Sanierung des Gotthard-Strassentunnels: Bundesrat präsentiert Grundlagenbericht Der Gotthard-Strassentunnel muss zwischen 2020 und 2025 umfassend saniert werden. Dazu ist eine Vollsperrung des Tunnels während rund 900 Tagen nötig. Der Bundesrat hat heute einen entsprechenden Bericht der Verkehrskommission des Ständerats übergeben und damit den politischen Entscheidungsprozess lanciert. Der Gotthard-Strassentunnel ist seit rund 30 Jahren in Betrieb. Bis Ende 2009 haben über 159 Millionen Fahrzeuge den Tunnel befahren. Zwischen 2020 und 2025 muss der Tunnel umfassend saniert werden. Die Sanierung enthält einerseits Massnahmen zur baulichen Erneuerung und anderseits Massnahmen zur Herstellung der Normen- und Richtlinienkonformität für eine bessere Sicherheit. Am 12. Januar 2009 hat die Verkehrskommission des Ständerats (KVF-S) das Postulat 09.3000 "Sanierung des Gotthard-Strassentunnels" eingereicht. Darin enthalten sind verschiedene Fragen zur Sanierung der bestehenden Tunnelröhre und zu einer zweiten Strassentunnelröhre durch den Gotthard sowie mögliche Szenarien zur Bewältigung des Verkehrs. Im vorliegenden Bericht präsentiert der Bundesrat eine umfassende Auslegeordnung für die politische Diskussion zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Vollsperrung während rund 900 Tagen - mehrere Varianten denkbar Zentrales Element der Sanierung ist die Zwischendecke. Aber auch die Tunnellüftung und die Entwässerungsanlagen müssen erneuert werden. Zudem muss der verkehrstechnische Nutzraum erweitert werden. Damit die Sanierungsarbeiten durchgeführt werden können, muss der Gotthard-Strassentunnel während der Sanierungsarbeiten für den Verkehr gesperrt werden, und zwar während einer Dauer von rund 900 Tagen. Für die Sanierung wurden zwei Optimal-Varianten eruiert: Variante 1: Sperrung für Bauarbeiten während 365 Tagen pro Jahr, Dauer der Bauarbeiten rund 2,5 Jahre, Sanierungskosten (ohne Verkehrsmanagement) 650 Mio. Franken. Variante 2: Sperrung für Bauarbeiten während 280 Tagen pro Jahr, wobei die Sperrung von Mitte September bis Ende Juni erfolgt und der Gotthard-Strassentunnel im Sommer, während der Hauptreisezeit, zur Verfügung steht, Dauer der Bauarbeiten rund 3,5 Jahre. Sanierungskosten (ohne Verkehrsmanagement) 752 Mio. Franken. Zwei weitere Varianten, welche in die Betrachtung einflossen, sind bautechnisch und finanziell ungünstiger; sie enthalten aber weitere Möglichkeiten zur Staffelung der Bauzeit: Sperrung während jährlich 5 Monaten über 7 Jahre hinweg Verlademöglichkeit für PW und LKW via Eisenbahntunnel Angesichts der nationalen und internationalen Bedeutung des Gotthard-Strassentunnels ist das Verkehrsmanagement während der Sanierung zentral. Für den Personen- und den Güterverkehr sollen Alternativen zur Verfügung gestellt werden. Im Vordergrund steht nach heutiger Planung für den Personenverkehr die Einrichtung eines Autoverlads durch den Gotthard-Scheiteltunnel (Göschenen-Airolo). Für den Güterverkehr ist die Einrichtung einer "Rollenden Landstrasse“ (ROLA) durch den Gotthard-Basistunnel (Erstfeld [Rynächt] - Bodio) denkbar. Auch mit diesen Alternativen sowie weiteren flankierenden Massnahmen lässt sich nicht vermeiden, dass eine länger dauernde Sperrung des Gotthard-Strassentunnels Konsequenzen hat. Insbesondere die Anrainerkantone Tessin und Uri werden negative Auswirkungen zu gewärtigen haben. Im Verlaufe der weiteren Planung ist dies gebührend zu berücksichtigen, indem beispielsweise mögliche "Sonderregelungen" zu konkretisieren sind. Sanierung ohne zweite Tunnelröhre möglich Wie der Bundesrat im Bericht weiter festhält, ist die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels möglich, ohne dass dafür eine zweite Strassentunnelröhre am Gotthard realisiert werden müsste. Eine zweite Tunnelröhre (Kosten 2'023 Mio. Franken) mit gleichzeitiger Kapazitätserweiterung auf der Gotthardachse hätte verfassungsrechtliche Konsequenzen und wäre bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten kaum fertig. Die KVF-S ist unmittelbar im Anschluss an die heutige Bundesratssitzung über den Inhalt des Berichts orientiert worden. Die Anrainerkantone Uri und Tessin sind bereits heute im Rahmen des Projekts "Globales Erhaltungskonzept Gotthard" in die Planung zur Sanierung eingebunden. Das Wallis und Graubünden sind ebenfalls vorinformiert worden und werden in die weitere Planung einbezogen. Der Bundesrat hat diesen Bericht heute der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates übergeben und damit den politischen Entscheidungsprozess lanciert.
