12. November 2014 Das Landegerät Philae der ESA-Mission Rosetta hat geschafft, was noch nie zuvor versucht worden war: die Landung auf einem Kometen. Der Lander Philae hat am 12. November 2014 auf der Oberfläche von Komet «Churyumov-Gerasimenko» aufgesetzt. Damit steht erstmals ein vom Menschen geschaffenes Gerät auf einem Kometen und misst unmittelbar vor Ort Daten. "Philae spricht zu uns - wir sind auf der Kometenoberfläche", sagt Lander-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Um 17:09 Uhr jubelte das Team im Lander Control Center (LCC) des DLR, das den Lander steuert und betreibt. Nach gespanntem Warten während des siebenstündigen Abstiegs zur Oberfläche des Kometen «67P/Churyumov-Gerasimenko» erreichte das Signal zur Bestätigung der erfolgreichen Landung um 17.03 Uhr MEZ die Erde.
"Nach einer mehr als zehnjährigen Reise durch den Weltraum können wir nun die bisher beste wissenschaftliche Analyse eines der ältesten Bestandteile unseres Sonnensystems vornehmen", so der ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration, Alvaro Giménez. "Der Weg zum heutigen Erfolg wurde in jahrzehntelanger Vorbereitung geebnet, um sicherzustellen, dass Rosetta in der Kometenwissenschaft und der Weltraumexploration auch künftig eine Pionierrolle spielt."
"Dieser Erfolg zeugt von der herausragenden Teamarbeit und dem einzigartigen Know-how beim Betrieb von Raumfahrzeugen, das die Europäische Weltraumorganisation in den letzten 50 Jahren erworben hat." Der Landeplatz namens Agilkia, der auf der grösseren der beiden Hälften des eigentümlich geformten Kometen liegt, wurde nur sechs Wochen nach dem Einschwenken der Sonde in die Umlaufbahn des Kometen anhand von Bildern und Daten aus Entfernungen zwischen 30 und 100 km zu dem Kometen ausgewählt. Die ersten Bilder zeigten bald, dass die Oberfläche des Kometen mit Gesteinsbrocken übersät ist, hoch aufragende Felswände und steile Abgründe und Gruben aufweist und Gas- und Staubfontänen hinter sich lässt. Nach einer gewissen Zeit in 10 km Entfernung wurde Rosetta zur Vorbereitung des Ausklinkens von Philae wieder in eine höhere Umlaufbahn befördert. Vergangene Nacht und am frühen Morgen wurden fünf kritische Entscheidungen zur Bestätigung der verschiedenen Bereitschaftsstufen getroffen und das letzte Manöver des Orbiters vor der Abtrennung durchgeführt. Die Abtrennung in einer Entfernung von 22,5 km vom Mittelpunkt des Kometen wurde um 10.03 Uhr MEZ bestätigt. Während des siebenstündigen Abstiegs ohne Antrieb oder Lenkung nahm Philae Bilder auf und sammelte Informationen über das Umfeld des Kometen. "Eine der grössten Unsicherheiten in Verbindung mit dem Absetzen des Landegeräts war die Position von Rosetta zum Zeitpunkt des Ausklinkens, die von der Aktivität des Kometen zu diesem besonderen Zeitpunkt abhing, von der wiederum auch die Abstiegsbahn des Landegeräts hätte beeinflusst werden können", erklärte Sylvain Lodiot, der Rosetta-Flugbetriebsleiter der ESA. "Hinzu kommt, dass wir diese Vorgänge in einer 510 Millionen km von der Erde entfernten Umgebung durchführen, mit deren Erkundung wir gerade erst begonnen haben." Für die Landung war eine Geschwindigkeit von etwa 1m/Sek. geplant, wobei der dreibeinige Landeuntersatz den Aufprall abfing, um ein Zurückfedern in den Weltraum zu verhindern, und an jedem Bein angebrachte Eisschrauben sich in den Boden drehten.
