 |
Erdbeben - Tektonik Schweiz |
|
 |
Erdbeben - Tektonik Schweiz |
|
Hintergrundinformationen
zum Themenbereich "Erdbeben" |
 |
Was
sind Erdbeben? |
 |
Erdbeben sind Bruchvorgänge in der Erdkruste als Folge von überhöhten
Spannungen im Gestein. Hervorgerufen werden die Spannungen durch langsame
unterschiedliche Bewegungen im Erdinneren. Werden die Spannungen so gross,
dass die Festigkeit des Gesteins, meist entlang schon existierender Störungen,
überschritten wird, dann kommt es zu einem räumlich mehr oder
weniger ausgedehnten Bruch. Wenn dieser Vorgang in bestimmten Zeitabständen
immer wieder auftritt, dann spricht man von einem seismisch aktiven
Bruch oder Verwerfung.
Geologische Untersuchungen und instrumentelle
Beobachtungen an bekannten Bruchsystemen (z.B. San
Andreas Bruch an der Westküste der USA) haben gezeigt, dass
Spannungen in der Erdkruste sowohl durch plötzlich auftretende Erdbeben
als auch durch langsames, stetiges Kriechen wieder abgebaut werden können.
Die Zahl und Stärke von Erdbeben in einem Gebiet hängt wesentlich
davon ab, wie schnell der Spannungsaufbau und -abbau vor sich geht. In
Zentraleuropa sind schwere Erdbeben mit entsprechend grossen Verschiebungen
selten, da die hierzu notwendigen aktiven Verwerfungen weitgehend fehlen.
nach
oben
Wo
treten Erdbeben auf? |
 |
Die
genaue Bestimmung des Ursprungs und der weltweiten Verteilung von Erdbebenherden
mit Hilfe äusserst empfindlicher Seismographen hat ganz wesentlich
zum Verständnis von Erdbeben beigetragen. Einmal bezeichnet die Position
der Epizentren immer deutlich die Umrandungen der Erdkrustenplatten (Kontinentalplatte),
zum andern kann man aus der typischen Anordnung der Erdbebenherde auf abtauchende
Platten schliessen. Entlang von solchen Subduktionszonen treten Erdbeben
bis zu einer Tiefe von 700 km auf. Derartige Zonen finden sich zum Beispiel
an den Pazifikküsten von Südamerika, Japan und im östlichen
Mittelmeer. Bei allen anderen Plattengrenzen werden Erdbeben nur bis etwa
40 oder 50 km Tiefe beobachtet, da in grösserer Tiefe das Erdmaterial
fliessfähig wird.
Weltweit
finden über 90 Prozent aller Erdbeben im so genannten zirkumpazifischen Feuergürtel rund um den Pazifik
statt, in dem sehr oft auch vulkanische Aktivität zu beobachten ist.
Die dominierenden Erdbebengebiete in Europa liegen überwiegend im
Mittelmeerraum, in der Kollisionszone zwischen der afrikanischen und eurasischen
Platte. Dazu zählen vor allem die nordafrikanische Küstenzone,
der italienische Stiefel einschliesslich Sizilien, der südliche Teil
der Alpen, der Balkan und die Türkei.
 |
Die
Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein und das Bundesland Vorarlberg
liegen gerade am nördlichen Ende des adriatischen Sporns. Dieser Erdkrustenblock
zwischen Italien und Kroatien stellt gleichsam einen fingerförmigen,
nördlichen Fortsatz der afrikanischen Platte gegen Norden dar. Speziell
die Alpenregion gehört damit zum direkten Einflussbereich der plattentektonischen
Vorgänge im Mittelmeerraum, und darin liegt auch die Hauptursache
für die Erdbeben im St. Galler Rheintal. Nördlich der Alpen sind
häufig Erdbeben zu beobachten, die im Zusammenhang mit dem Rheingraben stehen. |
|
Im
Rheingraben nördlich von Basel sinkt die Erdkruste zwischen dem Schwarzwald
und den Vogesen grossflächig ab. Der Rheingraben gehört zu einer
ganzen Serie von ähnlichen Grabensystemen, die sich, mit Unterbrechungen,
von Skandinavien bis nach Ostafrika verfolgen lassen.
Weitere Informationen |
 |
nach
oben
Wie
häufig treten Erdbeben auf? |
 |
Bei
oberflächlicher Betrachtung sieht es so aus, als ob die Zahl der starken
Erdbeben in den letzten Jahren zugenommen hatte. Dieser Eindruck täuscht
aber. In den vergangenen 100 Jahren blieb die weltweit registrierte Anzahl
von sehr starken Erdbeben ziemlich konstant. Was sich jedoch seit Ende
des 19. Jahrhundert geändert hat, ist die Bevölkerungsdichte
und damit die Wertkonzentration insbesondere in den erdbebengefährdeten
Zonen. In der Folge haben das Schadenausmass eines starken Erdbebens und
damit die öffentliche Wahrnehmung eines derartigen Erdbebens sprunghaft
zugenommen.
