus. Das Bohrloch wurde darauf verschlossen. Freitag, 19. Juli 2013: 14.45 Uhr Massnahmen zum Druckabbau wurden eingeleitet. Dazu wurde Wasser ins Bohrloch gepumpt. Ziel war, die Druckverhältnisse zu stabilisieren. Gleichzeitig wurde die "Schwere Spülung" vorbereitet. Diese wurde ergänzend zum Wasser dem Bohrloch zugeführt. Samstag 20. Juli 2013: 05.30 Uhr Erschütterung, Druck im Bohrloch abgebaut. Sicherung des Bohrlochs erfolgreich abgeschlossen. Samstag 20. Juli 2013: 10 Uhr Aktuell wird Bohrgestänge eingebaut, um das Bohrloch von unten mit "Schwerem Wasser" zu füllen. Diese Arbeiten sollten im Verlaufe des Nachmittags abgeschlossen sein und einen weiteren Druckaufbau durch Gas verhindern.
Im November 2013 wurde das «Geothermieprojekt Sittertobel St. Gallen» nach Gas-Wasser-Produktionstests abgeschlossen. Der Bohrturm der ITAG Rig 23 wurde am 13. November 2013 abgelegt. Die Gas-Wasser-Produktionstests konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass in der erschlossenen Schicht Wasser vorhanden ist. Trotz gleichzeitig aufgetretenem Gas stimmen diese Erkenntnisse positiv. Das Bohrloch wird nun konserviert, der Bohrplatz weitgehend geräumt.Als erfreulich ist der bedeutsame Wasserzufluss im erschlossenen Malmkalk zu beurteilen. Konkrete Angaben zu den effektiven Fliessraten und Wassertemperaturen sind aber erst nach Auswertung der Testdaten möglich. Das Thermalwasser führt gleichzeitig auch Gas mit. Eine Beurteilung dieser Fliessrate sowie eine Abschätzung der Grösse des Gasreservoirs sind ebenfalls erst nach detaillierter Auswertung der Testdaten möglich. Neben der Auswertung zu den Wasser- und Gasvorkommen braucht es weitere Abklärungen zur Seismizität sowie dem Betrieb und der Wirtschaftlichkeit eines Kraftwerks. Untergrund hat sich weiter beruhigt Mit Beginn der Produktionstests hat sich die seismische Aktivität sprunghaft verringert und ist seither fast vollständig verschwunden. Lediglich vier unbedeutende seismische Ereignisse wurden während den Produktionstests aufgezeichnet. Die grössere Entfernung zum Bohrloch deutet darauf hin, dass kein direkter Zusammenhang mit den Produktionstests besteht. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Nachbebenaktivität. Wichtige Daten für Geothermie Die Erfahrungen und die gesammelten geologischen Daten dienen nicht nur St.Gallen, sondern der Geothermie in der gesamten Schweiz und im Ausland. Der Stadtrat ist froh über den guten Abschluss der Testarbeiten, dankt allen Beteiligten und blickt gespannt auf die Auswertungen.
Im Mai 2014 hat der Stadtrat der Stadt St. Gallen das «Geothermieprojekt Sittertobel St. Gallen» gestoppt. Aufgrund der geringen Wasserförderrate, des Gaseinbruchs, des erhöhten seismischen Risikos und der finanziellen Grenzen kann das Geothermie-Projekt nicht realisiert werden. Eine mögliche Förderung des im Untergrund liegenden Gasvorkommens soll weiter abgeklärt werden. Aus technischen, wirtschaftlichen und seismischen Überlegungen hat der Stadtrat entschieden, die Variante "Singlette" (Gas-Wasser-Produktion aus GT-1 ohne Injektionsbohrung) weiter zu verfolgen. Sie ist aus technischer Sicht grundsätzlich machbar, in Bezug auf das Erdbebenrisiko vertretbar und auch wirtschaftlich möglicherweise interessant. Allerdings sind für eine allfällige Gasförderung weitere rechtliche und technische Vorabklärungen nötig (Komplettierung GT-1, Planung obertägige Anlagen, Bewilligungen, Konzessionen, etc.).
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