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Vogelgrippe Influenza A (H5N1) - Aktueller Situationsbericht

Stand: 20.01.2006

Gemeinsame Erklärung des Robert Koch-Instituts, des Paul Ehrlich-Instituts und des Friedrich-Loeffler-Instituts zum Thema Geflügelpest (Vogelgrippe)
Die durch hoch pathogene aviäre Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 hervorgerufene Geflügelpest ist eine in der Tiermedizin seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannte Infektionskrankheit, die bevorzugt Hühnervögel und Puten, aber auch Wassergeflügel wie Enten und Gänse befällt und zu grossen wirtschaftlichen Verlusten in der Nutzgeflügelhaltung führen kann.

Bis Mitte der 1990er Jahre waren Geflügelpestausbrüche selten zu verzeichnen waren und diese blieben geographisch begrenzt. Seit 1997 waren vermehrt Infektionen mit hochpathogenen aviären Influenzaviren der Subtypen H7N1, H7N3, H7N7, H5N1 und H5N2 zu verzeichnen.

Die gegenwärtige Situation der Infektion mit dem hoch pathogenen aviären Influenzavirusstamm H5N1 Asia zeichnet sich durch die enorme Zahl an infizierten Nutz- und Wildvögeln, die weite geographische Verbreitung sowie eine beträchtliche Zahl an Infektionen mit tödlichem Ausgang beim Menschen aus. Daher ist die 'Vogelgrippe' sowohl unter dem Aspekt der anzeige- und bekämpfungspflichtigen Tierseuche als auch dem eines möglichen Ausgangspunkts für eine neue humane Pandemie zu betrachten.

Auf Grund der ständigen Bedrohung der Tierbestände durch aus dem Reservoir der Wildvögel (hauptsächlich Wildenten) in Nutzgeflügelbestände eindringende gering pathogene aviäre Influenzaviren, die spontan zu hoch pathogenen Formen mutieren können, die leichte übertragbarkeit durch den Tierhandel und die grossen wirtschaftlichen Verluste infolge der hohen Sterblichkeitsrate, ist die Bekämpfung der Tierseuche Geflügelpest national und international seit längerer Zeit gesetzlich geregelt.

In Deutschland sind die Massnahmen in der Geflügelpest-Verordnung verbindlich vorgeschrieben.In der aktuell gültigen Fassung der Geflügelpest-Schutzverordnung werden darüber hinaus gehende Massnahmen, die der aktuellen Bedrohungslage durch H5N1 Asia gerecht werden, festgelegt. Essentielle Voraussetzung für eine erfolgreiche Bekämpfung der Geflügelpest ist ein frühzeitiges Erkennen des Erstausbruchs und darauf folgende Bekämpfungsmassnahmen wie die Isolierung des Seuchenherdes und die Tötung und unschädliche Beseitigung aller infizierten und ansteckungsverdächtigen Tiere. Die weite geographische Verbreitung des Typs H5N1 Asia ist auf eine zunächst nicht erkannte oder nicht gemeldete grossflächige Verbreitung in Südostasien zurückzuführen, wobei das Virus dann wahrscheinlich durch infizierte Wild- und Zugvögel weiterverbreitet wurde.

Seit 1997 ist bekannt, dass H5N1 Asia humanpathogenes Potential besitzt. Nach heutigem Kenntnisstand ist ein enger Kontakt des Menschen zu infiziertem Geflügel für eine Ansteckung notwendig. Allerdings erfolgen Infektionsereignisse insgesamt gesehen trotz einer erheblichen anzunehmenden Dunkelziffer nur selten. Insofern ist die 'Vogelgrippe'derzeit immer noch als Tierseuche ('Geflügelpest') zu klassifizieren.

Es besteht allerdings die Befürchtung, dass sich H5N1 Asia so an den Menschen adaptieren kann, dass es durch eine effiziente Ausbreitung direkt von Mensch zu Mensch das Potential für eine weltumspannende Pandemie mit unbekannten Folgen erlangen könnte.

Die für einen solchen Wirtswechsel notwendigen molekularen Voraussetzungen (Mutationen im Virusgenom) sind weitgehend unbekannt. Allerdings wurden experimentell einige Genombereiche identifiziert, die hierbei eine Rollen spielen. Dazu gehören u.a. die Rezeptorbindungsstelle im Oberflächenprotein Hämagglutinin sowie eine spezifische Aminosäure in einem Protein des Replikasekomplexes. Beide Mutationen wurden schon früher in Patientenisolaten von H5N1 Asia gefunden, wobei sich aber bisher keine dieser Mutationen im Geflügel oder im Menschen selektiv ausbreiten konnte. Inwieweit H5N1 Asia überhaupt die Fähigkeit zur pandemischen Verbreitung erlangen kann, ist nicht bekannt, aber nicht auszuschliessen.

Durch die Bedeutung aviärer Influenzaviren sowohl für die Veterinär- als auch die Humanmedizin ist eine enge Zusammenarbeit der verantwortlichen Bundesinstitute notwendig. Die selbständigen Bundesoberbehörden des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das für humane Infektionskrankheiten zuständige Robert Koch-Institut, das für Impfstoffe verantwortliche Paul Ehrlich-Institut und das für den Veterinärbereich zuständige Friedrich- Loeffler-Institut, befinden sich daher in der Einschätzung der Lage und hinsichtlich der zu treffenden Massnahmen kontinuierlich in engstem Kontakt. Damit wird ein unmittelbarer Informationsfluss zwischen Veterinär- und Gesundheitsbehörden sichergestellt, was für eine erfolgreiche Infektionsabwehr von grundlegender Bedeutung ist.

Prof. Dr. Reinhard Kurth Robert Koch-Institut
Prof. Dr. Johannes Löwer Paul Ehrlich-Institut
Prof. Dr. Thomas Mettenleiter Friedrich-Loeffler-Institut

Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut / Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Deutschland FLI März 2006
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