Im Hinblick auf die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels hat das Bundesamt für Strassen (ASTRA) die vom Bundesrat in seinem Bericht von Ende 2010 vorgestellten Verlademöglichkeiten für LKW weiter vertieft. Die Abklärungen bestätigen: Ein Kurzverlad zwischen Rynächt UR und Biasca TI ist technisch machbar, leistungsfähig und kann für den Lastwagenverkehr attraktiv ausgestaltet werden, aber er ist kostspielig. Der Gotthard-Strassentunnel muss umfassend saniert werden. Das kann zu einer vorübergehenden Vollsperrung führen, falls vorgängig keine zweite Röhre gebaut wird. Zur Bestimmung der bestmöglichen Variante ist das bei einer Vollsperrung geplante Lastwagen-Management von zentraler Bedeutung. Um möglichst präzise Grundlagen für die anstehenden politischen Entscheide zu schaffen, hat das ASTRA daher gemeinsam mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) die verschiedenen Varianten der "Rollenden Landstrasse" (RoLa) vertieft. Im Zentrum der weiterführenden Untersuchungen standen Kosten, Termine und Kapazitäten. In die Abklärungen floss aufgrund der Erkenntnisse aus dem Bericht zur Verkehrsverlagerung zusätzlich das Szenario ein, dass das Verlagerungsziel von 650`000 auf der Strasse alpenquerender Lastwagen pro Jahr bis zum Zeitpunkt der Tunnelsanierung nicht erreicht werden kann. Die zusätzliche Variante basiert auf rund 1,3 Millionen alpenquerenden Lastwagen, 900'000 davon auf der Gotthard-Strassenachse. Bei vergleichbaren Preisen für den Verlad wie für eine Fahrt auf der Strasse werden voraussichtlich rund 600'000 LKW pro Jahr einen Kurz-Verlad benutzen. Bestvariante: Kurz-RoLa mit drei Zügen pro Stunde und Richtung Als beste der untersuchten Varianten erwies sich die kurze Rollende Landstrasse (Kurz-RoLa) durch den Gotthard-Basistunnel zwischen Rynächt UR und Biasca TI, wenn sie mit drei Zügen pro Stunde und Richtung betrieben wird (im Bericht Variante ,2+1" genannt). Diese Variante benötigt sechs Gleise bei den Verladeanlagen und weist genügend Kapazität auf (max. 750'000 LKW/Jahr), um die prognostizierte Nachfrage aufzunehmen (600'000 LKW/Jahr). Die Gesamtreisezeiten bleiben unter denen einer strassenseitigen Umfahrung der Gotthard-Route. Um die Realisierung dieser Variante sicherzustellen, wären in Rynächt und Biasca die heute für den Bau der NEAT benötigten Landflächen weiterhin zu beanspruchen.Weniger gut schnitten die Varianten mit zwei bzw. vier Zügen pro Stunde und Richtung ab. Deshalb sollen sie nicht weiter verfolgt werden.Ebenso nicht mehr weiter verfolgt werden soll der Lastwagenverlad durch den heute bestehenden Bahn-Scheiteltunnel. Dieser soll dem Verlad von Personenwagen vorbehalten sein. Gleiches gilt für eine Kurz-RoLa Lötschberg - Simplon und eine Lang-RoLa Basel - Chiasso. Bei letzterer Variante sind besonders die Zubringerstrecken ungenügend ausgebaut, sie weisen zum Teil nicht die für verladene LKW notwendige Höhe auf (so genannter "4-Meter-Korridor").Eine Nutzung bestehender militärischer Verladeanlagen in Othmarsingen und Rothenburg erscheint nicht zweckmässig. Diese Anlagen sind für diese Aufgabe ungenügend, es fehlen die Möglichkeiten zum Ausbau. Zudem liegen sie nicht in optimaler Distanz zur Nationalstrasse. Kosten für eine Kurz-RoLa Je nach Betriebsvariante der Kurz-RoLa fallen unterschiedliche Investitionskosten für Verladeanlagen und Rollmaterial an. Für die Bestvariante "2+1" müssen ca. 190 Millionen Franken in die Verladeanlagen und 