In der Schweiz besteht kein Bärenansiedlungsprojekt. Der Bär wandert jedoch von selbst ein, wie die Erfahrungen aus dem Jahre 2005 zeigen. Der Bund hat ein Konzept für das Management des Bären in der Schweiz erstellt und leistet Beiträge an Schäden.
Das Bundesamt für Umwelt BAFU ist nach Artikel 10 Absatz 6 der Jagdverordnung (SR 922.01) verpflichtet, Konzepte (Managementpläne) für den Umgang mit bestimmten, geschützten Tierarten zu entwickeln. Solche Konzepte wurden bereits für Biber, Wölfe und Luchse in Kraft gesetzt. Am
27. Februar 2006 hat das BAFU das Konzept Bär Schweiz in die Anhörung
geschickt an Bundesämter, Kantone, landwirtschaftliche Verbände,
Naturschutzorganisationen und andere Betroffene. Zuvor hatte die "Arbeitsgruppe
Grossraubtiere", bestehend aus Vertretern interessierter Kreise, das Konzept
besprochen.
Insgesamt haben sich 5 Bundesämter, 26 Kantone, 12 landwirtschaftliche Verbände, 6 naturschutzorientierte Organisationen sowie 10 weitere interessierte Verbände (u.a. aus den Bereichen Jagd, Forstwirtschaft, Wissenschaft, Tourismus) zum Konzeptentwurf geäussert .
Insgesamt wurde die rasche Erarbeitung des Konzeptes aufgrund der Erfahrungen mit dem ersten Bären in der Schweiz nach 100 Jahren im Sommer 2005 begrüsst. Mehrheitlich waren die Anhörungspartner, insbesondere die meisten Kantone, mit der Stossrichtung einverstanden und bemängelten lediglich einzelne Punkte. Es gab aber auch ablehnende Stimmen, so von den Kantonen Wallis, Bern und Waadt und von den meisten landwirtschaftlichen Verbänden.
Landwirtschaftsverbände
bezweifelten, ob in der Schweiz überhaupt genügend Lebensraum
für ein konfliktfreies Nebeneinander von Menschen und Bären besteht.
Die Zielsetzung des Konzepts - ein konfliktarmes Nebeneinander - wird in
Frage gestellt (z.B. VS).
In verschiedenen Stellungnahmen kam zum Ausdruck, dass aus den Zielsetzungen des Konzeptes zu wenig hervorgeht, dass die Sicherheit des Menschen und seiner Nutztiere immer Priorität gegenüber dem Schutz des Bären haben muss. Ebenfalls dürften durch die Bären weder die Berglandwirtschaft (Kleinviehhaltung) noch die Freizeitaktivitäten eingeschränkt werden, wie z.B. das Wandern durch die Sperrung von Gebieten/Wegen oder die Jagd durch ein Verbot von Wildfütterungen oder des Ansitzes. Im Zusammenhang mit der Sicherheit wurden auch mehrmals die Anhänge 4 und 5 dahingehend kritisiert, dass die darin enthaltenen Verhaltensempfehlungen verharmlosend, irreführend und naiv seien. Es fehle der deutliche Hinweis, dass Bären durchaus gefährlich sind. Es wurde auch gesagt, die Anhänge dienten lediglich dazu, bei einem Zwischenfall die Schuld auf ein Fehlverhalten des Menschen zurück zu führen. Zudem wurde betont, dass bei einem Zwischenfall mit einem Menschen das BAFU haften würde.