Bei
schwächeren Erdbeben können in bestimmten Regionen änderungen
in deren Häufigkeit beobachtet werden. Historische Erdbebenkataloge
belegen zum Beispiel für die Schweiz vor allem an der Wende vom 19.
zum 20. Jahrhundert eine Häufung von Erdbeben.
Durch
langjährige Untersuchungen hat man ein universelles Naturgesetz entdeckt:
Es gibt sehr viel mehr kleine als grosse Erdbeben, wobei sich das Verhältnis
mit einer einfachen mathematischen Beziehung beschreiben lässt. Mit
Hilfe von zuverlässigen Erdbebenkatalogen ist es daher prinzipiell
möglich, aus der Anzahl tatsächlich registrierter schwacher Erdbeben
auf die Wahrscheinlichkeit eines stärkeren Erdbebens in diesem Gebiet
zu schliessen. Natürlich bleibt dies immer eine statistische Aussage
und darf auf keinem Fall verwechselt werden mit einer, bisher noch nicht
realisierbaren, zuverlässigen Erdbebenvorhersage.
Im
Vergleich zu früheren Zeitperioden sind in den letzten 30 bis 50 Jahren
in der Schweiz wenig starke Erdbeben aufgetreten. Die Geschichte lehrt
uns, dass dies eine trügerische Ruhe ist. Starke und schwere Erdbeben
sind in der Vergangenheit auch in der Schweiz aufgetreten. Wir müssen
daher auch in der Schweiz mit Erdbebenkatastrophen rechnen.
nach
oben
Wie
werden Erdbeben erfasst? |
 |
Der
Ort an der Erdoberfläche, senkrecht über dem Erdbebenherd, wird
als Epizentrum bezeichnet. Im Epizentrum starker Erdbeben sind meist auch die grössten Schäden zu verzeichnen.
Der Erdbebenherd kann nur theoretisch als punktförmige Quelle angesehen
werden, denn in Wirklichkeit besitzt er immer eine flächenhafte Ausdehnung,
die von etwa zehn Metern für ein Erdbeben der Magnitude 3 bis zu mehreren
hundert Kilometern für ein Erdbeben der Magnitude 9 reicht.
Seit
etwa 1935 wird die Stärke eines Erdbebens mit Hilfe der Magnituden-Skala,
auch Richterskala genannt, angegeben.
Die Magnitude ist ein logarithmisches Mass für die im Erdbebenherd
freigesetzte Energie und wird mittels instrumenteller Aufzeichnungen berechnet.
Die bei Erdbeben freigesetzten Energien umfassen einen sehr grossen Bereich.
Da eine Magnitudenstufe etwa einer änderung der Energie um den Faktor
32 entspricht, wird bei einem so genannten Weltbeben der Magnitude 8 ungefähr
eine Million mal mehr (seismische) Energie freigesetzt als bei einem leichten,
jedoch spürbaren Erdbeben der Magnitude 4. Es ist daher auch sofort
einsehbar, dass selbst eine grössere Anzahl von kleinen Erdbeben nicht
die Rolle eines einzigen starken Erdbebens beim Spannungsabbau in der Erdkruste
ersetzen und so dieses verhindern kann.
Mit
Hilfe der zwölfstufigen Intensitäts-Skala (Mercalli-Sieberg-Skala)werden
die Auswirkungen eines Erdbebens auf Mensch, Bauten und Umwelt klassifiziert.
Im Gegensatz zur Magnitude wird die Intensität mit römischen
Ziffern angegeben.
nach
oben
Wie
hoch ist die Erdbebengefährdung in der Schweiz? |
 |
|
Die
Gefährdung der Schweiz durch Erdbeben ist je nach Region als klein
bis mittel einzustufen. Das Niveau der Erdbebengefährdung in der Schweiz
entspricht etwa dem der angrenzenden Nachbarländer, ist aber eindeutig
niedriger als in Mittel- und Süditalien, im Balkan oder in der Türkei,
welche zu den erdbebenaktivsten Regionen in Europa gehören.
In
der Schweiz werden jedes Jahr 200 bis 300 Erdbeben registriert. Diese
Erdbeben werden von der Bevölkerung mehrheitlich nicht verspürt. |
|
Interessanterweise ist die geographische Verteilung der stärkeren
historischen und der schwächeren gemessenen Erdbeben sehr ähnlich.
Bestehende
Schwächezonen in der Erdkruste, die sich durch kleine aber häufige
Erdbeben relativ leicht feststellen lassen, sind daher die Entstehungsorte
für zukünftige starke Erdbeben.
Einige
Regionen, darunter das Mittel- und Oberwallis, die Region Basel, die Zentralschweiz,
das St. Galler Rheintal und das Engadin weisen eine erhöhte Erdbeben-Aktivität und damit eine signifikante Gefährdung durch Erdbeben auf. Im schweizerischen
Vergleich weist das St. Galler Rheintal und damit der Einsatzraum für
die Übung "RHEINTAL 06" eine
mittlere Erdbeben-Gefährdung auf. Im internationalen Vergleich ist
diese Erdbeben-Gefährdung jedoch eher als gering einzustufen.
