1. Die Machbarkeitsstudie für eine Bahnverbindung Die Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie erfolgte in den Jahren 2013/14. Um die Investitionskosten genügend genau erfassen zu können, wurde die Machbarkeitsstudie in den relevanten Bereichen bis auf die Stufe Vorprojekt ausgearbeitet. Die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Grimselbahn wurde am 3. Dezember 2014 den beteiligten Kantonen abgegeben. Für die Swissgrid ist der Bedarf einer solchen Höchstspannungskabelverbindung wie folgt begründet: Die Schweiz stellt höchste Ansprüche an das Höchstspannungs-Übertragungsnetz. Zwei Drittel des Netzes stammen jedoch aus den 1950-er und 1960-er Jahren. Der steigende Stromkonsum, der Anschluss neuer Grosskraftwerke, die Versorgungssicherheit, die Energiewende, die Veränderungen in der gesamten Stromwirtschaft (alternative und erneuerbare Energien), die Drehscheibenfunktion der Schweiz und der Stromaustausch (Import/Export) mit Europa, legen die strukturellen Engpässe im Übertragungsnetz offen. Damit die Schweiz in zehn Jahren das Netz hat, das sie braucht («Strategisches Netz 2025»), muss das Übertragungsnetz dringend modernisiert bzw. ausgebaut werden. Das Projekt der Netzverstärkung Mettlen-Ulrichen ist dabei ein Schlüsselprojekt. Die Swissgrid sucht bei allen Netzprojekten die sinnvollste Lösung. Dabei wird ebenfalls die Mitbenutzung anderer Infrastrukturen systematisch geprüft wie beispielsweise SBB-Bahnstrom, Verteilnetze oder Autobahnen. . Das Projekt eines alleinigen Kabelstollens Innertkirchen-Ulrichen; . Das Projekt eines alleinigen Bahntunnels von Innertkirchen-Oberwald; . Ein gemeinsames Projekt Kabel und Bahn von Innertkirchen-Oberwald. Nur so liessen sich die Synergiegewinne quantifizieren und die Kostenanteile auf die Parteien gemäss dem Verursacherprinzip zuweisen. In der nun gestarteten Planungsphase wird ebenfalls eine Freileitungsvariante über den Pass umfassend geprüft. Diese neue Machbarkeitsstudie für eine Bahnverbindung Meiringen - Oberwald mit einer Höchstspannungskabelanlage von Swissgrid wurde am 1. Juni 2015 abgeschlossen. Gewählte Projektlösung
Die Linienführung: Die Bahnstrecke beginnt in Meiringen und nutzt die heutige Trasse bis Innertkirchen. Auf diesem Abschnitt wird ein Umbau von Gleichstrom auf Wechselstrom notwendig werden. Diese Aufwendungen sind in den Kosten eingerechnet. Ab der heutigen Endstation der Meiringen - Innertkirchen - Bahn (MIB) beginnt die Neubaustrecke. In offener Linienführung führt die Trasse auf eine Länge von rund 650 m zum Nordportal des 22,26 km langen Grimsel - Tunnel. Durch die Zwischenangriffe in Guttannen und der Handegg kann der Tunnel bautechnisch gesehen in 3 einzelne Tunnel aufgeteilt werden. Dies reduziert die Bauzeit- und Kostenrisiken. Das Südportal des Grimsel - Tunnels liegt oberhalb der Galerie der Kantonsstrasse westlich vom Bahnhof Oberwald. Direkt ab dem Südportal führt die Trasse auf eine Brücke und schliesst in einem Bogen an die Trasse der Matterhorn - Gotthard - Bahn an. Dieser offene Abschnitt weist eine Länge von rund 400 m auf. Somit ergibt sich, dass auf die gesamte Streckenlänge von 28,5 km von Meiringen nach Oberwald nur eine Strecke von rund 1,1 km im freien Gelände neu erstellt werden muss. Der Rest der Neubaustrecke wird Untertage geführt. Die Kabeltrasse für die Höchstspannungskabel wird in Innertkirchen direkt in die Schaltanlage Innertkirchen geführt. Im Raume Oberwald können die Kabel am Ende der Brücke direkt an die bestehende Freileitung angeschlossen