Hier setzt das Projekt GLOWA-IMPETUS an. Ziel ist es, über einen interdisziplinären und integrativen Ansatz den Risiken des Globalen Wandels vor Ort zu begegnen. Letztendlich sollen den Entscheidungsträgern in Marokko und Benin Instrumente an die Hand gegeben werden, die ein Bewerten der Auswirkungen von Entscheidungen möglich machen und einen nachhaltigen Umgang mit der lebensnotwendigen Ressource Wasser bewirken. Komplexe Wechselwirkungen Es sind komplexe Wechselwirkungen, die im westlichen Afrika zu einer Verschärfung der Trinkwassersituation geführt haben und tendenziell weiter führen werden. Um diese zu verstehen, erforscht GLOWA-IMPETUS die Rückkopplung der in der Atmosphäre, der Hydrosphäre, der Biosphäre und der Anthroposphäre ablaufenden Prozesse in den beiden Einzugsgebieten. Letztlich ist es die Frage, welche Einflussfaktoren sich in welcher Weise und in welchem Umfang auf die Wasserkreisläufe auswirken und wie sich die Verknappung des Wasserdargebotes auf die zukünftige Entwicklung in den beiden Regionen auswirkt.
Im westlichen Afrika nimmt Benin eine klimatische Sonderstellung ein. Fallen in den Küstenregionen der benachbarten Länder bis zu 4'000 mm Niederschlag im Jahr, sind es in Benin nur 1'200 mm im Süden des Landes und nur etwa 900 mm im Norden (in zwei Regenzeiten bzw. einer Regenzeit). Dem Rückgang der Niederschläge seit den siebziger Jahren steht eine Zunahme des Wasserbedarfs durch das hohe Bevölkerungswachstum (ca. 3,2 % pro Jahr) gegenüber. Obwohl Benin kein wasserarmes Land ist, ist die Versorgung mit sauberem Trinkwasser vielerorts ein Problem. Von den insgesamt rund 7 Millionen Einwohnern sind weniger als ein Fünftel an Wasserleitungssysteme angeschlossen. Weniger als 40 % der Landbevölkerung trinkt aus gefassten Brunnen. Ein grosses Problem ist die Wasserqualität. GLOWA-IMPETUS hat in vielen Brunnen und Wasserstellen verschiedenste Krankheitserreger nachgewiesen - unter anderem Cholerabakterien. Aufgrund fehlender Bodenschätze hat die Landwirtschaft eine hohe Bedeutung für die Bevölkerung. Wegen der geringen Finanzkraft der lokalen Bevölkerung herrscht der Brandrodungsfeldbau ohne Verwendung von Düngung vor. Durch den geringen natürlichen Nährstoffvorrat sind die Böden schnell ausgelaugt und würden erst nach einer langen Brachezeit wieder nutzbar. Der Bevölkerungsdruck macht das Einhalten der notwendigen Brachezeit jedoch oft unmöglich.
Landnutzungsänderung und Klimawandel Die Trockenperioden seit den siebziger Jahren haben im Sahel und in der Sudanzone zu einem Abwandern grosser Teile der Bevölkerung geführt. Die Bauern des Nordens verlassen vielfach ihre ausgelaugten, erodierten Böden und ziehen in den gering besiedelten Süden. Diese Zuwanderung erfolgt weitestgehend unkontrolliert und ohne Steuerung staatlicher Stellen. Für GLOWA-IMPETUS ist dieser Prozess von zentraler Bedeutung, weil er die Umsetzung eines zukünftig nachhaltigen Wassermanagements stark beeinflusst. Neben der Umwandlung der Wälder in Ackerland hat dieses auch soziokulturelle Folgen, denn das Land zeichnet sich durch eine hohe ethnische Heterogenität aus. über die Auswertung von Satellitenbildern hat GLOWA-IMPETUS festgestellt, dass sich von 1986 bis 2001 die Ackerflächen am Oberlauf des Ouémé verdoppelt haben, während die dichten Wälder um 40 % reduziert wurden. Das bewirkt eine verringerte Verdunstung und dadurch lokal zurückgehende Niederschläge. Die
FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) geht bis
zum Jahr 2025 für das tropische Afrika und die Sahelzone von einem
Rückgang der Vegetation um nochmals über 30 % aus, was sich
sowohl auf das Klima in Westafrika als auch darüber hinaus bis nach
Marokko auswirkt.