Am
8. Mai 1992 um 08:44 MESZ trat bei Buchs ein Erdbeben der Stärke 4,7
auf. Die Bodenerschütterungen führten in der Region Gams-Grabs
zu einer zeitweiligen Trübung des Quellwassers. Durch das Erdbeben
bildeten sich in den zahlreichen Wänden des Schloss Vaduz Risse, die
kostspielige Reparaturen erforderten. In den folgenden Wochen registrierte
der Schweizerische Erdbebendienst zahlreiche schwache Erdbeben, die von
der Bevölkerung in Buchs und Umgebung teilweise verspürt wurden.
Die
Erdbeben-Geschichte der Schweiz weist in grösseren Zeitabständen
Schadenbeben auf. So wurden zum Beispiel im vergangenen Jahrhundert
in der Schweiz neun Schadenbeben mit Intensität VII (Mercalli-Sieberg-Skala)
und grösser registriert. Die Intensität VII entspricht etwa der
Stärke 5 auf der Richter-Skala.
Interessante
Informationen über historische Erdbeben sind meist in Stadt- und Kirchenchroniken
zu finden, in denen die Schäden und Auswirkungen sehr anschaulich,
aber oft nicht sehr objektiv, beschrieben werden. Das in zahlreichen Chroniken
erwähnte Erdbeben von Basel vom
18. Oktober 1356 war das stärkste jemals nördlich der Alpen aufgetretene
Ereignis dieser Art. Im Ratsbuch von Basel wird dieses Ereignis folgendermassen
beschrieben (Originalzitat): "Man sol wissen, dass dise Stat von dem Erdpidem
zerstöret und zerbrochen wart, und beleib anhein Kilche, Turne noch
steinin Huss, weder in der Stat noch in den Vorstetten ganz, und wurdent
grösselich zerstöret." Das in der Folge ausgebrochene Feuer wütete
etwa eine Woche lang in der Stadt und vergrösserte den Schaden beträchtlich.
Während der Übung"RHEINTAL 06"
wird sich das Basler Erdbeben von 1356 zum 650-mal jähren.
Im
statistischen Langzeitmittel muss in der Schweiz etwa alle 8 bis 10 Jahre
mit einem Erdbeben der Stärke 5, etwa alle 100 Jahre mit einem Erdbeben
der Stärke 6 auf der Richter-Skala gerechnet werden. Erdbeben in der Grössenordnung des Erdbebens von
Basel vom 18. Oktober 1356 haben eine statistische Wiederkehrperiode von
700 bis 1'000 Jahren.
Zum
Vergleich: Die Wiederkehrperiode der Hochwasserkatastrophe vom August 2005
wird von SwissRe mit 43 Jahren beziffert. Mit anderen Worten: Statistisch
gesehen müssen wir innerhalb von hundert Jahren mit zwei Hochwasserkatastrophen
und einer Erdbebenkatastrophe wie diejenige rechnen, welche der Übung "RHEINTAL
06" zugrunde gelegt ist.
nach
oben
Geringe
Erdbebengefährdung - grosses Erdbebenrisiko |
 |
Das
Risiko eines Schadens wird wesentlich auch durch die Qualität
der Bausubstanz und die Dichte der Besiedlung und Industrialisierung
bestimmt. Bezieht man diese Faktoren in eine Beurteilung mit ein, ergibt
sich ein beträchtliches Schadenspotenzial durch Erdbeben in der Schweiz,
das volkswirtschaftlich keinesfalls vernachlässigt werden kann.
Würde
sich zum Beispiel das Basler Erdbeben (Erdbeben
von Basel ) vom 18. Oktober 1356 heute ereignen, wären rund
2'000 Todesopfer und 7'000 Schwerverletzte und Verschüttete zu beklagen.
Rund 20% der Gebäude in der Stadt Basel würden unbewohnbar oder
gar zerstört werden. Die Versicherungen beziffern die Gebäudeschäden
auf rund 45 Milliarden Franken. Gemeinsam mit den Mobiliarschäden
(15 Milliarden Franken), Infrastrukturschäden (5-10 Milliarden Franken)
sowie den durch Betriebsunterbrüche verursachten Kosten (10-15 Milliarden
Franken) käme man auf einen Gesamtschaden von rund 80 Milliarden Franken.
Diese Summe entspricht knapp 20% des Bruttoinlandproduktes der Schweiz
von 2002. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass rund 34% des nationalen
Katastrophenrisikos durch Erdbeben verursacht werden. Zum Vergleich: Der
Anteil von Hochwasserkatastrophen am gesamten Katastrophenrisiko in der
Schweiz beträgt rund 10%.
 |
Quelle:
Text Nationale Alarmzentrale NAZ, Hintergrundinformationen zur Erdbebenübung
"RHEINTAL 06" 2006 |
Links |
 |
 |
 |
Externe
Links |
|