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Abrupte Klimaschwankungen während der letzten Eiszeit - ein Phänomen extremer Winter

Starke Unterschiede zwischen den Jahreszeiten in der Klimageschichte fordern Modellierer heraus

Die heftigen Klimaschwankungen im nordatlantischen Raum während der letzten Eiszeit waren ein Phänomen extremer Winter. Die Sommer waren davon kaum betroffen. Dies ist das Ergebnis von Untersuchungen eines Forscherteams aus den Niederlanden, dem Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, Bremerhaven, und dem Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel, das jetzt in der Zeitschrift "Nature Geoscience" veröffentlicht wurde.

Sedimentkerne
Sedimentkern vom grönländischen Kontinentalhang, Farbwechsel zeigen Klimazyklen (Eiszeiten/Warmzeiten). Foto: Hannes Grobe, Alfred-Wegener-Institut

In der Klimageschichte gab es während und zum Ende der letzten Eiszeit (80.000 - 10.000 Jahre vor heute) abrupte und heftige Klimasprünge (Klimawechsel) zwischen kälteren und wärmeren Phasen, die sich innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten vollzogen. Sie waren vor allem in höheren Breiten im nordatlantischen Raum sehr ausgeprägt. Das belegen Temperaturrekonstruktionen aus Meeressedimenten und grönländischen Eisbohrkernen.

Wissenschaftler untersuchen die Ursachen und Auswirkungen von natürlichen Klimasprüngen aus der Erdgeschichte, um das Erdsystem besser zu verstehen und Rückschlüsse für unsere heutige und die zukünftige Klimaentwicklung zu ziehen. Dabei interessieren sie die Klimamuster in den hohen und den niedrigen Breiten, ihre Interaktionen und wie diese durch die Ozeane und die Atmosphäre gesteuert werden.

Das Forscherteam untersuchte die Auswirkungen dieser raschen und heftigen Klimasprünge auf die niederen Breiten und rekonstruierte an einem Sedimentkern aus dem Golf von Mexiko die Temperatur der Wasseroberfläche im Sommer für die letzten 300.000 Jahre. Für die letzte Eiszeit zeigt die Temperaturkurve überraschenderweise keine kurzfristigen Schwankungen wie die auf Grönland registrierten massiven Abkühlungen von bis zu 15°C. Allerdings werden diese kurzfristigen Schwankungen von karibischen Klimakurven registriert, die vorrangig das Wintersignal abbilden.

"Die von uns rekonstruierte Kurve der Sommertemperaturen zeigt keine abrupten und heftigen Schwankungen," erklärt Prof. Dr. Ralf Tiedemann vom Alfred-Wegener-Institut. "Mit unserem Ergebnis untermauern wir die Hypothese, dass die abrupten massiven Abkühlungsphasen eher ein Abbild extremer Winter sind."

Dieser extreme Unterschied zwischen den Jahreszeiten spiegelt sich auch in der Verlagerung des tropischen Regengürtels, der Innertropischen Konvergenzzone wider. Das geht aus Vergleichen mit anderen Klimazeitreihen aus der Karibik und aus Südamerika hervor. Während der eiszeitlichen Klimasprünge war die sommerliche Lage des Regengürtels relativ stabil in der Höhe von Venezuela ausgebildet. Während extremer Winter verlagerte er sich über Südamerika hingegen weit nach Süden bis ca. 20°S (Bolivien). Darauf weisen veränderte Wachstumsraten an Stalagmiten und Gletschern hin.

Die Frage, welcher Mechanismus während der letzten Eiszeit ein Umkippen zu extremer Saisonalität in den hohen nördlichen Breiten bewirkt haben könnte, ist immer wieder aktuell: Die raschen Klimasprünge während der letzten Eiszeit führen Wissenschaftler mehrheitlich darauf zurück, dass die thermohaline Zirkulation des Ozeans instabil werden kann:

Erhöhte Niederschläge, Eisberge und Schmelzwassereinträge im Nordatlantik verringern den Salzgehalt und die Dichte des Oberflächenwassers, dies reduziert die Bildung von Nordatlantischem Tiefenwasser und ein Nachströmen von warmen, oberflächennahen Wassermassen durch den Golfstrom.

Wird dieser deutlich verringert oder setzt als Wärmepumpe aus, kommt es zu massiven Abkühlungen im Nordatlantik und in Nordeuropa. Bei überschreiten eines Schwellenwertes während der Wintermonate könnte dies zu einer grossräumigen Ausdehnung des Meereises führen. Die damit verbundene Zunahme im Albedo (Rückstrahlvermögen von Sonnenlicht) würde den Abkühlungseffekt nochmals verstärken - ein Zustand der während der Sommermonate anscheinend wieder kompensiert wird.

"Wir sehen anhand der Ergebnisse eine Jahreszeitendynamik, die wir uns kaum vorstellen können. Derartige Kontraste zwischen Sommer und Winter sind bei uns in Zukunft allerdings nicht zu erwarten," meint Prof. Ralf Tiedemann. "Vor dem Hintergrund des prognostizierten Klimawandels ist es aber wichtig, dass wir jahreszeitliche Klimaänderungen, ihre Schwankungsbreite und ihre Anfälligkeit verstehen. Eine solche Dynamik stellt grosse Herausforderungen an die Klimamodellierung und harrt noch einer besonderen Aufklärung."

Quelle: Alfred-Wegener-Institut AWI, Juli 2008

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der grössten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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