Perspektiven für Benin Auf Basis der Ergebnisse und Erkenntnisse der ersten Projektphase entwickelt GLOWA-IMPETUS gemeinsam mit den Akteuren in Benin Szenarien, die mögliche zukünftige Entwicklungswege unter verschiedenen Annahmen, z.B. hinsichtlich der Landnutzung, aufzeigen. Letztlich lassen sich über Szenarien in Verbindung mit den gekoppelten Modellen Aussagen treffen, die beschreiben, was beispielsweise geschehen würde, wenn noch mehr Wald in Ackerflächen umgewandelt wird. Dadurch stellt GLOWA-IMPETUS den Akteuren und Entscheidern vor Ort ein Instrument zur Verfügung, über das sich Auswirkungen jetziger Entscheidungen auf die Zukunft abschätzen lassen.
Nachhaltiger Umgang mit der Ressource Wasser unter intensiver Landnutzung, Niederschlagsvariabilität und Wasserbedarf im Voltabecken
Für die Mehrheit der Bevölkerung im Voltabecken, eine der ärmsten Regionen Afrikas, stellen der Regen- und Bewässerungsfeldbau die wichtigsten Einkommensgrundlagen dar. Das Bevölkerungswachstum von etwa 2 % führt zu erhöhtem Druck auf Land- und Wasserressourcen. Daher ist ein effektivesWassermanagement in diesem Gebiet von besonderer Bedeutung. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt GLOWA-Volta untersucht die physikalischen und sozioökonomischen Faktoren, die den Wasserhaushalt, die Wassernachfrage und die Wasserverfügbarkeit im Voltabecken bestimmen.
Auf den Erkenntnissen und Ergebnissen des Projektes basierend soll ein wissenschaftlich fundiertes Entscheidungs-Unterstützungssystem (Decision Support System) entwickelt werden, das von Entscheidungsträgern der Region angewandt werden kann, um die Wasserverteilung zwischen Regionen und Sektoren zu optimieren. Das Voltabecken Das Voltabecken bedeckt 400'000 km2 der subhumiden bis semiariden westafrikanischen Savannenzone. Jeweils etwa 40 % des Voltabeckens liegen in den Anliegerstaaten Ghana und Burkina Faso, weitere 20 % in den Nachbarländern Mali, Elfenbeinküste, Togo und Benin. Landwirtschaft ist der bei weitem bedeutendste Wirtschaftssektor. Wirtschaftliches Wachstum wird vor allem in diesem Bereich erzielt, jedoch hängen Ertragssteigerungen von Technologien ab, die sich nur im Rahmen einer verbesserten Wasserversorgung einsetzen lassen. Die durchschnittlichen Niederschläge liegen bei 1'000 mm jährlich, wobei es einen starken Nord-Süd Gradienten gibt. Angesichts hoher Niederschlagsvariabilität kommt es regelmässig zu Dürren und damit einhergehend zu massiven Problemen in der Wasserversorgung.
Zukünftiges Konfliktpotential Die wirtschaftliche Entwicklung der Anliegerstaaten des Voltabeckens und die steigende Wassernachfrage durch Industrie, Landwirtschaft und Wasserkraft könnten in naher Zukunft zu erheblichen Konflikten führen. Eine erhöhte Bewässerungsnachfrage im Norden des Voltabeckens (Nord- Ghana und Burkina Faso) würde beispielsweise die Wassermenge zur Erzeugung von Wasserkraft reduzieren. Deshalb ist ein effektives Wassermanagement unter Berücksichtigung grenzübergreifender Aspekte von besonderer Bedeutung. Mit einem erst kürzlich eingeführten Wasserreformprozess sowohl in Ghana als auch in Burkina Faso sollen die Interessen regionaler und lokaler Akteure und Wassernutzergruppen in die Strategien einbezogen werden. Die Herausforderung für die Politik liegt in der Berücksichtigung aller direkt oder indirekt von den Reformen betroffenen Akteure.