werden. Eine Lösung, viele Gewinner durch Synergieeffekte Eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Kantone Bern, Wallis und Uri sowie weiterer Parteien hat gezeigt, dass das Projekt machbar ist und Synergien zwischen Bahn und Stromleitungen durchaus Sinn ergeben. Swissgrid muss sein Übertragungsnetz bis 2025 ausbauen. Statt dieses weiterhin mit Strommasten über die Grimsel zu führen, bietet dieses Projekt laut Yves Zumwald ideale Voraussetzungen, Infrastrukturen zu bündeln und die Leitungen durch den Tunnel zu verlegen. Somit können gesamthaft 121 Strommasten und 22 Kilometer Stromleitung abgebaut werden, was das Landschaftsbild der Grimselregion positiv beeinflussen wird. Zudem würden teure Schutzmassnahmen in diesem durch Lawinen- und Felsstürze gefährdeten Gebiet entfallen. Durch diese sich ergebenden Synergien ist der Zeitpunkt zur Umsetzung des Projekts nun ideal. Jean-Michel Cina streicht den Pioniercharakter des Projekts heraus. Es sei ein innovativer Lösungsansatz, um eine einzige Infrastruktur für zwei Systeme, Bahn und Strom, zu nutzen. Marktpotenzial und Marktvolumen für die Grimselbahn: Entscheidend für ein solches Projektvorhaben aus Sicht der Bahn ist der Bedürfnisnachweis. Deshalb wurde für diese Abklärungen die Universität St. Gallen als Fachinstanz beigezogen. Gesamthaft kann ein Beitrag von 5-5,5 Millionen CHF zur regionalen Wertschöpfung generiert werden. Zusätzlich kann ein Arbeitsplatzeffekt von ca. 35 Vollzeitäquivalenten erwartet werden, was für den engeren Wirkungsraum einen sehr wichtigen Zuwachs bedeutet (proportional auf die Region Bern umgerechnet, würde dies einem Zuwachs von rund 1'500 Personen bedeuten). Sinnvoll wäre ein durchgehender Betrieb seitens der Zentralbahn oder der Matterhorn-Gotthard-Bahn. Dies hätte jedoch umfangreiche Abklärungen im gesamten Netzfahrplan gehabt, was im Rahmen der Machbarkeitsstudie zeitlich nicht realisierbar war. Aus diesem Grunde wurde in Abstimmung mit den beiden Bahngesellschaften MGB und ZB der weiteren Projektbearbeitung ein Pendelbetrieb zwischen den beiden Knoten Meiringen und Oberwald zu Grunde gelegt. Das Angebot sieht einen Stundentakt vor. Neu können die Ortschaften Guttannen und Handegg per Bahn ganzjährig und ohne den Naturgefahren ausgesetzt, angeschlossen werden. Zwischen Meiringen und Innertkirchen bleibt das heutige Halbstundenangebot. Betrieblich ist nur Personenverkehr vorgesehen. Ein Autoverlad wurde geprüft, aber aus Kostengründen sowie den erhöhten Auflagen infolge des Gefahrengutes nicht mehr weiterverfolgt. Der Tunnel kommt vollständig in die kristallinen Gesteine des Aarmassivs zu liegen. Die zu durchörternden Gesteine sind für den Tunnelbau günstig. Dank der vielen Stollen der Kraftwerke Oberhasli AG ist das Gebirge gut aufgeschlossen und das gebirgsmechanische Verhalten bekannt. Im Bericht wurden die Naturgefahren detailliert erhoben. Es wurden die Auswirkungen auf die Aussenanlagen beurteilt und wo erforderlich, wurden Schutzmassnahmen empfohlen. Diese wurden im Projekt berücksichtigt. Je nach Wahl der Vortriebsmethode (Sprengvortrieb oder Tunnelbohrmaschinenvortrieb) fallen zwischen ca. 1,0 Mio.m3 bis 1,2 Mio.m3 Ausbruchmaterial an. Das Ausbruchmaterial kann wiederverwendet werden. In der Region steht je nach Erweiterungsmöglichkeiten ein Ablagerungsvolumen von 2,3 Mio.m3 zur Verfügung. Im Rahmen der Bearbeitung des Sicherheitskonzeptes wurde die Sicherstellung der Selbst- und Fremdrettung beurteilt. Hauptrisiko ist der Brand eines Zuges. Zur Gewährung einer