Das Landegerät wird in den nächsten zweieinhalb Tagen erste wissenschaftliche Beobachtungen vornehmen, vorausgesetzt die Hauptbatterie bleibt funktionsfähig. Anschliessend könnte eine weitere wissenschaftliche Beobachtungsphase unter Nutzung der wieder aufladbaren Zweitbatterie erfolgen, wenn das Sonnenlicht ausreicht und die Solarpaneele nicht durch Staubablagerungen beeinträchtigt werden. Diese erweiterte Phase könnte bis März 2015 anhalten, bis sich die Temperatur im Landegerät für einen weiteren Einsatz zu stark aufgeheizt hat. An wissenschaftlichen Highlights der ersten Beobachtungsphase werden eine Panorama-Ansicht des Landeplatzes, Ausschnitte davon auch in 3D, hochauflösende Aufnahmen der Oberfläche unmittelbar unter dem Landegerät, eine In-situ-Analyse der chemischen Zusammensetzung der Kometenoberfläche sowie die Entnahme von Bohrkernen aus einer Tiefe von 23 cm und deren anschliessende Analyse durch die Laborgeräte an Bord erwartet. Die Messungen, die Philae von seinem Landeplatz aus im Detail vornehmen wird, werden die den gesamten Kometen erfassenden Fernerkundungsdaten des Rosetta-Orbiters ergänzen und kalibrieren.
Im nächsten Jahr wird Rosetta mit zunehmender Aktivität des Kometen mehr auf Distanz gehen müssen und ungebundene Bahnen fliegen, wobei kurze, riskante Vorbeiflüge aus nächster Nähe, zum Teil bis zu 8 km an das Kometenzentrum heran, geplant sind. Seinen sonnennächsten Punkt wird der Komet am 13. August 2015 mit einer Entfernung von 185 Mio. km ungefähr zwischen den Umlaufbahnen von Erde und Mars erreichen. Rosetta wird ihm auch noch den Rest des Jahres 2015 folgen, wenn die Aktivität des Kometen mit zunehmender Entfernung von der Sonne wieder nachlassen wird. "Es war eine äusserst lange und beschwerliche Reise für ein absolut einmaliges Ereignis, aber es hat sich allemal gelohnt. Wir freuen uns jetzt auf die kommenden Erfolge dieses grossartigen wissenschaftlichen Unterfangens, denn die Mission Rosetta wird unser Wissen über Kometen revolutionieren", so Fred Jansen, ESA-Missionsleiter für Rosetta.
Über Rosetta Rosetta ist eine Mission der ESA, an der sich ihre Mitgliedstaaten und die NASA beteiligen. Das Landegerät Philae wurde von einem Konsortium unter Leitung von DLR, MPS, CNES und ASI bereitgestellt. Rosetta ist die erste Mission überhaupt, die einen Kometen in nächster Nähe umkreist, diesen auf seinem Flug um die Sonne begleitet und ein Landegerät auf seiner Oberfläche abgesetzt hat. Kometen sind wie Zeitkapseln, die ursprüngliche Materie aus dem Zeitalter der Entstehung der Sonne und ihrer Planeten enthalten. Mit der Untersuchung von Gas, Staub, Aufbau des Kerns und anderem organischem Material des Kometen aus der Ferne und an dessen Oberfläche dürfte die Rosetta-Mission der Schlüssel zur Enthüllung der Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems sein. Über die ESA Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), Europas Tor zum Weltraum, ist eine 1975 gegründete zwischenstaatliche Organisation, deren Aufgabe darin besteht, europäische Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Investitionen in die Raumfahrt den Bürgern in Europa und anderswo zugutekommen.Die ESA hat 20 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Davon sind 18 auch Mitgliedstaaten der EU. Zwei weitere EU-Mitgliedstaaten, Ungarn und Estland, dürften demnächst neue Mitgliedstaaten der ESA werden. Im Rahmen von Kooperationsabkommen unterhält die ESA Beziehungen zu sechs anderen EU-Mitgliedstaaten. Auch Kanada nimmt im Rahmen eines Kooperationsabkommens an bestimmten ESA-Programmen teil. Darüber hinaus arbeitet die ESA mit der EU zusammen, um die Programme Galileo und Copernicus zu verwirklichen. Dank der Koordinierung der Finanzressourcen und Kompetenzen ihrer Mitgliedstaaten kann die ESA Programme und Tätigkeiten durchführen, die weit über die Möglichkeiten eines einzelnen europäischen Landes hinausgehen. Die ESA entwickelt Raumfahrzeugträger, Satelliten und Bodenanlagen, um sicherzustellen, dass Europa bei Raumfahrtvorhaben weltweit an der Spitze bleibt. Sie entwickelt und startet Erdbeobachtungs-, Navigations-, Telekommunikations- und Astronomiesatelliten, schickt Raumsonden in entlegene Regionen des Sonnensystems und beteiligt sich an der bemannten Exploration des Weltraums.
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