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Stadt Zürich: Gesundheitszustand der Lehrpersonen |
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Bei gesunden Lehrpersonen können Kinder besser lernen
Der Gesundheitszustand der Lehrpersonen der Stadt Zürich ist mehrheitlich gut. Dennoch werden mindestens 4'000 Schülerinnen und Schüler von ca. 10% stark belasteten Lehrpersonen unterrichtet. Das hat eine 2013 durchgeführte Befragung von Lehrpersonen und Mitarbeitenden der Stadt Zürich ergeben, die an der Delegiertenversammlung des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH vom 14. Juni 2014 in Basel präsentiert wurde. Für die restliche Schweiz können ähnliche Verhältniszahlen angenommen werden. Der LCH fordert die zuständigen Behörden auf, zusammen mit Arbeitsmedizin und Versicherungen im Lehrberuf die Datenbasis für den Gesundheitsschutz zu verbessern. Schutz und Förderung der Gesundheit von Lehrpersonen sind eine gesetzliche Pflicht der Arbeitgeber. Die Konsequenzen für die Untätigkeit tragen neben den Lehrpersonen insbesondere die Kinder und Steuerzahler.
Lehrpersonen gehören trotz eindeutigen Belastungsstudien noch immer zu den sogenannten «unproblematischen» Berufsgruppen. Dass diverse Faktoren während des Unterrichtens die Gesundheit einer Lehrperson gefährden können, wurde vielfach beschrieben. Trotzdem ist die Datenlage prekär, weil berufsspezifische Statistiken von Pensions-und Krankenkassen oder IV und anstellenden Behörden kaum in der notwendigen Breite vorhanden sind. Die Prävention und die Behebung von Belastungen werden primär auf das Individuum abgeschoben. Die Kosten entstehen bei den Kranken-und Pensionskassen sowie bei der IV. Detaillierte Analysen des Arbeitsplatzes Schule aufgrund von längerdauernden Beobachtungen und Untersuchungen fehlen.
Im Rahmen der Delegiertenversammlung des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH vom 14. Juni 2014, präsentierte Dr. med. Daniel Frey, ehemaliger Direktor der Schulgesundheitsdienste der Stadt Zü.rich, aktuelle Resultate zum Gesundheitszustand der Lehrpersonen. Er bezieht sich hierbei unter anderem auf die 2013 durchgeführte Mitarbeitendenbefragung der Stadt Zürich, die mit sämtlichen Angestellten der Stadtverwaltung, unter Einbezug der Lehrpersonen, durchgeführt wurde. Die gleichzeitige Befragung von Verwaltungsangestellten und Lehrpersonen erlaubte einen guten Vergleich der Arbeitsbedingungen. Die evaluierten Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Die psychische Belastung von Lehrpersonen ist im Vergleich zu Verwaltungsangestellten hoch; rund 20-40% Lehrpersonen fühlen sich psychisch erheblich bis stark belastet, 23% fühlen sich durch Arbeits-und Zeitdruck gestresst und 20% sind der Auffassung, die Lehrtätigkeit beeinträchtige in starkem Masse ihre Work-Life-Balance. Für die Stadt Zürich heisst das konkret, dass mindestens 4'000 Schülerinnen und Schüler von stark belasteten Lehrpersonen unterrichtet werden. Demgegenüber wird der Arbeitsinhalt von den Befragten als durchwegs positiv bewertet. «Der Beruf des Lehrers, der Lehrerin ist wie alle ‚Beziehungsberufe' anspruchsvoll. Es gilt, eine möglichst gute Lehrer-Kind-Beziehung aufzubauen, denn sie ist zentral für einen erfolgreichen Bildungs-und Erziehungsprozess», folgert Daniel Frey. Belastungsfaktoren sieht er vor allem bei «schwierigen Schülern», heterogenen Klassen, zu viel Administration, Zeit-und Reformdruck. «Interessant ist zudem, dass Lehrpersonen, die ihre Führung als positiv beurteilen, weniger psychische Belastungen empfinden und in der Folge besser mit Reformen umgehen können. Eine erfolgreiche Gesundheitsförderung bedingt daher, dass die Führung, insbesondere die Schulleitung, ausreichend unterstützt wird.»