ausreichenden Sicherheit werden sogenannte Personenschutzräume (neun Stück) in einem ungefähren Abstand von 2 km gebaut, die von aussen über eine Frischluftleitung (im Bankett einbetoniertes Rohr) versorgt werden können. In diesen Wartebereichen können sich die Passagiere, geschützt vor Rauch und Hitze, bis zur Evakuierung sicher aufhalten. Mittels einer Risikoanalyse konnten die berechneten Risikoprofile für die Tunnelgesamtrisiken als zulässig bezeichnet werden. Aus dem Sicherheits- und Rettungskonzept wurden die Anforderungen an die Brandlüftung abgeleitet. Gestützt auf die Ergebnisse aus dem Sicherheitskonzept wurden Anforderungen an das Lüftungskonzept formuliert. Es wurden der Normal- und der Ereignisbetrieb untersucht. Für den Normalbetrieb ist keine Betriebslüftung notwendig. Für den Ereignisbetrieb (Brandfall) wird mit reversiblen Strahlventilatoren je nach Brandort eine tal- oder bergwärts gerichtete Längsströmung von Portal zu Portal erzeugt. Dabei wird die Kontrolle der Rauchausbreitung entlang der Tunnelabschnitte erreicht, die zur Rauchfreihaltung der Fluchtwege (auf dem Tunnelbankett) führt. Für die verschiedenen Szenarien und Brandorte konnte das Schutzkonzept nachgewiesen werden. Es wurden 18 Umweltbereiche geprüft und mittels einer Relevanzmatrix beurteilt. Davon wurden 6 Bereiche als nicht relevant beurteilt. Bei 12 Bereichen sind die Auswirkungen während der Bauphase oder im Endzustand relevant. Diese werden im Bericht näher beschrieben und es wurde ein Pflichtenheft für die nächste Verfahrensstufe vorgeschlagen. Es zeichnen sich jedoch keine Konflikte ab, da das Projekt zu rund 96 % Untertage verläuft. Durch Verlegung der Höchstspannungskabel in den Tunnel könnten die Freileitungen über die Grimsel zurückgebaut werden. Dabei würden 121 Strommasten wegfallen. Die ursprüngliche Ungestörtheit des Landschaftsbildes würde wiederhergestellt und die ausserordentliche Schönheit des Gebietes würde stark aufgewertet. Niederhalteservitute können aufgehoben werden und der Wald wieder seinem natürlichen Wachstum überlassen werden. Mit der Grimselbahn wird eine sichere, dauerhafte und kostengünstige Bahnverbindung mit hoher ganzjähriger Verfügbarkeit erstellt. Die Bahntechnik und die elektromechanische Ausrüstung müssen dafür diese grundlegenden Anforderungen erfüllen. Das der Machbarkeitsstudie zugrunde gelegte Konzept für die Bahntechnische Ausrüstung entspricht dem heutigen Stand der Technik. Diese Aufwendungen sind in die Projektkosten eingerechnet. Geplant ist der Einbau von zwei durchgehenden Leitungssträngen. Ein Strang besteht aus drei Einleiter Kabeln, respektive einem Kabel je Phase im Drehstromsystem, Isolationsspannung 380 kV. Die Kabel werden seitlich an der Tunnelwand auf Kabelträger verlegt. Im Strategischen Netz 2025 werden die Kabel in einer ersten Ausbaustufe mit 220 kV betrieben, wobei in einer späteren Ausbaustufe Umstellung auf 380 kV vorgesehen ist. Der Abstand der Muffenkammern beträgt 2'000 m. Die Anlagen der Kraftwerke Oberhasli AG werden in der Handegg und Gerstenegg-Grimsel über das Stollensystem angeschlossen. Als nächstes beginnen die Bearbeitungen zur Erstellung des Bauprojektes sowie der weiteren Umwelt- und Baugrundabklärungen. Die Planungsarbeiten für die Kantonalen Richtpläne in den Kantonen Bern und Wallis laufen parallel dazu. Anschliessend starten die Arbeiten für das Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren. Vom Projektstart bis zum Erhalt einer rechtskräftigen Baubewilligung ist nach Rücksprachen mit den zuständigen