Arbeitszeit
von Lehrpersonen
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Arbeitszeit
in Lehrberufen |
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Arbeitszeit
in Lehrberufen |
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Lehrer
sind keine Ferientechniker: Ein Märchen wurde wissenschaftlich widerlegt |
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November
2000
Die
Belastung der Lehrkräfte darf nicht zunehmen. Zürcher Lehrkräfte arbeiten ausserordentlich viel, vor allem
jene, die an den Schulreformen mitwirken.
Eine
Arbeitszeitstudie zeigt es in aller Deutlichkeit: Die Zürcher Lehrpersonen
leisten mehr, als sie müssten. Ferien und Feiertage eingerechnet,
arbeitet beispielsweise ein Sekundarlehrer über 46 Stunden pro Woche.
Neben der reinen Unterrichtszeit von 28 Stunden fallen also noch 18 Stunden
Arbeitszeit für Vorbereitung, Beratung oder Korrekturen an.
Die
Studie wurde - ohne Auflagen - von der Bildungsdirektion beim Pädagogischen
Institut der Uni Zürich in Auftrag gegeben. Wie Studienleiter Hermann
J. Forneck gestern vor den Medien betonte, handelt es sich um eine der
grössten wissenschaftlichen Untersuchungen, die zu diesem Thema im
deutschsprachigen Raum je gemacht wurden.
Trotz
Ausschluss der Höchstbelastungen deutliche Ergebnisse:
Die
Resultate beruhen in erster Linie auf Befragungen der Lehrkräfte.
Um die Teilnahme wurden alle rund 18 000 amtierenden Lehrpersonen gebeten
- von der Kindergärtnerin bis zum Mittelschullehrer. Geantwortet
haben knapp 3500 Personen, in die Untersuchung einbezogen wurden die Antworten
von 2299 Personen. Um Missbräuche zu verhindern, baute die Studienleitung
diverse Kontrollmechanismen ein. So schloss sie beispielsweise alle Antworten
aus, die über 14 Arbeitsstunden pro Tag oder über 70 Stunden
pro Woche auswiesen. 32 ausgewählte Lehrkräfte mussten zudem
ihre Arbeitszeit in einen Kontrollcomputer eingeben, den sie während
der Erhebungswochen (April/Mai und Juni/Juli) ständig auf sich trugen.
Ausserdem verglich die Studiengruppe die Resultate auch mit einer Befragung
von ehemaligen Lehrkräften. "Somit ist diese Studie hieb- und stichfest
und bestimmt nicht lehrerbegünstigend", sagte Forneck.
Um
im laufenden Jahr auf eine 42-Stunden-Woche zu kommen, muss ein kantonaler
Vollzeitangestellter 1960 Arbeitsstunden erbringen. Unter den Lehrpersonen
arbeiten die Mittelschullehrer am meisten. Sie bringen es durchschnittlich
auf fast 2200 Stunden. Mit Ausnahme der Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerinnen
weisen auch alle anderen Lehrerkategorien überdurchschnittliche Arbeitszeiten
aus. Und auch die Kindergärtnerinnen, deren Pensen maximal 87 Prozent
eines Vollpensums betragen dürfen, arbeiten jährlich 1820 Stunden
(vorgeschrieben wären nur gut 1700 Stunden). Deshalb sei klar,
sagte Forneck: "Die Zürcher Lehrerinnen und Lehrer arbeiten sehr,
sehr viel."
Zum
Vergleich führte er eine ähnliche, noch nicht veröffentlichte
Studie aus dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen an. Dort bringt
es beispielsweise ein Mittelschullehrer nur auf 1900 Jahresarbeitsstunden,
obwohl er mehr Lektionen zu erteilen hat. Auch wenn man berücksichtige,
dass in Deutschland die 38-Stunden-Woche gelte, leisteten die Lehrkräfte
aus dem Ruhrpott weniger überstunden als ihre Berufskollegen in Zürich.
Riesige
individuelle Unterschiede |
Auffällig
ist, wie unterschiedlich lange die einzelnen Lehrkräfte für ihren
Beruf aufwenden. Beispiel Real- und Oberschullehrer (Sek B und C): Während
die einen nur rund 1400 Stunden pro Jahr arbeiten, leisten andere 3200
Stunden. Dies sei alarmierend, sagte Forneck, und: "Wer so viel arbeitet,
ist in Not." ähnliche Differenzen gibt es bei allen anderen Stufen
auch. Sogar Handarbeitslehrerinnen arbeiten teilweise 2600 Stunden im Jahr.
Auf der anderen Seite der Skala gibt es allerdings auch Lehrerinnen, die
es nur auf 600 Stunden bringen. Ebenfalls an den Tag brachte die Erhebung,
dass Lehrkräfte, die in Reformschulen und in leitender Stellung
unterrichten, deutlich mehr arbeiten.
Neben
der reinen, objektiv messbaren Arbeitszeit wurden die Lehrkräfte auch
nach ihrem subjektiven Empfinden über die emotionale Belastung gefragt.
Hier zeigte es sich, dass das Unterrichten als relativ wenig stressreich erlebt wird. Belastend wird die Arbeit insbesondere wahrgenommen wegen
Disziplinproblemen, wegen der Arbeit mit schwierigen Kindern und vor allem
wegen der Schulreformen. Deutlich zeigt sich auch, dass die Arbeit mit
pubertierenden Jugendlichen klar belastender ist als die Arbeit mit Kindern.
Innovation
nicht bestrafen |
Handlungsbedarf
ortet Forneck im Zürcher Bildungswesen nicht unbedingt bei der Anpassung
von Pensen in einzelnen Schulstufen: "Die Arbeitszeitgerechtigkeit ist
gut." So arbeiten beispielsweise Mittelschullehrer - trotz tieferen
Pensen - klar mehr als Berufsschullehrer, ebenso leisten Sekundarlehrer
(Sek A) zeitlich mehr als Real- und Oberschullehrer (Sek B und C).
Die Arbeitszeitmodelle grundsätzlich wichtig sei auch, dass innovative
Lehrkräfte, die beispielsweise auch Leitungsfunktionen übernähmen,
künftig für ihren Effort honoriert würden. "Im heutigen
System werden sie bestraft."
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Gemäss
wissenschaftlich abgestützter Arbeitszeiterhebung beträgt der
Anteil an Vor- und Nachbereitung, Planung, individueller Weiterbildung
und administrativer Arbeiten mehr als 40% der gesamten Arbeitszeit von
Lehrpersonen. |
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Externe
Links |
Bildungsdirektion
Zürch
Evaluationen
im
Bildungsbereich
Zürich
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Die
Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat die Arbeitszeiten der Lehrkräfte
untersuchen lassen. |
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Die
Studie ist die bisher beste und umgangreichste Studie über das Arbeitsverhalten
und die Bedürfnisse der Lehrpersonen, welche in der Schweiz zur Verfügung
steht. |
Die
Studie ist im Herbst 2000 veröffentlicht worden.
Der
Bericht wird von der Bildungsdirektion Zürich nicht mehr in Internet
angeboten. RAOnline hat eine Zusammenfassung des Berichts weiter im Angebot. |
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Weitere Informationen
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Lehrpersonen
und Berufsumfeld Schule |
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