Die Rückkehr von Bären (und anderer Grossraubtiere) verursachen neue Kosten, sei es für das Monitoring, die Schadenprävention oder die Schadenvergütung. Verschiedene Anhörungspartner, darunter auch der Kanton Graubünden, halten fest, dass diese Kosten nicht von den Rand- und Bergregionen getragen werden können und verlangen, dass der Bund die nötigen Mittel längerfristig verbindlich zusagt. Diese Mittel dürfen aber nicht landwirtschaftlichen Budgets (Landwirtschaftliche Verbände) oder dem kantonalen Jagdregal (Jagdverbände) entnommen werden, sondern müssten vom BAFU zur Verfügung gestellt werden. Sämtliche Mehraufwendungen für die Schadenprävention, also nicht nur das Material, sondern auch die Mehrarbeit, müssten vollumfänglich abgegolten werden. Auch müssten Projekte vor dem Auftreten von Bären finanziert und nicht nur auf drei Jahre befristet sein. Ebenso müssten Entschädigungszahlungen für gerissene Nutztiere, aber auch für vermisste und verletzte Tiere, den Suchaufwand, das Beibringen und Entsorgen der Tierkadaver sowie Sekundärschäden (z.B. Aborte, Tierarztkosten) beinhalten. Insgesamt seien die Entschädigungen kulant zu handhaben, da dies die Akzeptanz der Grossraubtiere fördere. Der Kanton Thurgau bezweifelt, ob zerstörte Bienenhäuschen und Schäden an Gebäuden wie z.B. aufgebrochene Hühnerställe nach Art. 13 des Jagdgesetzes (SR 922.0) überhaupt entschädigt werden können. Gefordert wurde überdies, dass das Konzept, respektive der Anhangteil ergänzt wird mit dem empfohlenen Vorgehen, wenn jemand materielle Schäden durch einen Bären erleidet.
Naturschutzorganisationen begrüssten, dass das BAFU die Existenz von unauffälligen Bären anerkennt. Andere Anhörungspartner erwähnten, dass es in unserem dicht besiedelten und genutzten Land keine unauffälligen Bären geben könne. Auch die differenzierte Klassifizierung von auffälligen Bären wurde teilweise kritisiert und als praxisfremd beurteilt. Der
WWF fordert, dass bei der Einteilung eines bestimmten Bären in eine
der Kategorien die Arbeitsgruppe Grossraubtiere den Entscheid der Interkantonalen
Kommission überprüft.
Ein Problem im Zusammenhang mit der Vergrämung könnte der Mangel an Personal sein; es verfüge nicht jeder Kanton über eine professionelle Wildhut oder diese könne die Vergrämung nicht noch zusätzlich zu ihren heutigen vielseitigen Aufgaben befriedigend wahrnehmen (Kanton Waadt). Weiter wurde die Wirksamkeit von Vergrämungsaktionen bezweifelt, respektive es wurde festgehalten, dass es sich dabei lediglich um eine Verlagerung des Problems handelt. Es wurde zudem gefordert, dass Vergrämungen konsequent auch bei Schäden an Nutztieren durchgeführt werden.
Der Abschuss eines Bären, der einen Menschen ernsthaft verletzt oder gar getötet hat, ist unbestritten (einzig der Fall einer führenden Bärin sei speziell zu beurteilen, da diese lediglich ihre Jungen verteidigt hätte). Betreffs der Kommunikation wurde gefordert (z.B. vom Kanton GR und den Umweltorganisationen), dass jeder Abschussentscheid im Sinne der Transparenz sofort veröffentlicht werden muss, oder zumindest den beschwerdeberechtigten Organisationen eröffnet werden solle. Der WWF will, dass hier auch die AG Grossraubtiere ein Mitspracherecht hat. Das BLW, einige Kantone (VS, BE) sowie landwirtschaftliche Kreise fordern, dass nicht nur für den Menschen gefährliche Bären, sondern auch reine Schadbären, die trotz Schutzmassnahmen und Vergrämungsaktionen wiederholt Nutztiere reissen, abgeschossen werden. Entsprechende Schaden-Limiten analog dem Konzept Luchs und Wolf seien zu definieren. Die Naturschutzorganisationen hingegen begrüssen, dass Bären, die Nutztiere reissen, sich aber ansonsten nicht aggressiv verhalten, nicht geschossen werden.
Die Sperrung von Wanderwegen sei kaum ein probates Mittel, um Konfrontationen mit Bären zu verhindern; eher müssten ganze Gebiete gesperrt werden. Diese Massnahme müssten aber die Behörden und nicht lokale Tourismusverantwortliche veranlassen (u.a. Meinung des Schweiz. Tourismusverbandes). Einige Vernehmlassungsteilnehmer empfinden Sperrungen als Einschränkung der Bedürfnisse der Menschen, andere begrüssen sie wiederum als wirksame Massnahmen. Einige
fordern, dass Exkursionen möglich bleiben sollen, weil gerade dadurch
das Risiko verkleinert werde (Gruppe von Menschen unter fachkundiger Führung
mit richtigem Verhalten).
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