Die vier einzelnen Forschungsbereiche Im ersten Forschungsbereich, der Atmosphäre, werden räumliche Muster von Niederschlag und Verdunstung in Westafrika und dem Voltabecken sowohl gemessen als auch modelliert. Niederschlag und Verdunstung werden stark von Veränderungen der globalen Klimamechanismen und der regionalen Landnutzung beeinflusst. Ziele sind die genaue Vorhersage der Wasserverfügbarkeit in verschiedenen Regionen des Beckens und die Quantifizierung der Rückkopplungsmechanismen. Diese Komponenten fliessen in das Entscheidungs- Unterstützungssystem ein. Regionale klimatologische und hydrologische Simulationen erfordern detaillierte Informationen über Boden, Vegetation und menschliche Aktivitäten in Bezug auf Land und Wasser, welche wiederum von klimatologischen und hydrologischen Bedingungen abhängen. Diese gegenseitigen Abhängigkeiten und Verbindungen zu erforschen und zu erklären ist die Aufgabe des zweiten Forschungsbereichs: Die Landnutzung. Der dritte Forschungsbereich (Hydrologie und Wassernutzung) befasst sich mit der räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit, der Nutzung und Nachfrage nach Wasser sowie mit dem juristischen, politischen und institutionellen Rahmen des Wassermanagements. Primäres Ziel ist, die Wechselwirkungen zwischen der Wasserverteilung, der Wasserressourcenpolitik und den Auswirkungen von Wasserverfügbarkeit und -qualität auf die lokalen Lebensverhältnisse aufzuzeigen. Im vierten Forschungsbereich, technische Integration und Entscheidungsunterstützung, werden unterschiedliche Simulationsmodelle gekoppelt, um die Analyse komplexer Szenarien zu ermöglichen. Das Entscheidungs - Unterstützungssystem wird jedoch nicht nur aus einer Software und Daten bestehen - eine wichtige Komponente wird die strukturierte Kommunikation mit Entscheidungsträgern und den Akteuren vor Ort auf dem Gebiet der Wasserressourcen sein. Bisherige Forschungsergebnisse Zur Erfassung meteorologisch relevanter Datensätze wurde im Voltabecken ein Netzwerk bioklimatologischer Messstationen eingerichtet. Hier werden detaillierte synoptische Daten zu Niederschlag, Temperatur, Windregime, Verdunstung und anderen Klimavariablen gesammelt. Neben den regulären Wetterstationen werden diese Bodendaten mit hochpräzisen, state-of-the-art Instrumenten wie Eddy-Kovarianz-Systemen und Scintillometern erhoben. In Verbindung mit Fernerkundungsdaten und Modellen wie SEBAL (Surface Energy Balance Algorithm for Land) - ein numerisches Verfahren zur Abschätzung von Verdunstungsanteilen des Energiehaushalts der Bodenoberfläche - werden diese Daten dazu benutzt, um die Energieaustauschprozesse zwischen Land und Atmosphäre adäquat messen und bewerten zu können. Das klimatologische Simulationsmodell (MM5) wurde erfolgreich für westafrikanische Bedingungen kalibriert und wird jetzt dazu benutzt, langfristige Szenarien für die Klimaforschung sowie auch öffentlich zugängliche Wettervorhersagen zu erarbeiten (http://www.glowa-volta.de/atm/forecast.htm). Die Forschungsergebnisse der Klimamodellierer weisen zudem darauf hin, welche bedeutende Rolle die Wissenschaft für politische Konfliktlösungen spielen kann. Es konnte gezeigt werden, dass Wassermangel sowohl in Ghana durch Entwaldung als auch in Burkina Faso durch den Bau von Dämmen verursacht wird, wodurch dem Süden wiederum weniger Wasser zur Verfügung steht. Die Analyse dieser Wechselreaktionen bewirkte, dass beide Länder anfingen, über mögliche Lösungen zu sprechen. Auch die ersten Umfragen in Haushalten zu sozioökonomischen Fragen und zur Wassernutzung sind durchgeführt. Die Ergebnisse sollen in die Entwicklung ökonomischer Modelle für Wasser- und Landnutzung einfliessen, um die Wechselwirkungen zwischen menschlichen und umweltbedingten Faktoren in Gebieten, wo natürliche Böden rapide in agrarische Nutzflächen umgewandelt werden ("hot spots"), erforschen zu können. Das White Volta Pilotprojekt wurde gemeinsam mit der ghanaischen "Water Resources Commission" (WRC) ins Leben gerufen, um einen Prototyp des Entscheidungs- Unterstützungssystems auf lokaler Ebene testen zu können.
Von
Österreich ausgehend wird dieser Lehrgang zur Bewahrung und nachhaltigen
Bewirtschaftung von Gewässern partnerschaftlich mit Hochschulen in
Afrika durchgeführt.
Quelle: OEZA
|