Stress und Burnout sind längst keine Modethemen mehr. Durchgeführte Studien zum Arbeitsstress haben mehrfach bestätigt, dass rund 30% der Arbeitnehmenden von Stress und Burnouts betroffen sind, Tendenz steigend. IV-Renten aus psychischen Gründen nehmen zu – ebenfalls ein Beweis dafür, dass Stress und Burnouts ernst zu nehmende Krankheiten der heutigen Gesellschaft sind. Bund, Kantone und Verbände, darunter auch der LCH, setzen sich daher mittels verschiedener Massnahmen mit der psychischen Gesundheit ausei.nander. So hat der Bund mit der Gesamtschau «Gesundheit 2020» insgesamt 36 Massnahmen verabschiedet, um die Lebensqualität zu sichern, die Chancengleichheit zu stärken, die Versorgungsqualität zu erhöhen und die Transparanz zu verbessern. Auf kantonaler Ebene sind Aktionsprogramme und Umfragen durchgeführt sowie Konzepte zur Gesundheitsprävention erarbeitet worden. Im Rahmen der Trinationalen Tagung Arbeits.medizin in Bregenz im Jahr 2013 hat der LCH im Workshop «Sicherheit und Gesundheit für schulische Lehrkräfte» die Gesundheitsbelastungen der Lehrpersonen erörtert und auf den Mangel an Zuständigkeiten und die fehlende Transparenz hingewiesen, da der Fokus fast ausschliesslich auf das Individuum gerichtet sei.
Vor diesem Hintergrund fordert der LCH, dass sich die Arbeitsmedizin endlich systematisch mit dem Lehrberuf auseinandersetzt. Um die Gesundheit der Lehrpersonen besser schützen und fördern zu können, braucht es seitens Lehrpersonen, Schulleitungen, Arbeitgeber, Bildungsdirektionen und weiteren involvierten Akteuren eine grössere Sensibilisierung sowie klar definierte und auch wahrgenommene Verantwortlichkeiten. Um sich diesem Ziel anzunähern ist der LCH daran, die «Dokumentation zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit von Lehrpersonen» herauszugeben. Denn: Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Gesamtverantwortung für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zu tragen. Was die Lehrpersonen betrifft, fehlt bisher eine Übersicht der involvierten Akteure mit deren Verantwortlichkeiten und Handlungsmöglichkeiten in den Bereichen Gesundheitsschutz und -förderung. Die Dokumentation soll diese Lücke schliessen. Im Herbst 2014 wird sie der Öffentlichkeit präsentiert.
Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern von Bildungsinstitutionen und Gesundheitswesen bestätigte, dass im Bereich der psychischen Gesundheitsförderung noch Handlungsbedarf besteht. «Was im Bereich der Arbeitssicherheit erreicht wurde, ist eine Erfolgsgeschichte, die nur mit grossen Anstrengungen erzielt werden konnte. Demgegenüber muss im Bereich der psychischen Gesundheit sicherlich noch viel geleistet werden», betont Doris Kunz vom Institut Forschung und Entwicklung der PH FHNW. Titus Bürgisser, Leiter des Zentrums Gesundheitsförderung der PH Luzern gibt zu bedenken, dass alle Ebenen aktiv werden müssen: «Wenn viele Menschen beruflich an ihre Grenzen kommen, kann man nicht mehr von einem individuellen Problem sprechen. Dann ist es ein Problem des Systems. Es braucht daher alle Ebenen, also die der Lehrpersonen, Schulleitungen, Arbeitgeber und Politik, um geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.» Auf die Pflicht der Arbeitgeber weist Jürg Zellweger, Leiter Ressort Arbeitssicherheit und Bildung des Schweizerischen Arbeitgeber-Verbands hin: «Arbeitgeber sind verpflichtet, die Gesundheit zu schützen. Diese schliesst auch die psychische Gesundheit ein. Die Mitwirkung der Mitarbeitenden ist allerdings ebenso eine Pflicht. Im Hinblick auf psychische Fragen sollte eine Kultur des Dialogs entwickelt werden.»
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Quelle:
Text LCH - Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, Juni
2014 |
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