316 Millionen Franken in zusätzliches Rollmaterial investiert werden. Der jährliche Aufwand für Betrieb- und Unterhalt beläuft sich auf 67 Millionen Franken. Unter der Annahme, dass das Rollmaterial nach dem Betrieb der RoLa weiterverkauft werden kann, belaufen sich die Gesamtkosten für eine drei Jahre in Betrieb stehende Kurz-RoLa auf rund 500 Millionen Franken. Basis für diese Kostenangaben ist der Preisstand 2011, in die aufgeführten Beträge ist die Mehrwertsteuer eingerechnet und die Genauigkeit beträgt +/- 30 Prozent. Weiteres Vorgehen Mit dem Grundlagenbericht vom Dezember 2010, dem Bericht zu den regionalwirtschaftlichen Auswirkungen und den Zusatzabklärungen zur ROLA ist eine sachgerechte Diskussion möglich. Das UVEK hat die Zusatzabklärungen wie zuvor schon die anderen Berichte mit den Verkehrskommissionen der beiden Räte besprochen und inzwischen auch den Gotthard-Kantonen Tessin, Uri, Graubünden und Wallis zugestellt. Ziel ist, die Diskussion im Verlauf dieses Jahres einer politischen Entscheidung zuzuführen. Der Gotthard-Strassentunnel muss zwischen 2020 und 2025 umfassend erneuert werden. In seinem Bericht zum Postulat 09.3000 hat der Bundesrat Ende 2010 verschiedene Sanierungsvarianten vorgestellt. Auf Wunsch der ständerätlichen Verkehrskommission und der Kantone Uri, Tessin, Graubünden und Wallis hat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Frühling 2011 einen ergänzenden Bericht zu den regionalwirtschaftlichen Auswirkungen der Varianten in Auftrag gegeben. Dieser Bericht basiert, insbesondere betreffend Ausgestaltung der Alternativangebote für den PW- und den LKW-Verkehr, auf den Annahmen vom Dezember 2010. Er wurde Ende 2011 den Verkehrskommissionen der beiden Räte, den beiden Anrainerkantonen Uri und Tessin sowie den Kantonen Graubünden und Wallis zugestellt. Als weitere Grundlage für den politischen Entscheid über die Sanierungsvariante hat das Bundesamt für Strassen (ASTRA) gemeinsam mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) die im Bericht zum Postulat 09.3000dargelegten Möglichkeiten für den Lastwagenverlad (RoLa) weiterentwickelt und konkretisiert. Grundlage für die Untersuchung waren zwei Szenarien (Verlagerungsziel erreicht, Verlagerungsziel nicht erreicht). Die Kantone Uri, Tessin, Graubünden und Wallis wurden inzwischen über die Ergebnisse informiert.
Der Ruf nach der zweiten Tunnelröhre am Gotthard Die Sanierung des mehr als 30 Jahre alten Gotthard-Strassentunnel, welche zwischen 2020 und 2025 geplant ist, stellt für die Verkehrs- und Transportplaner eine grosse Herausforderung dar. Bereits heute werden auf Bundesebene Konzepte entwickelt, wie man die Verkehrsströme in dieser Zeit organisieren und koordinieren soll.Die Befürworter und die Gegner einer zweiten Tunnelröhre durch den Gotthard haben sich deshalb in Position gebracht. Hinter und zunehmend auch vor den Kulissen wird eine intensive Lobbyarbeit verrichtet. Die politischen Entscheidungsträger und später auch die Öffentlichkeit müssen mit Argumenten für oder gegen die Projektidee überzeugt werden. Die Felsstürze vom 31. Mai 2006 und 5. Juni 2012 und die mit ihnen verbundenen Transportprobleme haben den Befürwortern einer zweiten Tunnelröhre am Gotthard Auftrieb gegeben. Mit der Eröffnung des Gotthard Basistunnels, welche für 2016 geplant ist, kann der Alpen querende Güterverkehr auf der Schiene einige Gefahrenstellen unterfahren werden.
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