Armut
- Kinderarbeit in Indien |
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In Tamil Nadu (Indien) werden 120'000 Mädchen, meist Angehörige der unberührbaren Dalit und jünger als 18 Jahre, im zwangsarbeitsähnlichen "Sumangali"-Programm systematisch ausgebeutet. Dies zeigt der Report "Captured by Cotton" der niederländischen CCC-Partnerorganisationen SOMO und ICN.
"Sumangali" beschreibt in Tamil eine verheiratete Frau, die ein glückliches Leben in materiellem Wohlstand führt. Das Sumangali-Programm, unter dem heute schätzungsweise 120'000 Arbeiterinnen beschäftigt sind, wurde vor zehn Jahren von Textilfabriken in den Bezirken Coimbatore und Tirupur eingeführt. Es verspricht den Mädchen einen guten Lohn, angenehme Unterkunft sowie eine einmalige, grosse Geldsumme nach dreijähriger Anstellung. Diese soll es auch Mädchen aus armen Familien erlauben, ihre Mitgift zu bezahlen und zu heiraten. Die Realität in den Fabriken sieht freilich anders aus: ein Entgelt weit unter dem gesetzliche Mindestlohn, exzessive Überstunden, unbezahlte Überstundenzuschläge, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, mangelnde Sicherheit am Arbeitspatz. Diese Beding- ungen verstossen klar gegen das Übereinkommen 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit.
Die versprochene Einmalzahlung ist zudem kein Bonus, sondern Teil des Lohns der zurückbehalten wird. In mehreren dokumentierten Fällen haben die Mädchen diese angesparte Lohnsumme nicht erhalten. Die meisten jungen Arbeiterinnen wohnen auf dem Fabrikgelände und werden dort vom internen Sicherheitsdienst überwacht, so dass sie kaum eine Chance haben, Gewerkschaften oder Menschenrechtsgruppen zu kontaktieren. Auch die Eltern dürfen ihre Töchter nur einmal monatlich für eine Stunde besuchen. Der Report vom Centre for Research on Multinational Corporation (SOMO) und dem India Committee of the Netherlands (ICN) durchleuchten vier grosse indische Textilfirmen, die für Weltmarken wie C&A, Diesel, Tommy Hilfiger und Zara produzieren. Auf der Kundenliste stehen aber auch die beiden Schweizer Abnehmer Charles Veillon und Migros. Einige Unternehmen, darunter C&A, Tesco und Migros, haben aufgrund der Vorwürfe erste Massnahmen eingeleitet. Andere Firmen, darunter Charles Veillon, haben gar nicht reagiert.
Die Erklärung von Bern und die Schweizer Clean Clothes Campaign (CCC) fordern deshalb von allen Kleiderfirmen mit Produktion in Indien eine unverzügliche Untersuchung der Anstellungsbedingungen in ihren Zulieferketten und konkrete, rasche Massnahmen, um das Sumangali-Programm zu beenden.
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Armut
- Kinderarbeit in Afrika |
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2001 verpflichtete sich die globale Schokoladenindustrie in einem Sechs-Punkte-Plan dazu, den schlimmsten Formen von Kinder-und Zwangsarbeit in der Kakao-Produktion ein Ende zu setzen. Zehn Jahre später ist klar, dass es sich bei dem sogenannten Harkin-Engel-Protokoll um ein leeres Versprechen handelt. Der Kakao-Sektor hat es in zehn Jahren nicht geschafft, auch nur ein einziges der sechs selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Daher lancieren Nichtregierungsorganisationen, darunter auch die Erklärung von Bern, am zehnten Geburtstag des Protokolls, dem 19.09.2011, die internationale "10 Campaign".
Geschätzte 1,8 Millionen Kinder arbeiten in der Kakao-Produktion in der Elfenbeinküste und Ghana, viele von ihnen unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Diesem und anderen Missständen in der Kakaoproduktion sollte das Harkin-Engel-Protokoll der Kakaoindustrie wirksam begegnen. Im Auftrag der US-Regierung untersuchte die angesehene US-Universität Tulane die Umsetzung des Protokolls. Der Schlussbericht ist vernichtend: Keiner der sechs Punkte des Protokolls wurde vollständig umgesetzt. Das Scheitern der freiwilligen Selbstverpflichtung zeigt: Um die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Kakao-Produktion wirksam zu bekämpfen, braucht es eine strenge Regulierung. Von 2001 bis 2011 wurde mit Kakao-Produkten ein Umsatz in Höhe von etwa einer Billion US-Dollar gemacht - auf Kosten der Gesundheit, der Bildung und somit der Zukunft von Tausenden von Kindern.
Die globale "10 Campaign" fordert die Regierungen daher auf, endlich Verantwortung zu übernehmen. Staatliche Regulierung soll sicherstellen, dass die Kakaofirmen ihre Lieferkette von einer unabhängigen Stelle prüfen lassen. Auch sollen die Firmen via Gesetz dazu verpflichtet werden, ihre Bemühungen zur Bekämpfung der Kinderarbeit offen zu legen. Zudem braucht es eine unabhängige Instanz, welche die Fortschritte in der Branche überwacht und Bericht erstattet. So kann die Kakaobranche ihre Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Lieferkette nicht mehr umgehen.
"Es ist noch ein weiter Weg für die Kakao-Industrie und die betroffenen Menschen hin zu einer menschenwürdigen Produktion von Kakao", sagt Flurina Doppler, Leiterin des Bereichs Konsum bei der Erklärung von Bern. "Deshalb fordert die "10 Campaign" die Regierungen heute dazu auf, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, so dass sie ihr Bekenntnis, die Menschenrechtsverletzungen im westafrikanischen Kakao-Sektor zu beenden, auch tatsächlich wahrnehmen", fügt Antonie Fountain, Sprecher der internationalen "10 Campaign", hinzu.
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