Behörden mit ca. 4 Jahren zu rechnen. Es wurden mehrere Bauprogrammvarianten geprüft. Es muss mit einer Bauzeit bis zur Inbetriebnahme von rund 6 Jahren gerechnet werden. Die Kosten wurden detailliert ermittelt. Für relevante Einheitspreise wurden Vergleichsbetrachtungen durchgeführt. Es konnte dabei auf Preisangaben aktuell laufender Projekte zurückgegriffen werden. Bei den zu Grunde gelegten Einheitspreisen handelt es sich um realistische Marktpreise, aber nicht um Wettbewerbspreise tiefster Angebote. - Kosten die nicht direkt einer Partei zugeteilt werden können, werden hälftig auf beide Parteien aufgeteilt; - Der Zuschlag für Unvorhergesehenes wurde pro Leistungsposition prozentual je nach Risiko berechnet. Diese sind in den Investitionskosten enthalten. 5. Eine Lösung - viele Gewinner Bei Gesamtkosten von rund CHF 580 Mio. für einen gemeinsam genutzten Grimsel-Tunnel, könnten Grimselbahn und Swissgrid beträchtliche Kosten einsparen gegenüber den Kosten für separate Tunnel. Für die ganzjährige Bahnverbindung von Meiringen nach Oberwald konnte durch die Universität St. Gallen ein interessantes Marktvolumen ermittelt und der Bedürfnisnachweis erbracht werden. In der strategischen Ausbauplanung des nationalen Höchstspannungsnetzes der Swissgrid bis 2025 ist die alpenquerende Leitung über die Grimsel ein Schlüsselelement. - Umwelt: Aufgrund der Topografie, der Naturgefahren, der geschützten Grimsellandschaft und der günstigen geologischen Verhältnisse steht eine unterirdische Verkabelung im Vordergrund gegenüber der bestehenden Freileitung. Das Schutzgebiet Grimselpass könnte von der Freileitung entlastet werden. Es würden 121 Strommasten und 23 Kilometer Stromleitung abgebaut. Bestehende Engpässe würden eliminiert und Vorteile beim Ausgleich zwischen Last- und Produktionszentren geschaffen; Die Grimselbahn mit dem 22,26 km langen Grimsel-Tunnel schliesst die Lücke zwischen den beiden Schmalspurbahnnetzen der Matterhorn-Gotthard-Bahn und der Zentralbahn und verbindet die Montreux Oberland Bahn mit der Rhätischen Bahn. Diese Vernetzung wird den Tourismusorten im Schweizer Alpenraum vom Genfersee über das Berner Oberland bis ins Wallis, in der Innerschweiz, im Bündnerland und im Tessin starke Impulse geben. Nebst der Basiserschliessung zwischen dem Berner Oberland mit dem Goms werden weitere attraktive touristische Verbindungen wie Luzern/Interlaken-Zermatt oder Montreux-Interlaken-Andermatt-Chur-St. Moritz möglich. Positive Auswirkungen wird die Bahnverbindung als Zubringer zur Gotthard-Bergstrecke und dank schnellerer Erreichbarkeit aus dem Berner Oberland für das Tessin haben. Nebst der Basiserschliessungsfunktion zwischen dem östlichen Berner Oberland und dem Goms (Verbindung Zentralbahn/Matterhorn-Gotthard-Bahn) kann mit dem Bau eine ganzjährige, wintersichere Bahnverbindung realisiert werden; Guttannen und die Handegg (u.a. Bedürfnisse der KWO AG) erhalten einen ganzjährigen Bahnanschluss. Mit der Bahnverbindung ist das Dorf Guttannen und die Handegg (u.a. Kraftwerksanlagen) bei Strassensperrungen infolge von Naturgefahren (Erdrutsche, Lawinen) für Personen immer erreichbar; Der Kanton Bern kann seine Ausbau- und Erhaltungsstrategie der Grimselstrasse infolge der Naturgefahren überprüfen, da neu die Gebiete Guttannen und Handegg sicher am Netz des öffentlichen Verkehrs ganzjährig angeschlossen sind. Fazit:Das Projekt ist beispielgebend für eine vorteilhafte Zusammenlegung zweier linearer Infrastrukturen.
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